Elternunterhalt und das Eigenheim

  • 29. Mai 2017
  • Thomas Klein

Die Fälle des Elternunterhaltes mehren sich in unserer Praxis ständig. Hockaktuell ist dabei die Thematik, was mit dem Eigenheim geschieht, wenn Elternunterhalt gezahlt werden soll. Hier ein Überblick....

Elternunterhalt und das Eigenheim

Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht das Thema Elternunterhalt zum Streitpunkt wird.

Viele Mandanten stehen dann vor der Frage, ob ggf. ihr selbstgenutztes Eigenheim verkauft werden muss, um den Unterhalt für die im Pflegeheim befindlichen Eltern zu zahlen

Was gilt hier?


Für die selbstgenutzte Immobilie in angemessener Größe hat der BGH mehrfach und zuletzt im Januar 2017 entschieden, dass sie weder durch Vermietung oder durch Veräußerung verwertet werden muss, noch als dingliche Sicherheit für aufzunehmende Kredite belastet werden braucht. Einkommenserhöhend wird nur der sog. Wohnvorteil berücksichtigt, soweit er die Aufwendungen für das Wohnen in Gestalt von Betriebs- und sonstigen Nebenkosten, Annuitäten für abzuzahlende Hauskredite u. a. übersteigt.

Der Wohnvorteil, der das Einkommen erhöht, errechnet sich nach der qm Größe der Hauswohnfläche und dem ortsüblichen Mietzins.


Übersteigt der Tilgungsanteil den Wohnvorteil, ist er immer noch zugunsten der Kinder aus dem berücksichtigungsfähigen Vermögen auszusondern, obgleich er durch sukzessive Entschuldung des Immobilienvermögens deren Vermögen mehrt.

Denn neben der nicht zu berücksichtigenden eigenen selbst genutzten Immobilie angemessener Größe als Vermögenswert wird es den eventuell unterhaltspflichtigen Kindern zugestanden, neben der primären Altersvorsorge auch sekundäre Altersvorsorge zu betreiben.

Die Kinder dürfen ein Altersvorsorgevermögen bilden, in das die den Wohnwert der selbstgenutzten Immobilie übersteigenden Tilgungsanteile eingegliedert werden können. Insgesamt ist eine Altersvorsorgequote von fünf Prozent des Bruttoeinkommens des elternunterhaltspflichtigen Kindes aus dem Vermögen auszusondern, dass zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit grundlegend ist.


Schließlich ist für unvorhergesehene Wechselfälle des Lebens ein sog. Notgroschen zuzugestehen, der ebenfalls bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit als Voraussetzung einer Unterhaltspflicht gegenüber den notleidend werdenden Eltern außer Ansatz bleibt.

Insgesamt ist dem Kind zumindest während seines eigenen Erwerbslebens so viel Vermögen zu belassen, dass der eigene angemessene Unterhalt und derjenige der eigenen Ehepartner und Kinder oder sonstigen Unterhaltsberechtigten ohne Gefährdung gesichert bleibt. Anders ausgedrückt: Die Sicherung des eigenen angemessenen Unterhalts mit den Mitteln, die grundsätzlich zur angemessenen Deckung des eigenen Lebensbedarfs benötigt werden, geht vor.

 
Doch wann ist eine selbstgenutzte Immobilie eine solche angemessenen Zuschnitts, sodass sie aus dem unterhaltsrelevanten Vermögen wegfällt?

 Die Angemessenheit der Größe des Familienheims orientiert sich weiterhin an den Vorgaben des 2. Wohnungsbaugesetzes.

Hiernach gilt:

Die Grenze liegt danach bei 130 m² Wohnfläche im Fall eines Einfamilienhauses und bei 120 m² Wohnfläche bei einer Eigentumswohnung, jeweils für eine vierköpfige Familie. Ist die Haushaltsgemeinschaft kleiner, werden 20 m² pro fehlender Person bei der Bewertung als angemessen abgezogen.
 

Bisweilen wird eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel in Ausnahmefällen als möglich zugestanden, bevor es zu einer Verwertung der Immobilie kommen muss (BSG NJW 16, 429).
 

Im Ergebnis „zieht“ dagegen auch nicht die Strategie, ein etwa unangemessen großes Eigenheim zu verkaufen, um dann von dem Erlös ein kleineres und als angemessen zu beurteilendes Domizil zu erwerben.

Gerechtfertigt und motiviert werden könnte ein solcher Schritt dadurch, dass man zum Beispiel in die Nähe des aufnehmenden Pflegeheims umziehen möchte, um die Eltern als Insassen des Heims schneller und logistisch vereinfachend erreichen zu können. Gleichwohl bewertet die Rechtsprechung solche Überlegungen als unzulässige Gestaltung . Danach ist der Verwertungserlös stets sozialhilferechtlich relevant, ohne dass er mit Erfolg in ein als Surrogat neu angeschafftes kleineres Eigenheim fließen könnte.

Aber was ist, wenn die Eltern sterben?


Sozialhilferechtlich haften die Kinder  mit einem angemessen großen selbstgenutzten Eigenheim nicht.

