Der Abgasskandal - Verjährung droht !

  • 26. Juli 2017
  • Thomas Klein

Der Abgasskandal....eine Problematik, die nicht nur VW betrifft. Nahezu alle Hersteller haben illegale Abgasseinrichtungen eingebaut.

Inzwischen reagiert das Kraftfahrtbundesamt und legt auch in Deutschland PKW still. Verfahren vor Verwaltungsgerichten gegen die Stilllegung laufen zur Zeit.

Eine aktuelle Entscheidung des Landgerichtes Krefeld für Sie zum Überblick aufbereitet....

Der Abgasskandal...Verjährung droht !

Das Landgericht Krefeld hat sich aktuell am 19.7.2017 geäußert.

 

Worum ging es?

 

Der Kläger begehrt nach Anfechtung und Rücktritt von einem Kaufvertrag mit der Beklagten zu 1) über einen von der A. AG hergestellten A. Q5 TDI, dessen Motor von der Beklagten zu 2) im Rahmen des Herstellungsprozesses so programmiert wurde, dass er gegen gesetzliche Vorgaben verstößt, die Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises von 53.695,01 € von der Beklagten zu 1) sowie die Feststellung, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, Schadensersatz für Schäden zu bezahlen, die aus der Manipulation des Fahrzeugs resultieren.

Die Beklagte zu 1) ist Vertragshändlerin der Beklagten zu 2) sowie der A. AG, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Beklagten zu 2). Sie ist nicht in die Konzernstruktur des Herstellers eingebunden. Im Rahmen des VW-Vertriebssystems handelt die Beklagte im eigenen Namen und für eigene Rechnung.

Der Kläger bestellte am 30.04.2012 den streitgegenständlichen PKW zu einem Kaufpreis i.H.v. 53.695,01 € bei der Beklagten zu 1). Das Fahrzeug wurde am 02.01.2013 übergeben. In dem Wagen ist ein 2,0-Liter-Dieselmotor vom Typ EA 189 eingebaut, dessen Motorsoftware zur Optimierung der Stickstoff-Emissionswerte im behördlichen Prüfverfahren beigetragen hat. Die Software erkennt, ob sich das Kfz auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte oder im üblichen Straßenverkehr befindet. Auf dem Rollenprüfstand spielt die eingebaute Software beim Stickstoff-Ausstoß ein anderes Motorprogramm ab als im Normalbetrieb. Hierdurch werden auf dem Prüfstand geringere Stickoxidwerte (NOx) erzielt. Nur so wurden die nach der Euro-5-Abgasnorm vorgegebenen NOx-Grenzwerte eingehalten. Der Hersteller A. bewirbt den Fahrzeugtyp im Rahmen der Auflistung der technischen Daten mit der Euro-5-Abgasnorm.

Die Beklagte zu 2) kündigte an, die Software unter Aufsicht des Kraftfahrtbundesamtes durch eine Rückrufaktion zu entfernen. Zudem beauftragte sie die Kanzlei XY, den internen Aufklärungsprozess bei der Beklagten zu 2) zu begleiten.

Der Kläger behauptet, dass sich eine Nachbesserung, wie sie von der Beklagten zu 1) in Aussicht gestellt wurde, nur durch eine Veränderung der Motorkonfiguration erreichen lasse, die ihrerseits Veränderungen bei der Leistung, dem Kraftstoffverbrauch und der Laufleistung nach sich zögen, so dass die Nachbesserung zu einem neuerlichen Mangel führe. Er hätte das Fahrzeug nicht gekauft, wenn er von der Manipulation vorher gewusst hätte.

Die Beklagte zu 2) habe ihn im Rahmen einer massenhaften Verbrauchertäuschung betrogen und in sittenwidriger Weise geschädigt. Dies ergebe sich aus den öffentlich zugänglichen Ausführungen der Organe der Beklagten zu 2) in Presse, Funk und Fernsehen. Das Fahrzeug entspreche nicht den geltenden Vorschriften hinsichtlich der Euro-5 Abgasnorm und sei daher weder zulassungsfähig im Sinne der Fahrzeugzulassungsverordnung noch verfüge es über eine wirksame allgemeine Betriebserlaubnis nach der Straßenverkehrszulassungsordnung. Das Fahrzeug sei nicht ohne Kenntnis des Vorstands der Beklagten zu 2) mit der Software versehen worden. Die Beklagte zu 2) und der Hersteller des Fahrzeugs, die A. AG, hätten sich gemeinsam abgestimmt an dem Emissionsbetrug beteiligt. Alle Marken hätten, dies ist unbestritten, gemeinsame technische Forschungs-, Entwicklungs- und Motorenkonzepte und Designs, einschließlich der hier relevanten Integration der von A. konzipierten Software- und Hardwareelemente durch die Beklagte zu 2) in die ersten beiden Generationen seines EA 189 Dieselmotors für die betroffenen Fahrzeuge.

