Elternunterhalt. Ein Kurzüberblick...

  • 18. September 2017
  • Thomas Klein

Elternunterhalt ist das Thema der Zukunft. Die finanziellen Belastungen für Kinder, deren Eltern in einem Pflegeheim untergebracht sind, können ein existenzbedrohendes Ausmaß annehmen. Anlässlich unserer aktuellen Vortragsreihe ein kurzer Überblick für Sie...

Elternunterhalt

Der Unterhaltsanspruch von Verwandten ersten Grades nach § 1601 ff BGB ist ein wechselseitiger Anspruch.

Es können also nicht nur Kinder von ihren Eltern Unterhalt beanspruchen, sondern auch umgekehrt die Eltern von ihren Kindern, sofern sie ihren Bedarf nicht selbst decken können.

Neben der Bedürftigkeit des betreffenden Elternteils ist vor allem auch die Leistungsfähigkeit des in Anspruch genommenen Kindes zu prüfen.

I. Unterhaltsschuldner

Elternunterhalt schulden grundsätzlich nur die verwandten Kinder, nicht die Schwiegerkinder. Deren Einkommen ist allenfalls im Rahmen des Familienunterhalts zu berücksichtigen, weshalb auch Auskunft über die Einkünfte der Schwiegerkinder geschuldet ist.

Da dem Elternunterhalt sämtliche übrigen Unterhaltsansprüche vorgehen (Ausnahme weitere Verwandte in aufsteigender Linie wie Großeltern gegen Enkel), sind neben den Einkommensund Vermögensverhältnissen auch etwaige bestehende Unterhaltsverpflichtungen des Unterhaltsschuldners zu prüfen.

Sind die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsschuldners nicht bekannt, so muss der Unterhaltsschuldner Auskunft erteilen (evtl. Stufenklage).

II. Bedarf des Unterhaltsgläubigers

Der Bedarf eines unterhaltsberechtigten Elternteils bestimmt sich nach dessen Lebensstellung. Bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen bemisst sich die Untergrenze des Bedarfs nach dem Existenzminimum (Sätze des SGB XII).

Beim Bedarf sind grundsätzlich auch Heim- und Pflegekosten in tatsächlich angefallener Höhe zu berücksichtigen, sofern diese angemessen und notwendig sind. Leistungen der Pflegeversicherung sind gegenzurechnen. Ist der Elternteil im Alter sozialhilfebedürftig geworden, beschränkt sich sein angemessener Lebensbedarf auf das Existenzminimum und damit verbunden regelmäßig auf eine dem Unterhaltsberechtigten zumutbare einfache und kostengünstige Heimunterbringung.

Der Unterhaltsberechtigte hat zunächst alle Einkünfte aus Renten, Grundsicherung, Kapitalvermögen, unselbstständiger oder selbstständiger Tätigkeit usw. zur Deckung des eigenen Bedarfs einzusetzen. Auch das Vermögen mit Ausnahme des Schonbetrages (entsprechend dem Sozialhilferecht) ist vorrangig zu verwerten, außer dies ist nicht möglich oder gänzlich unwirtschaftlich. Ein evtl. bestehender Herausgabeanspruch gegen einen Beschenkten ist ebenfalls zunächst zu realisieren.

Der Anspruch auf Grundsicherung ist gegenüber dem Unterhaltsanspruch vorrangig; er muss deshalb vom Unterhaltsberechtigten auch in Anspruch genommen werden.

III. Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners

Der Unterhaltsanspruch eines Elternteils findet seine Grenze am angemessenen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen. Dieser wird jedoch nicht pauschal, sondern nach der individuellen Lebensstellung bemessen.

Selbstbehalt

Der angemessene Selbstbehalt beträgt i.d.R. 1800 € zzgl. der Hälfte des darüber hinaus gehenden Einkommens (je nach OLG-Bezirk). Für den Ehegatten sind dabei i. d. R. 1440 € anzusetzen, sodass der Familienselbstbehalt mindestens 3240 € beträgt, wobei hierin 860 € für den Wohnbedarf enthalten sind (480 € für den Unterhaltsschuldner und 380 € für den Ehegatten).