Sterben nun die Heimbewohner, stellt sich die Frage, ob die Kinder dann als Erben auch mit diesem Vermögenswert für Verbindlichkeiten einstehen müssen, die durch Heimkosten und Kosten für den täglichen Bedarf der verstorbenen Eltern entstanden sind.

 Ansatzpunkt für den Sozialhilfeträger bietet die Erbenhaftung in § 102 SGB XII. Zumindest, wenn die verstorbenen Eltern oder ein verstorbener Elternteil zuvor Eigentümer oder Miteigentümer des von den Kindern selbstbewohnten Eigenheims in angemessener Größe waren, verfängt dieser Ansatz. Denn ein sozialhilferechtlich auszusonderndes Schonvermögen am Familienheim kann nur zu Lebzeiten des Pflegebedürftigen bestehen. Stirbt er, haften die Kinder als Erben auch mit dem Miteigentumsanteil oder dem gesamten Hausvermögen . Schonvermögen kann das Haus in diesem Fall nur weiterhin bleiben, wenn auch der überlebende Ehegatte des verstorbenen (Mit-)Eigentümers Sozialhilfe bezieht.

 

Was ist mit dem Eigenheim der pflegebedürftigen Eltern?


Bevor Kinder zum Elternunterhalt herangezogen werden können, müssen die pflegebedürftig werdenden Eltern zunächst eigenes Einkommen und eigenes Vermögen verbrauchen . Dazu zählt auch das Immobilienvermögen, das in diesem Fall kein Schonvermögen ist.

 

Dabei bleibt ohne Belang, ob das vor dem Umzug ins Pflegeheim bewohnte Haus sozialhilferechtlich betrachtet von angemessener Größe ist oder darüber hinaus reicht. Es ist immer für eigene Unterhaltszwecke einzusetzen. Entweder ist zu vermieten oder zu verkaufen. Erscheint dies ausnahmsweise unzumutbar oder sonst nicht geboten, wird Sozialhilfe darlehensweise gewährt und die Immobilie zur Absicherung dinglich belastet (§ 91 S. 2 SGB XII).

 

Aber gilt dies auch dann, wenn nur ein Elternteil ins Heim muss und der andere im Haus bleibt ?

In diesem Fall liegt die Annahme nahe, dass die bisherige Ehewohnung dann für den verbleibenden Ehegatten aus sozialhilferechtlicher Sicht zu großräumig wird. Eine Verwertung könnte deshalb schon aus diesem Anlass geboten sein. Aber auch dann, wenn die Dimension trotzdem noch als angemessen angesehen werden kann, verbleibt es bei dem Gebot vorrangiger Verwertung des Familienheims auf Elternseite. Denn der Verlust des zu verwertenden Hauses soll für den verbleibenden Ehegatten keine Härte im Sinne der sozialhilferechtlichen Vorschriften bedeuten. Denn geschützt werden soll nur der hilfebedürftige voll stationär untergebrachte Ehegatte, nicht aber das Wohnbedürfnis oder die soziale Verwurzelung eines noch „fitten“ und eigenständig wohnenden Ehepartners auf Elternseite.

 

Kann man den Verlust des Eigenheimes vermeiden, wenn die Eltern zu Lebezeiten das Haus auf Kinder übertragen?


Haben die Eltern den Kindern das bewohnte Familienheim im Wege vorweggenommener Erbfolge geschenkt, müssen sie nun ins Heim und können die Kosten nicht mehr decken, verarmen sie. Dann haben sie einen Rückforderungsanspruch gegen die Kinder wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 Abs. 1 BGB), wenn die Schenkung noch nicht zehn Jahre zurückliegt (§ 529 Abs. 1 BGB).

Auch diesen Anspruch kann der Sozialhilfeträger auf sich überleiten und gegen die Kinder geltend machen (§ 529 Abs. 1 BGB, § 93 SGB XII), ohne dass es auf die Angemessenheit des oder auf die Eigenschaft als selbstbewohntes Eigenheim noch ankommt.

Allerdings können die Kinder selbst einwenden, dass sie zur Aufrechterhaltung ihres weiteren eigenen Unterhalts inklusive des Bedürfnisses weiterhin in der Immobilie wohnen müssen. Vor allem können sie einen eigenen Notbedarf geltend machen (§ 529 Abs.2 BGB)

Vor allem können die Kinder einwenden, dass die Schenkung länger als zehn Jahre zurückliegt mit der Konsequenz, dass dann ihre Rückforderung ausscheidet (§ 529 Abs. 1 BGB). Scheidet aber ihre Rückforderung aus, dann kann ein entsprechender Anspruch auch mangels Existenz nicht mehr auf den Sozialhilfeträger übergehen.

 

 

Was ist mit vermieteten Immobilien?


Dienen die Einkünfte aus der fremd genutzten Immobilie nicht zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts des Unterhaltspflichtigen oder vorrangiger Unterhaltsberechtigter, muss sie gegebenenfalls verwertet werden.

Wird die Immobilie dagegen zur Sicherung seiner eigenen Altersversorgung benötigt, stellt auch die fremd genutzte Immobilie Altersvorsorge- und damit Schonvermögen dar. Für die Einordnung der Immobilien als Altersvorsorgevermögen muss deshalb entscheidend sein, ob die erzielten Mieten Unterhaltscharakter bzw. Rentenersatzfunktion haben.