Handy am Steuer

  • 10. Mai 2017
  • Thomas Klein

Als Verteidiger in Bußgeldsachen sind wir häufig mit dem Verstoß "Handy am Steuer" konfrontiert. Was gilt hier eigentlich?

Handy am Steuer

1. Was sagt das Gesetz?

Auf deutschen Straßen gehört die Ordnungswidrigkeit „Handy am Steuer“ zu den häufigsten überhaupt, obwohl durch die Unaufmerksamkeit schnell ein Unfall passieren kann. Laut der Straßenverkehrsordnung ist die Nutzung des Handys im Auto verboten.

So heißt es im § 23 Abs. 1 a der StVO:

(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist.

2. Was droht bei einem Verstoß?


Wer sich dem wiedersetzt, zahlt ein Bußgeld von 60 Euro und bekommt einen Punkt in Flensburg.

3. Darf ich mit dem Handy denn anderes am Steuer machen?

Ebenso ist Folgendes während der Fahrt nicht erlaubt:

-SMS zu schreiben
-Anrufe wegdrücken
-das Handy als Navi nutzen
-auf dem Handy die Uhrzeit checken

 Das Handy darf demnach nur über eine Freisprechanlage oder die Sprachfunktion genutzt werden. Ist beides nicht vorhanden, muss auf einem Parkplatz angehalten und der Motor ausgeschaltet werden. Der Standstreifen darf für solche Unternehmungen nicht genutzt werden.

4. Was gilt hier in der Probezeit?

Wer in der Probezeit mit dem Handy am Steuer erwischt wird, begeht einen sog.B-Verstoß. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung ist zwar immer ein A-Verstoß, hat allerdings erst eine Relevanz bezüglich der Probezeit, wenn der Fahranfänger 21 km/h zu schnell geblitzt wird.

Doch wie steht es um die Probezeit, wenn beide Ordnungswidrigkeiten zusammen kommen und der Fahranfänger geblitzt wird – mit dem Handy am Ohr? Hierbei kommt es darauf an, wie schnell der Fahranfänger unterwegs war. Fährt dieser bis zu 20 km/h zu schnell, handelt er sich lediglich den B-Verstoß durch das Handyverbot ein, welcher keine Konsequenzen für die Probezeit hat.

5. Bekomme ich dann ggf. ein Fahrverbot?

Hierbei kommt es auf die Geschwindigkeitsüberschreitung an.
Ist der Autofahrer allerdings 21 km/h oder mehr zu schnell gewesen, liegt ein A-Verstoß mit probezeitrelevanten Konsequenzen vor. In diesem Fall führt der A-Verstoß zur Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre und einer Anordnung zum Aufbauseminar.

Kommen in der verlängerten Probezeit drei weitere B-Verstöße oder zwei A-Verstöße hinzu, wird der Führerschein dauerhaft entzogen.

6. Gilt dies auch für Radfahrer?

 Für Radfahrer fällt die Strafe geringer aus, denn diese zahlen 25 Euro.

7. Gilt das Verbot auch an roten Ampeln?

Ja, es sei denn dass der der Motor ausgeschaltet ist.

Das Handy darf also an roter Ampel genutzt werden, sofern der Motor ausgeschaltet ist. Besitzt das Auto die Start-and-Stop-Funktion, haben es die Fahrer besonders komfortabel, denn der Motor schaltet sich dann an der roten Ampel von alleine aus. 

Fahrer, die das Handy an der Ampel nutzen wollen und diese neue Technik nicht besitzen, müssen den Zündschlüssel manuell bedienen. Lassen Sie den Motor an, darf das Handy trotz „rote Ampel“ nicht aufgenommen werden.

In dieser Zeit dürfen Autofahrer also kurz telefonieren, eine SMS schreiben oder die Uhrzeit checken – ein Bußgeld droht dann nicht. In der Realität kann es allerdings zu Problemen kommen, denn sobald der Motor wieder an ist bzw. der Autofahrer losfährt, muss das Handy bereits aus der Hand gelegt sein, ansonsten droht eine Verfolgung wegen eines Handy-Verstoßes.

8. Gilt dies auch für andere Geräte als Handys?

Der Gesetzgeber plant zur Zeit hier eine Neuregelung, die eine Ausdehnung auch auf andere Geräte als Handys vorsieht.

Aktuell hat sich ein Gericht zur Nutzung eines I Pads am Steuer geäußert.