Im Jahr 2004 habe die R. B. GmbH im Auftrag der A. AG erstmals eine Motorsteuerungssoftware als Abschalteinrichtung für Dieselmotoren entwickelt. Diese Software sei später in der Abteilung Antriebstechnik, Motoren und Übertragung unter der Leitung von Wolfgang Hatz in der A. AG weiterentwickelt worden. Die Kenntnis des Vorstands der Beklagten zu 2) ergebe sich daraus, dass, was zwischen den Parteien unstreitig ist, der Vorstandsvorsitzende der A. AG von 2002 bis 2007, M. W., im Jahr 2007 zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) wurde. Mit ihm wechselte, auch dies ist unstreitig, Herr Hatz als Leiter der Abteilung Antriebstechnik zur Beklagten zu 2). Der leitende Chefentwickler, Ulrich Hackenberg, war, auch dies ist unstreitig, von 2002 bis 2007 in der A. AG und wechselte dann zur Beklagten zu 2), bevor er von 2013 bis 2015 wieder zur A. AG zurückkehrte.

Was will der Kläger?

Er hat beantragt:

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn 53.695,01 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2016 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeuges A. Q5, FIN: … und Zug-um-Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten zu 1) noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des PKW;


2.festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, ihm Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des im Klageantrag zu 1) genannten Fahrzeugs resultieren;

Was sagen die Beklagten?

 

Die Beklagte zu 1) behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug sei technisch sicher, in seiner Fahrbereitschaft nicht eingeschränkt und verfüge über alle notwendigen Genehmigungen. Sie ist der Ansicht, das Fahrzeug sei nicht mangelhaft. Die für das Fahrzeug erteilte EG-Typengenehmigung sei trotz der Ausstattung mit einer Software, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusst, unverändert wirksam und sei vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nicht aufgehoben worden. Das Fahrzeug sei nach wie vor als EU 5 klassifiziert. Eine gesetzliche Vorgabe, dass die Emissionsgrenzwerte im normalen Straßenbetrieb und nicht bei einem hierauf gerichteten Test einzuhalten seien, gebe es nicht. Für die Erlangung der EG-Typengenehmigung sei allein erheblich, ob die Emissionsgrenzwerte im synthetischen Fahrzyklus unter Laborbedingungen eingehalten werden. Aus denselben Erwägungen liege auch keine Täuschungshandlung vor. Selbst wenn aber ein Mangel vorliege, sei dieser unerheblich, da der Mangelbeseitigungsaufwand unter Einbeziehung der Entwicklungskosten mit weniger als 100,00 € zu kalkulieren sei und damit bei weniger als 1% des Kaufpreises liege. Das Software-Update führe auch nicht zu Nachteilen oder negativen Folgen für Verbrauch, Leistung, Abgaswerte oder Haltbarkeit. Selbst wenn insoweit eine Täuschungshandlung zu bejahen sei, so sei diese der Beklagten zu 1) jedenfalls nicht zurechenbar.

 

Das sagt das Gericht:

Die mit dem Antrag zu 2) erhobene Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist als Feststellungsklage gemäß § ZPO § 256 Abs. ZPO § 256 Absatz 1 ZPO zulässig. Besteht der Schaden im Rahmen eines Anspruchs aus §§ BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2, BGB § 826 BGB in der Herbeiführung eines Vertrages, den der Geschädigte ohne die schädigende Handlung nicht geschlossen hätte, so kann dieser den Ersatz des negativen Interesses verlangen. Er ist jedoch nicht gezwungen, dies stets im Wege der Rückabwicklung durchzusetzen. Es steht ihm frei, den Vertrag bestehen zu lassen und den Ersatz der durch die unerlaubte Handlung entstandenen Nachteile zu verlangen (Grüneberg in Palandt, 75. Aufl., Vorb v § 249 Rn. 17). Der Vorrang der Leistungsklage besteht bei dieser Sachlage nicht, weil der Kläger darlegen kann, dass weitere Schäden durch Steuernachteile durch die Verwendung des Fahrzeugs drohen. Ferner ist der Anspruch aus dem Kaufvertrag verjährt, so dass der Kläger weiter ein Interesse an der Rückabwicklung des Fahrzeugkaufs hat. Auch hat die Klägerseite unwidersprochen vorgetragen, dass gegen das Kraftfahrt-Bundesamt eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen rechtshängig ist, mit dem die Kläger die Absicht verfolgen, die Betriebsstilllegung sämtlicher vom Abgasskandal betroffener Fahrzeuge zu erreichen. Hieraus kann sich eine Inanspruchnahme als Handlungsstörer ergeben, aus der dem Kläger weitere materielle Schäden drohen. Nach der Rechtsauffassung der Kammer ist es zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr ausgeschlossen, dass das Kraftfahrtbundesamt bei den Genehmigungen gegen EU-Recht verstoßen hat und daher auch insoweit Nutzungsuntersagungen drohen.

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ergibt sich aus § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB i.V.m. §§ STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1, STGB § 263 Absatz 27 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB. Gemäß § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB ist derjenige, der gegen ein Gesetz, das den Schutz eines anderen bezweckt, verstößt, zum Ersatz des aus seiner Handlung resultierenden Schadens verpflichtet.

