Elternunterhalt und der Ehegatte

  • 08. Juni 2017
  • Thomas Klein

Eine in der Praxis häufige Konstellation. Nur ein Elternteil muss ins Pflegeheim, das andere Elternteil bleibt zuhause. Muss dann von den Kindern dennoch Elternunterhalt gezahlt werden? Ein Überblick...

Elternunterhalt und der Ehegatte

 Grundsätzlich gilt:

Ein unterhaltsbedürftiger Elternteil muss immer erst seinen Ehegatten auf Unterhalt in Anspruch nehmen, bevor er sich an seine Kinder wendet.

Der Anspruch auf Elternunterhalt gegen das Kind besteht zwar dem Grunde nach weiter, er tritt jedoch gemäß § 1608 S. 1 BGB im Rang hinter der Unterhaltspflicht des Ehegatten zurück. Das gilt nach § 1608 S. 4 BGB in gleicher Weise für eingetragene Lebenspartner.

Nach § 1608 S. 3 BGB muss für eine vorrangige Haftung der Ehegatten (oder Lebenspartnern) auch Leistungsfähig sein. Indem er dem anderen Unterhalt gewährt, darf sein eigener angemessener Unterhalt nicht gefährdet werden. Oft versuchen daher Sozialhilfeträger trotz der vorrangigen Ehegattenhaftung, (auch) bei den Kindern eines pflege- und unterhaltsbedürftigen Elternteils für die ungedeckten Heimkosten Rückgriff zu nehmen. Die unterhaltspflichtigen Kinder berufen sich dann im Gegenzug häufig auf den Familienunterhaltsanspruch des bedürftigen verheirateten Elternteils. Sie verlangen den Ehegatten vorrangig bis zur Halbteilungsgrenze heranzuziehen.

Ist diese Auffassung richtig?

Nach §§ 1360, 1360a BGB sind Eltern, die miteinander verheiratet sind, einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die Familie angemessen zu unterhalten. Es handelt sich um wechselseitige Ansprüche. Im Unterschied zu sonstigen Unterhaltsansprüchen ist jeder Ehegatte gegenüber dem anderen zugleich Unterhaltsberechtigter und Unterhaltsverpflichteter. Dem Grundgedanken des § 1360 BGB und der ehelichen Gemeinschaft entspricht es, dass die Last des Familienunterhalts von beiden Ehegatten gemeinsam getragen wird. Jeder von ihnen leistet seinen Beitrag und übt die Funktion aus, die der individuellen Ehegestaltung entspricht.

Seinem Umfang nach umfasst der Anspruch auf Familienunterhalt gemäß § 1360a BGB alles, was für die Haushaltsführung und die Deckung des persönlichen Bedarfs der Ehegatten erforderlich ist. Der Familienunterhalt ist dabei nach den konkreten ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessen und nicht abstrakt nach bestimmten Mindestbedarfssätzen.

 

Der Familienunterhalt deckt den gesamten Lebensbedarf der Familie ab (z. B. Kosten für Wohnen, Essen, Urlaub, Kultur). Er besteht - abgesehen vom Taschengeldanspruch - nicht als Anspruch auf einen frei verfügbaren laufenden Geldbetrag für den jeweils anderen Ehegatten. Vielmehr muss jeder den verabredeten Beitrag für den angemessenen Unterhalt der Familie leisten. Familienunterhalt wird also grundsätzlich „in Natur“ erbracht.

 

Außerdem gilt uneingeschränkt der Halbteilungsgrundsatz. Er dient dazu, das für den gemeinsamen Lebensunterhalt verfügbare Familieneinkommen - bei einer im Wesentlichen gleichartigen Bedarfslage - gerecht unter den beiden Eheleuten aufzuteilen.

Ferner gibt es für keinen der Ehegatten einen Selbstbehalt, der ihm - wie etwa beim Trennungsunterhalt und beim nachehelichen Unterhalt - für den eigenen Lebensunterhalt verbleiben muss. Mit anderen Worten: Eltern, die in häuslicher Gemeinschaft zusammenleben, wirtschaften aus einem Topf, und das vorhandene Familieneinkommen steht beiden jeweils zur Hälfte zu.

Solange die Eltern ihren angemessenen Lebensbedarf aus ihren Gesamteinkünften oder aus Vermögen decken können, können ihre Kinder nicht zur Zahlung von Elternunterhalt herangezogen werden. Reicht das Familieneinkommen der Eltern zu ihrer angemessenen Lebensführung dagegen nicht aus, müssen sie zunächst ergänzende Sozialleistungen in Anspruch nehmen.

Das auf Elternunterhalt in Anspruch genommene Kind kann also den Sozialhilfeträger zunächst vorrangig auf das andere Elternteil verweisen.

Denn:

Der in der Ehewohnung verbliebene Elternteil schuldet dem im Pflegeheim untergebrachten Ehegatten weiterhin Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB. Deshalb ist an sich auch der Halbteilungsgrundsatz anzuwenden und die vorhandenen Geldmittel wären für den Lebensunterhalt beider Elternteile hälftig zwischen ihnen aufzuteilen.

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