Die Selbstbehaltssätze sind im Einzelfall höher, da sich der Unterhaltsanspruch eines vorrangig zu berücksichtigenden Ehegatten nicht nach den Mindestbeträgen, sondern nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt und der vorrangige Ehegatte keine Schmälerung des eigenen angemessenen Anteils am Familienunterhalt hinnehmen muss. Daher ist ein individueller Selbstbehalt zu ermitteln, der mindestens 45 % des über den vorgenannten Selbstbehaltssatz hinausgehenden Einkommens beträgt (BGH vom 28.07.2010 – XII ZR 140/07).

Eine angemessene Altersvorsorge ist ebenfalls vorrangig zu berücksichtigen.

Andererseits ist die Leistungsfähigkeit eines Unterhaltspflichtigen nicht zwingend auf einen den angemessenen Selbstbehalt übersteigenden Teil seines Einkommens beschränkt. Der Selbstbehalt kann nämlich bereits dadurch gewahrt sein, dass der Unterhaltspflichtige im Rahmen des Familienunterhalts sein Auskommen hat. Soweit das Einkommen des Unterhaltspflichtigen also nicht zum Familienunterhalt benötigt wird, steht es ihm selbst zur Verfügung und muss daher auch für Unterhaltszwecke eingesetzt werden.

IV. Schonvermögen

Grundsätzlich ist auch in wirtschaftlich vertretbarer Weise das Vermögen zur Deckung des Unterhaltsbedarfs von Eltern einzusetzen. Eine eigene angemessene Alterssicherung ist allerdings vorrangig.

Hat der Unterhaltspflichtige bereits selbst die Regelaltersgrenze erreicht, kann sein verwertbares Vermögen in der Weise für den Elternunterhalt eingesetzt werden, als dieses in eine an der statistischen Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientierte Monatsrente umgerechnet und dessen Leistungsfähigkeit aufgrund des so ermittelten (Gesamt-)Einkommens bemessen wird (BGH Urteil vom 21.11.2012 – XII ZR 150/10, FamRZ 2013,203).

Sofern der Unterhaltspflichtige noch erwerbstätig ist, muss Vermögen in einer Höhe, wie sie sich aus der Anlage von 5 % des Jahresbruttoeinkommens ergibt, regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt werden.

Außerdem ist der Wert einer selbst genutzten Immobilie immer zusätzliches Schonvermögen (BGH Beschluss vom 07.08.2013 – XII ZB 269/12, FamRZ 2013, 1554). Auch Lebensversicherungen in angemessener Höhe brauchen für den Unterhaltszweck i.d.R. nicht eingesetzt werden.

Der zu Elternunterhaltszahlungen Verpflichtete muss sich im Übrigen auch keine Steuervorteile auf den Ehegatten (Realsplitting) anrechnen lassen.

Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird auch im Rahmen des Elternunterhalts durch sonstige wirtschaftliche Nutzungen bestimmt, wie z. B. die Gebrauchsvorteile eines Eigenheims. Der Wohnvorteil ist auch beim Elternunterhalt grundsätzlich nach dem tatsächlichen objektiven Mietwert zu berechnen.

V. Geschwister

Mehrere Kinder haften ihren Eltern als Teilschuldner (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Zur Ermittlung der Haftungsquote haben mehrere Geschwister untereinander einen auf § 242 BGB beruhenden Auskunftsanspruch.

VI. Verwirkung

Der Elternunterhaltsanspruch kann unter den Voraussetzungen des § 1611 Abs. 1 BGB verwirkt werden. In Betracht kommen:

-Sittliches Verschulden (Spiel-, Trunk- und Drogensucht bei Behandlungsverweigerung)
-Grobe Vernachlässigung der früheren eigenen Unterhaltspflicht gegenüber dem in Anspruch genommen Kind
-Schwere Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltspflichtigen

Die Rechtsprechung setzt jedoch hohe Maßstäbe bei der Verwirkung an, so dass diese nur in Ausnahmefällen angenommen wird.

Sind Sie betroffen?

Dann wenden Sie sich an uns. Wir verfügen nicht zuletzt durch unsere Vortragsveranstaltungen über umfangreiches Know How zum Thema Elternunterhalt.