Die Voraussetzungen einer Schutzgesetzverletzung liegen durch die Beihilfe der Beklagten zu 2) zur Begehung eines Betruges durch die A. AG gemäß §§ STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1, STGB § 263 Absatz 27 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB vor. § STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB ist Schutzgesetz i.S.d. § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB (Sprau in Palandt, 74. Aufl., § 823 Rn. 70 mit Verweis auf die st. BGH-Rechtsprechung).

 Die Beklagte zu 2) hat bei den von ihr hergestellten Motoren durch den Einbau einer Erkennungssoftware bewirkt, dass der Testlauf auf einem Abgasprüfstand erkannt und sodann der Motor in einen Modus geregelt wird, bei dem die gesetzlichen Grenzwerte der EU-Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) für Abgase eingehalten werden, während in jeder anderen Situation ein Vielfaches des gesetzlich zulässigen Abgasgrenzwertes ausgestoßen wird. Dieser Mechanismus zur aktiven Unterdrückung der tatsächlichen Schadstoffemissionen im für die Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs relevanten Prüfmodus ist als sogenannte „Abschalteinrichtung“ rechtswidrig gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der EU-VO.

Nach der Norm ist die Verwendung von Abschalteinrichtungen, die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringern, unzulässig. Der Begriff der Abschalteinrichtung wird von Art. 3 Nr. 10 der EU-Verordnung legaldefiniert als „ein Konstruktionsteil, das die Temperatur, die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Motorendrehzahl (UpM), den eingelegten Getriebegang, den Unterdruck im Einlasskrümmer oder sonstige Parameter ermittelt, um die Funktion eines beliebigen Teils des Emissionskontrollsystems zu aktivieren, zu verändern, zu verzögern oder zu deaktivieren, wodurch die Wirksamkeit des Emissionskontrollsystems unter Bedingungen, die bei normalem Fahrzeugbetrieb vernünftigerweise zu erwarten sind, verringert wird“.

Die Regelung wird getragen von dem im Unionsrecht für die Auslegung maßgeblichen Sinn und Zweck (vgl. Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht, 7. Aufl. 2015, Art. EUV Artikel 19 EUV Rn. 44; Gärditz in Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 3. Aufl. 2014, § 34 Rn. 58), eine bessere Luftqualität durch eine tatsächliche Reduktion der Abgasemissionen von Kraftfahrzeugen zu erreichen (vgl. Erwägungsgründe 6 ff. der EU-VO 715/2007/EG vom 20.06.2007, S. 2). Sie basiert auf der Sorge der Mitgliedstaaten der Europäischen Union über die Luftverschmutzung und den hiervon ausgehenden Gefahren für die Umwelt und die Gesundheit der Bürger (Erwägungsgrund 7 der EU-VO 715/2007/EG) und ist ein Ergebnis des im März 2001 durch die Kommission initiierten Programms „Saubere Luft für Europa“, dessen Grundzüge in der Mitteilung der Kommission vom 04.05.2005 beschrieben sind (Erwägungsgrund 4 der EU-VO 715/2007/EG). Zur Verbesserung der Luftqualität und zur Einhaltung der Luftverschmutzungsgrenzwerte hat es die Kommission insbesondere für erforderlich erachtet, eine erhebliche Minderung der Stickoxidemissionen bei Dieselfahrzeugen zu erreichen (Erwägungsgrund 6 der EU-VO 715/2007/EG). Die im Rahmen des Programms beschlossenen Maßnahmen schlossen die Option, es bei den alten Richtwerten zu belassen oder die Selbstregulierung der Kraftfahrzeughersteller zu stärken, aus. Dass der europäische Gesetzgeber im Rahmen der Festsetzung der Emissionsgrenzwerte nach Euro 5 und Euro 6 davon ausging, dass diese Grenzwerte im normalen Fahrbetrieb und gerade nicht nur auf dem Prüfstand eingehalten werden, ergibt sich ausdrücklich aus den Erwägungsgründen der EU-VO 715/2007/EG, in denen es heißt, dass „weitere Anstrengungen unternommen werden (…), um sicherzustellen, dass sich die Grenzwerte auf das tatsächliche Verhalten der Fahrzeuge bei ihrer Verwendung beziehen“ (Erwägungsgrund 12 der EU-VO 715/2007/EG) und „Überprüfungen erforderlich sein können (!), um zu gewährleisten, dass die bei der Typengenehmigungsprüfung gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen (Erwägungsgrund 15 der EU-VO 715/2007/EG). Diese Erwägung wäre überflüssig, ginge der Gesetzgeber davon aus, dass sein Emissions-Regelwerk lediglich im Prüfstandmodus im Rahmen der Typengenehmigung eingehalten werden muss. Ausnahmen von dem strikten Handlungsverbot in Gestalt des Verbots der Verwendung von Abschalteinrichtungen können sich demnach allein aus der Norm selbst ergeben.