Das Gericht sagt:

Der Vorwurf des Benutzens eines Mobil- oder Autotelefons konnte nicht geführt werden. Die Vorschrift des § 23 Abs. 1 a StVO verbietet das Nutzen von Mobil- oder Autotelefonen während der Fahrt. Das maßgebliche Merkmal für ein Mobiltelefon ist die Möglichkeit für den Benutzer durch Übermittlung von Tönen mit einer anderen Person in Echtzeit sprachlich zu kommunizieren. Elektronische Geräte wie Diktiergeräte, „Pager“ oder Navigationsgeräte, die diese Funktion nicht aufweisen, unterfallen dem Paragraphen nicht. Aufgrund der stetigen Entwicklung der Mobiltelefone mit weiteren Funktionen wie Internet, Organizer, Radio, Mp3-Player kann schon für diese nicht allgemein beurteilt werden, welche Funktion dem Gerät das Gepräge gibt. Wortlaut und Wortsinn sowie Normzweck lassen eine Interpretation dahingehend zu, dass das jeweilige Gerät die Möglichkeit sprachlicher Kommunikation zumindest auch gewährleistet. Funkgeräte, welche kein Mobilfunknetz benötigen, werden von der Vorschrift nicht umfasst (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, 42. Auflage, § 23 StVO, Rn. 31).

Eine Kommunikation ist bei einem „iPod-Touch“ nur während bestehender drahtloser lokaler Netzwerk-Verbindung (WLAN) über den markeninternen Videotelefondienst „FaceTime“ möglich sowie über „Skype“, sofern dieser Dienst heruntergeladen wurde. Somit wird der „iPod-Touch“ bereits nach den obigen Ausführungen mangels der Fähigkeit ein Mobilfunknetz zu nutzen von der Vorschrift nicht umfasst. Das Gerät gewährleistet jedoch zumindest auch die Möglichkeit sprachlicher Kommunikation. Dies wurde durch den Hersteller „Apple“ bei der Vorstellung des Gerätes dahingehend präsentiert, dass in Zukunft Verbraucherinnen und Verbraucher ausschließlich über Video und WLAN kommunizieren würden. Im Vordergrund steht jedoch auch noch heute bei der Gerätereihe „iPod“ das Musikhören und nicht die Kommunikation. Vor allem in der Bundesrepublik Deutschland, in der das WLAN noch nicht so ausgebaut ist wie in anderen Ländern, überwiegt eindeutig die Funktion des Musikhörens. Auch wenn sich der Betroffene, was ihm nicht nachzuweisen ist, über sein Mobiltelefon ein WLAN generiert könnte, wird hierbei die Verbindung so schwach sein, dass ein Gespräch über „FaceTime“, welches eine starke und stabile Verbindung benötigt, nicht zustande kommt. Sollte ein öffentliches WLAN zur Verfügung stehen oder sich die Person in einem Fahrzeug befinden, in welchem stabiles WLAN zur Verfügung steht, kann die Frage anders bewertet werden. Eine Kommunikation mit dem „iPod-Touch“ ist in einem gewöhnlichen Fahrzeug auf einer Kreisstraße in Z.a.H. praktisch nicht möglich, so dass der „iPod-Touch“ auch hier nicht als Mobiltelefon eingeordnet werden kann.

Die gesetzliche Vorschrift eröffnet für „iPhone“-Nutzer die Möglichkeit des Missbrauches, in dem bei einem entdeckten Verstoß die Benutzung eines „iPod-Touch“ vorgeschoben werden kann. Der eigentliche Sinn und Zweck der Vorschrift, die Ablenkungen im Fahrzeug durch elektronische Geräte zu unterbinden, wird in der aktuell gefassten Form und Auslegung verfehlt. In anderen Ländern wie z.B. den USA wird die Benutzung von „hand held devices“, also Geräten, die in die Hand genommen für Ablenkung sorgen, bestraft. So lange der Gesetzgeber jedoch an dem Merkmal Mobiltelefon festhält, sieht sich das Gericht außerstand nach dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten anders zu urteilen. Ein „ipod-Touch“ ist ebenso ablenkend wie ein Diktiergerät, ein „Pager“ oder ein Navigationsgerät, ein „iPad“ oder gar ein „eBook“-Reader. Im Gegensatz zum „iPod-Touch“ besteht bei einem „iPad“ die Möglichkeit eine SIM-Karte einzulegen, wodurch das „iPad“ sich in das Mobilfunknetz einwählen kann.

9. Lohnt sich ein Einspruch?

Nach unserer Erfahrung lohnt sich ein Einspruch immer. Angesichts des Umstandes, dass ein Punkt verhangen wird, sollte man Bußgeldbescheide entsprechend angreifen, und zwar innerhalb der 2 Wochen Frist.

10. Wie teuer kann das Verfahren werden?

Sollten Sie rechtsschutzversichert sein, so übernimmt Ihre Versicherung in aller Regel die gesamten Kosten des Verfahrens. Anderenfalls wird vorher eine für Sie aktzeptable wirtschaftliche Lösung erarbeitet.