Ein Ausnahmetatbestand i.S.d. Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG, der die Rechtswidrigkeit entfallen ließe, ist vorliegend nicht einschlägig. Zwar entfällt die Rechtswidrigkeit der Verwendung von Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) der EU-VO 715/2007/EG, wenn die Einrichtung notwendig ist, um den Motor vor Beschädigungen oder Unfall zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten; diese Voraussetzungen liegen aber nicht vor. Die Ausnahmen bzw. Privilegierungen sind entsprechend dem Sinn und Zweck der sie enthaltenden Regelwerke grundsätzlich eng auszulegen (s.a. Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages, „Abschalteinrichtungen in Personenkraftwagen - Zur Reichweite des Verbots nach der Verordnung (EG) Nr. 715/2007“ vom 16.03.2016, S. 14, 18). Der Kläger trägt durch die Bezugnahme auf öffentlich zugängliche Gutachten qualifiziert vor, dass die Stickoxidreduktion durch Abgasrückführungssysteme im Rahmen des normalen Motorenbetriebs physikalischen Grenzen unterliegt, weil die Stickoxide (nachfolgend: „NOx“), die im Zylinder gebildet werden, exponentiell mit den Verbrennungstemperaturen zunähmen. Der Zeitpunkt des Beginns der Verbrennung und die Verbrennungsdauer seien aber weitgehend bestimmend für den Leistungsgrad des Motors. Um die NOx-Emissionen zu minimieren, müssten die Spitzentemperaturen so niedrig wie möglich gehalten werden, was der Erreichung maximaler Leistung entsprechend im Weg stehe. Zur Reduzierung von Spitzentemperaturen stünden verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, die jedoch nichts an der geschilderten physikalischen Bedingung änderten, dass die Reduzierung der Temperatur auf Kosten der Leistungsfähigkeit des Motors ginge. Soweit in den Verbrennungsvorgang mit dem Ziel der Reduzierung der Spitzentemperaturen eingegriffen werde, erhöhe sich durch die notwendig verlängerte Verbrennungsdauer die Partikelemission und umgekehrt. Dieses Phänomen werde als “Ruß-NOx-Trade-Off“ bezeichnet. Im Falle der Verringerung der NOx-Werte und einer damit einhergehenden Erhöhung der Partikelemission komme es zu erhöhten Belastungen der Partikelfilter, die sich schneller zusetzten. Diese müssten in der Folge während des Betriebs der Abschalteinrichtung, also im „Prüfmodus“ des Motors, häufiger sauber gebrannt werden als im normalen Fahrzeugmodus. Dieser Vorgang finde sowohl in aktiver als auch in passiver Regeneration statt. Im Falle der aktiven Regeneration werde durch das Einspritzen von zusätzlichem Dieselkraftstoff in die Abgasanlage die Temperatur des Abgases beim Eintreten in den Dieselpartikelfilter erhöht. Hierdurch könnten die Partikel in dem Partikelfilter mit dem zusätzlichen Sauerstoff im Abgas oxidieren und so den Filter reinigen. Hierfür seien Temperaturen von 500 bis 600 Grad erforderlich. Hierdurch steige die Wahrscheinlichkeit einer Beschädigung des Partikelfilters, was zu einem Motorschaden führe, weil es durch die hohe Temperatur auch zu unkontrollierten Regenerationen und Temperaturgradienten kommen könne, die durch lokale „Hot Spots“ innerhalb des Partikelfilters verursacht würden.

 

Wussten dies die Beklagten?

Nach Ansicht des Gerichtes ist dies zu bejahen, denn:

Die Programmierung der Software setzt denknotwendig eine aktive, im Hinblick auf dieses Ergebnis gewollte präzise Programmierung der Motorsteuerungssoftware voraus und schließt die Annahme einer fahrlässigen Herbeiführung dieses Zustands aus (§ ZPO § 291 ZPO). Ist eine solche Einstellung, wie hier bei den Motoren der Serie EA 189, ausnahmslos bei jedem Motor dieser Serie auffindbar, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass eine Entscheidung dafür, die Motoren mit dieser Einstellung planvoll und absichtlich zu produzieren und in den Verkehr zu bringen angesichts der Tragweite und Risiken für die Gesamtgeschicke eines so agierenden Konzerns durch die Geschäftsleitung selbst getroffen wurde und damit der Beklagten zu 2) zurechenbar ist gemäß § BGB § 31 BGB.

Der Kläger hat dargelegt, im Jahr 2004 habe die R. B. GmbH im Auftrag der A. AG erstmals eine Motorsteuerungssoftware als Abschalteinrichtung für Dieselmotoren entwickelt. Diese Software sei später in der Abteilung Antriebstechnik, Motoren und Übertragung unter der Leitung von Wolfgang Hatz bei der A. AG weiterentwickelt worden. Die Kenntnis des Vorstands der Beklagten zu 2) ergebe sich daraus, dass der Vorstandsvorsitzende der A. AG von 2002 bis 2007, M. W., im Jahr 2007 zum Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) wurde. Mit ihm sei Herr Hatz als Leiter der Abteilung Antriebstechnik zur Beklagten zu 2) gewechselt. Der leitende Chefentwickler, Ulrich Hackenberg, sei von 2002 bis 2007 bei der A. AG gewesen und dann zur Beklagten zu 2) gewechselt, bevor er von 2013 bis 2015 wieder zur A. AG zurückgekehrt sei.

Der damalige Vorstandsvorsitzende der Beklagten zu 2), Prof. Dr. M. W., habe hierbei aus Gewinnsucht und in der Absicht, beim Verkauf der Fahrzeuge die Verbraucher zu täuschen, gehandelt. Die Entwicklungsingenieure der A. AG hätten in den Jahren 2005 und 2006 im Rahmen der Optimierung der Stickoxidwerte und den jeweiligen Abgasrückführungswerten festgestellt, dass die Erhöhung der Abgasrückführungswerte zu einem schnellen Zusetzen der Partikelfilter führten. Das wiederholte Freibrennen und die Beschleunigung der Vorgänge im Partikelfilter habe dazu geführt, dass die Partikelfilter bereits um die 50.000 km Laufleistung ihren Dienst einstellten. Mit diesen Testergebnissen im Rücken habe der Vorstandsvorsitzende der A. AG Ende des Jahres 2006 entschieden, dass es unmöglich sei, das Abgasrückführungssystem so zu optimieren, dass Langzeitschäden an Motor und Partikelfilter verhindert werden können. Vor diesem Hintergrund habe man sich in Kenntnis des Vorstands dafür entschieden, die Software einzusetzen, um ausschließlich für den Prüfbetrieb eine Motoreinstellung zu besitzen, die die gesetzlichen Stickoxidwerte einhält. Hiernach habe der Vorstand der Beklagten zu 2) unter Nutzung der Software daran gearbeitet, durch die Bewerbung einer „Clean-Diesel“ Motorisierung unter Heraushebung der besonderen Umweltfreundlichkeit der von ihr hergestellten Diesel-Fahrzeuge zum Weltmarktführer aufzusteigen. Dies ergebe sich aus einer Rede des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten zu 2) am 19.04.2007, Prof. Dr. M. W.. Für die Erreichung des Ziels habe man die Verbraucher ebenso wie die Zulassungsbehörden durch die massenhafte Falschausstellung von Übereinstimmungsbescheinigungen täuschen müssen, was ein organisiertes Zusammenwirken des Gesamtkonzerns voraussetze. Hierbei hätten die Organe der Beklagten zu 2) in Kenntnis der Folgen der Stickoxidbelastung unter Inkaufnahme der Erkrankung sowie des Frühversterbens von atemwegssensiblen Menschen und der rechtswidrigen Umweltverschmutzung gehandelt.

 

Der Vorstand hat das Unternehmen den gesetzlichen Bestimmungen gemäß zu organisieren und zu führen . Im Hinblick auf gesetzliche Pflichten (vgl. etwa §§ AKTG § 76, AKTG § 77, AKTG § 91 Abs. AKTG § 91 Absatz 2 AktG) ist davon auszugehen, dass bei der Beklagten zu 2) organisatorische Maßnahmen ,u.a. etwa durch Einrichtung von Innenrevision und Controlling, in der Weise getroffen wurden, dass Berichtspflichten gegenüber dem Vorstand für alle wesentlichen Entscheidungen eingerichtet sind und deren Einhaltung durch Kontrollmaßnahmen auch gewährleistet ist. Die Verwendung einer verbotenen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der EU-VO 715/2007/EG beim Bau der Motoren darf für den Vorstand eines fachkundigen Motorbauunternehmens und Fahrzeugherstellers keine fernliegende Gefahr darstellen. Der europäische Gesetzgeber hatte diese Möglichkeit eigens zum Anlass genommen, ein entsprechendes Verbot zu statuieren und so auf dieses Problem in besonderer Weise hingewiesen. Wegen der Warnwirkung, die von dieser Vorschrift ausgeht, musste sich den Organen der Beklagten zu 2) die Möglichkeit der Verwendung einer solchen Abschalteinrichtung geradezu aufdrängen. Soweit die Organe der Beklagten zu 2) trotz der schon durch der für die Typengenehmigung maßgeblichen EU-Verordnung 715/2007/EG offenkundigen Möglichkeit, dass eine solche Abschalteinrichtung verwendet wird, nicht eingegriffen und die weitere Produktion der Motoren durch ihre Mitarbeiter ohne jede weitere Prüfung geduldet und gleichsam nicht verhindert haben, gereicht dieses Verhalten zum Vorwurf des vorsätzlichen Unterlassens i.S.d. § STGB § 13 Abs. STGB § 13 Absatz 1 StGB.

Die Beklagte zu 2) musste wissen, dass die A. AG die ihr gelieferten Motoren in ihre Fahrzeuge einbauen und auf den Markt bringen würde. Dass die A. AG diesbezüglich bei der Übereinstimmungsbescheinigung des jeweiligen Fahrzeugs falsche Angaben machen muss, um die Fahrzeuge mit der Software vermarkten zu können, war für sie, die selbst Fahrzeuge produziert, absehbar

Durch ihre Handlung hat die Beklagte zu 2) dem Hersteller des Fahrzeugs, der A. AG, Beihilfe zur Begehung eines Betruges i.S.d. § STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB geleistet. Die Abgabe der Übereinstimmungsbescheinigung durch die A. AG stellt eine aktive Täuschung der Käufer i.S.d. § STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB dar, denn sie enthält die Auskunft des Herstellers, dass das konkrete Fahrzeug den Genehmigungsvoraussetzungen entspricht, obwohl es tatsächlich eine rechtswidrige Motorsteuerung enthält, die nicht genehmigungsfähig ist. Mit der Übereinstimmungsbescheinigung einher geht die Information, dass die aus der Typengenehmigung des Fahrzeugs ersichtliche Einhaltung der NOx-Emissionen der Euro 5 Grenzwerttabelle gerade nicht auf der Nutzung einer illegal verwendeten Abschalteinrichtung basiert, weil das Fahrzeug andernfalls nicht genehmigungsfähig wäre. Damit darf ein verständiger Käufer erwarten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug in allen Betriebszuständen die NOx-Grenzwerte der Euro 5 Norm nicht überschreitet.

§ 27 Abs. 1 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung vom 03.02.2011 (EG-FGV) macht die Veräußerung, das Angebot und die Inverkehrgabe eines neuen Fahrzeugs davon abhängig, dass es mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung gemäß Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG versehen ist. Zur Erteilung der Bescheinigung ist der Hersteller nach § EGFGV § 6 Abs. EGFGV § 6 Absatz 1 EG-FGV verpflichtet. Mit ihr erklärt der Hersteller eines Fahrzeugs als Inhaber der entsprechenden Typengenehmigung, dass es im Zeitpunkt seiner Herstellung allen einschlägigen Rechtsakten entspricht, § EGFGV § 6 Abs. EGFGV § 6 Absatz 1 EG-FGV, § EGFGV § 17 Abs. EGFGV § 17 Absatz 1 EG-FGV (vgl. Kraftfahrt-Bundesamt (Hrsg.), Merkblatt zur Erteilung von Mehrstufen-Typengenehmigungen nach der Richtlinie 2007/46/EG, S. 9). Diese Erklärung des Herstellers dient dazu, eine bestehende Genehmigung zu einem bestimmten Fahrzeug in Beziehung zu setzen. Die Einschaltung des Herstellers in das Zulassungsverfahren bewirkt, dass der Adressat einer Übereinstimmungsbescheinigung oder der vergleichbaren Akte nach den Vorschriften der StVZO einer ungleich größeren Gefahr von Manipulationen ausgesetzt ist. Denn bei der Erteilung einer Übereinstimmungsbescheinigung besteht personelle Identität zwischen der zertifizierenden Stelle und des Urhebers der zu zertifizierenden Leistung, dessen Verhalten gerade die Quelle für die Unrichtigkeit des Zertifikats sein kann (Harke, VuR 2017, VUR Jahr 2017 Seite 83, VUR Jahr 2017 84).

Das Verbot von Inverkehrgabe, Handel und Verkauf eines Fahrzeugs ohne gültige Übereinstimmungsbescheinigung in § EGFGV § 27 Abs. EGFGV § 27 Absatz 1 EG-FGV beruht nicht nur auf einer entsprechenden Regelung in Art. EWG_RL_2007_46 Artikel 26 Abs. EWG_RL_2007_46 Artikel 26 Absatz 1 der zugrunde liegenden Richtlinie 2007/46/EG; die nationale Vorschrift nimmt in ihrem Wortlaut auch direkten Bezug auf die Richtlinie, indem sie zur näheren Bestimmung der Anforderungen an die Übereinstimmungsbescheinigung auf Anhang IX der Richtlinie verweist. Es kann dahinstehen, ob sie durch die Bezugnahme in nationales Recht inkorporiert wurde, denn Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG wurde durch die EU-Verordnung 385/2009/EG zur Ersetzung des Anhangs IX der Richtlinie 2007/46/EG vom 07.05.2009 zu unmittelbar anwendbarem nationalen Recht. Nach Erwägungsgrund 2 der EU-VO 385/2009/EG stellt die Übereinstimmungsbescheinigung eine dem Käufer des Fahrzeugs ausgehändigte offizielle Erklärung dar, dass ein bestimmtes Fahrzeug gemäß den Anforderungen der Gemeinschaftsvorschriften für die Typengenehmigung gebaut worden ist. Hierbei ist nach Erwägungsgrund 3 der der EU-Verordnung 385/2009/EG sicherzustellen, dass die Angaben auf der Übereinstimmungsbescheinigung für die beteiligten Verbraucher und Wirtschaftsteilnehmer verständlich sind. Als oberstes Ziel formuliert die EU-Verordnung 385/2009/EG: „Die Übereinstimmungsbescheinigung stellt eine Erklärung des Fahrzeugherstellers dar, in der er dem Fahrzeugkäufer versichert, dass das von ihm erworbene Fahrzeug zum Zeitpunkt seiner Herstellung mit den in der Europäischen Union geltenden Rechtsvorschriften übereinstimmte. Die Übereinstimmungsbescheinigung soll es außerdem den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ermöglichen, Fahrzeuge zuzulassen, ohne vom Antragsteller zusätzliche technische Unterlagen anfordern zu müssen.“

Das den Hersteller zur Abgabe einer Übereinstimmungsbescheinigung verpflichtende Typengenehmigungsverfahren ist auch durch die Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 6 und Euro 6) geregelt. Die Verordnung setzt, wie bereits dargelegt, die maßgeblichen Grenzwerte für die Fahrzeugemissionen fest und statuiert in Art. 5 Abs. 2 ein Verbot von Abschalteinrichtungen. Wegen der Verknüpfung des Typengenehmigungsverfahrens mit den Vorgaben zur Sicherung eines bestimmten Umweltschutzniveaus kommt der Übereinstimmungsbescheinigung die Funktion zu, die Einhaltung der materiellen Vorgaben für die Typengenehmigung nach außen, gegenüber Kunden und Käufern auszuweisen und so sicherzustellen, dass die für den Typ vorgeschriebenen Grenzwerte und Verbote im Einzelfall eingehalten sind. Diesem Zweck korrespondiert das Verbot von Angebot, Veräußerung oder Inverkehrgabe eines Fahrzeugs ohne gültige Übereinstimmungsbescheinigung aus § EGFGV § 27 Abs. EGFGV § 27 Absatz 1 EG-FGV (vgl. Harke, VuR 2017, VUR Jahr 2017 Seite 83, VUR Jahr 2017 85).

Die. A. AG hat zur Überzeugung der Kammer in Kenntnis der Tatsache, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Typenzulassung der Fahrzeuge derjenigen Baureihe, der das klägerische Fahrzeug angehört, wegen des Verstoßes gegen Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG gemäß Art. 10 Abs. 2 der EU-Verordnung 715/2007/EG nicht vorliegen, vorsätzlich eine falsche Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne des § EGFGV § 6 Abs. EGFGV § 6 Absatz 1 EG-FGV für das Fahrzeug ausgestellt. Die Abgabe der Übereinstimmungserklärung und die damit einhergehende Täuschungshandlung ist nach der Auffassung der Kammer nur vorsätzlich denkbar, weil der A. AG als etablierter Fahrzeugherstellerin die Kenntnis der Typengenehmigungsvoraussetzungen für ihre eigenen Fahrzeuge unterstellt werden kann.

Soweit sich die A. AG darauf beruft, sie habe von der Nutzung der Abschalteinrichtung in den ihr verkauften Motoren nichts gewusst, änderte dies möglicherweise die Begehungsform i.S.d. § STGB § 13 StGB; an ihrem Vorsatz ändert dies jedoch nichts. Angesichts des lange bekannten Zielkonflikts zwischen möglichst geringer Kohlendioxidemission und der Begrenzung der Stickoxidemission sowie den ebenfalls bekannten Schwierigkeiten, den Stickoxidausstoß ohne Verwendung der AdBlue Technologie innerhalb des von der Euro 5 Norm vorgegebenen Rahmens zu halten, ohne Motorschäden, Leistungsminderungen oder einen erhöhten Kohlendioxidausstoß in Kauf zu nehmen, hätte auch für die A. AG ein deutlicher Anlass zu einer genauen Überprüfung der ihr gelieferten Motoren bestanden, als aus Sicht der für die Motorenentwicklung zuständigen Mitarbeiter die Auflösung dieses Zielkonflikts angeblich auf einmal gelungen war. Die Verwendung einer verbotenen Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der EU-VO 715/2007/EG beim Bau der Motoren stellte für einen fachkundigen Abnehmer von Motoren keine fernliegende Gefahr dar. Der europäische Gesetzgeber hatte diese Möglichkeit eigens zum Anlass genommen, ein entsprechendes Verbot zu statuieren und so auf dieses Problem in besonderer Weise hingewiesen. Wegen der Warnwirkung, die von dieser Vorschrift ausgeht, musste sich den Repräsentanten der A. AG die Möglichkeit der Verwendung einer solchen Abschalteinrichtung geradezu aufdrängen. Soweit die Repräsentanten der A. AG trotz der schon durch der für die Typengenehmigung maßgeblichen EU-VO 715/2007 offenkundigen Möglichkeit, dass eine solche Abschalteinrichtung verwendet wird, nicht eingegriffen und die Ausstellung weiterer Übereinstimmungsbescheinigungen durch ihre Mitarbeiter ohne jede weitere Prüfung geduldet und gleichsam nicht verhindert haben, gereicht dieses Verhalten zum Vorwurf eines bedingten Vorsatz.

Dass im vorliegenden Fall zufällig ein Händler, die Beklagte zu 1), zwischen den Kläger und die A. AG getreten ist, die Vermögensverfügung des Klägers mithin nicht unmittelbar an die A. AG erfolgte, spricht weder gegen das Vorliegen eines Betruges i.S.d. § STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB noch gegen die Annahme einer Schutzgesetzverletzung i.S.d. § BGB § 823 Abs. BGB § 823 Absatz 2 BGB. Der Tatbestand des § STGB § 263 Abs. STGB § 263 Absatz 1 StGB ist auch dann erfüllt, wenn der Täuschende mit Drittbereicherungsabsicht handelt (Fischer, StGB, 59. Aufl., § 263 Rn. 186). Die unmittelbare Drittbereicherung der insoweit vorsatzlosen Zwischenhändler stellt sich als notwendige Voraussetzung der Erlangung eines eigenen Vermögensvorteils dar, weil ohne diese kein breiter Vertrieb der Fahrzeuge möglich wäre.

 Der Schaden des Klägers besteht in den in Erfüllung des Vertrages verfügten Vermögenswerten, hier der Zahlung des Kaufpreises des Fahrzeugs, etwaigen aus der Inbetriebnahme des Fahrzeugs folgenden Vermögensschäden und den mit der Rückabwicklung verbundenen Vermögensaufwendungen. Es kommen auch weitergehende - derzeit noch nicht bezifferbare - Schäden in Betracht: Die Klägerseite hat unwidersprochen vorgetragen, dass unter anderem Klageverfahren gegen das Kraftfahrtbundesamt vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wegen der Weiterzulassung der Fahrzeuge laufen. Sollte sich die Weiterbenutzung des Fahrzeugs nachträglich als rechtswidrig darstellen, käme auch eine nachträgliche Inanspruchnahme des Klägers als Handlungsstörer in Betracht. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, in der Fahrzeugnutzung jedenfalls insoweit eingeschränkt zu sein, als er bestimmte Länder (etwa Schweiz) mit seinem Fahrzeug nicht bereisen könne, so dass weitergehender Schadensersatz in Betracht kommt. Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des BGH, dass die Verleitung zu einem Vertragsschluss selbst bei objektiver Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung zum Schadensersatz in Form der Naturalrestitution gemäß § BGB § 249 Abs. BGB § 249 Absatz 1 BGB verpflichtet, wenn ein getäuschter Kontrahent den Vertrag ohne das haftungsauslösende Verhalten nicht geschlossen hätte (BGH NJW 1998, NJW Jahr 1998 Seite 302, NJW Jahr 1998 304; BGH NJW-RR 2005, NJW-RR Jahr 2005 Seite 611, NJW-RR Jahr 2005 612; BGH NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 1579, NJW Jahr 2005 1580; BGH NJW 2010, NJW Jahr 2010 Seite 2506f.; BGH VersR 2012, VERSR Jahr 2012 Seite 1237 Rn. VERSR Jahr 2012 Seite 1237 Randnummer 64). Voraussetzung ist lediglich, dass der Geschädigte die erfolgte Vertragsbindung nicht willkürlich als Schaden ansieht, sondern dass sie sich auch nach der Verkehrsanschauung bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles als unvernünftig erweist (BGH NJW 1998, NJW Jahr 1998 Seite 302, NJW Jahr 1998 304; BGH NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 1579, NJW Jahr 2005 1580). Hierfür genügt nach Ansicht des BGH, dass die Leistung des anderen Vertragsteils, obwohl objektiv werthaltig, für die Zwecke des geschädigten Kontrahenten nicht voll brauchbar ist (BGH NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 611, NJW Jahr 2005 612; BGH NJW 2005, NJW Jahr 2005 Seite 1579, NJW Jahr 2005 1580; BGH VersR 2012, VERSR Jahr 2012 Seite 1237, Rn. VERSR Jahr 2012 Seite 1237 Randnummer 64; BGH NJW-RR 2014, NJW-RR Jahr 2014 Seite 277, Rn. NJW-RR Jahr 2014 Seite 277 Randnummer 18). Der Schaden besteht dann in dem durch das Fehlverhalten bewirkten Eingriff in das Recht, über die Verwendung des eigenen Vermögens selbst zu bestimmen, und ist durch Rückgängigmachung der ungewollt eingegangenen Verpflichtung zu begleichen (BGH NJW 2010, NJW Jahr 2010 Seite 2506, NJW Jahr 2010 2507; BGH NJW-RR 2005, NJW-RR Jahr 2005 Seite 611, NJW-RR Jahr 2005 612; BGH NJW-RR 2014, NJW-RR Jahr 2014 Seite 277 Rn. NJW-RR Jahr 2014 Seite 277 Randnummer 20).

Der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte zu 2) ergibt sich auch aus § BGB § 826 BGB. Die Täuschung der Kunden in Form der breiten Werbung mit „Clean Diesel“ sowie der Einhaltung der Euro 5 Abgaswerte ist die zwingende Konsequenz aus der Entscheidung der Beklagten zu 2), in der Abwägung zwischen der Einhaltung immer strengerer gesetzlicher Vorschriften und der Gewinnmaximierung letzterem durch die Programmierung einer manipulativen und nach den Vorschriften der Verordnung 715/2007/EG auch rechtswidrigen Motorsteuerungssoftware den Vorzug zu geben, obwohl in der Verwendung der AdBlue-Technologie eine teurere, aber effektive Variante zur Reduzierung der NOx Werte zur Verfügung gestanden hätte. Insoweit ist das oben geschilderte Verhalten der Beklagten gleichsam sittenwidrig i.S.d. § BGB § 826 BGB, weil die Entscheidung zu einer so stattfindenden Gewinnmaximierung voraussetzt, dass man Erkrankungen und Gesundheitsschäden vieler Menschen in Kauf genommen und sich damit abgefunden hat. Dies verletzt das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden Bürger.

Der nutzlose und gleichsam durch das Kraftfahrtbundesamt aufgezwungene Nacherfüllungsversuch mittels Softwareupdate im Wert von 60,00 Euro lässt den begangenen Betrug und weitere deliktische Handlungen nicht entfallen und ist damit unerheblich für die Frage der Rückabwicklung im Wege der Naturalrestitution.