Elternunterhalt und Steuern

  • 18. Oktober 2017
  • Thomas Klein

Anlässlich unserer regelmäßigen Vorträge zum Dauerbrenner "Elternunterhalt" taucht immer wieder die Frage auf, ob und in welchem Form steuerliche Vergünstigungen genutzt werden können. Ein Überblick...

Elternunterhalt und Steuern

Pflege ist teuer.

Für welches Pflege- bzw. Betreuungsmodell man sich entscheidet, eines haben sie alle gemeinsam: Sie kosten Geld.

Es können Kosten anfallen für die Beschäftigung einer ambulanten Pflegekraft, die Inanspruchnahme von Pflegediensten, von Einrichtungen der Tages- und Nachpflege, der Kurzzeitpflege oder von nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten und für die Unterbringung in einem Heim (R 33.3 Abs. 2 EStR 2012).

 
Für diese Pflegekosten gibt es steuerliche Erleichterungen, z. B. können sie als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG geltend gemacht werden.

Allerdings ist der steuerliche Abzug von folgendenVoraussetzungen abhängig.

1. Pflegebedürftigkeit

Voraussetzung für die Geltendmachung der Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen ist, dass die gepflegte Person zum begünstigten Personenkreis zählt. Dazu gehören pflegebedürftige Personen mit Pflegegraden 1 - 5 und  Personen, bei denen eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt wurde.

Wer nicht zu diesen pflegebedürftigen Menschen gehört, aber kurzfristig auf Pflege angewiesen ist (z. B. wegen einer vorübergehenden Krankheit), kann die dadurch entstehenden Kosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen geltend machen.

2. Krankheitsbedingte Pflegekosten

Pflegekosten sind nur dann abzugsfähig, wenn sie durch eine Krankheit bedingt sind. Altersbedingte Pflegekosten können nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden; diese zählen zu den üblichen Kosten der Lebensführung und sind durch Grundfreibetrag und Altersentlastungsbetrag abgegolten.

Nur die Aufwendungen für Pflege und Betreuung gehören zu den außergewöhnlichen Belastungen. Wird z. B. bei einer Pflege zu Hause eine Pflegekraft auch für das Kochen, Waschen, Putzen usw. bezahlt, ist dieser Teil der Kosten nur im Rahmen der Steuerermäßigung des § 35a EStG abzugsfähig.

3. Zumutbare Belastung

Die Pflegekosten einer bedürftigen Person sind als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG abzugsfähig, allerdings nicht in voller Höhe:

Die Pflegekosten müssen um die entsprechenden Beträge, die Versicherungen oder Kassen zahlen, gekürzt werden.

Pflegekosten gehören zu den außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art.

Das hat zur Folge, dass ein Teil der Aufwendungen selbst getragen werden muss – dieser Eigenanteil heißt hier zumutbare Belastung. Nur Kosten, die über die zumutbare Belastung hinausgehen, sind als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Wie hoch die zumutbare Belastung ist, hängt davon ab, ob derjenige, der die Kosten geltend macht, verheiratet ist, ob er Kinder hat und wie hoch der Gesamtbetrag der Einkünfte ist.

Ob die zumutbare Belastung verfassungsgemäß ist, prüft derzeit der BFH (Az VI R 32/13). Wer Pflegekosten bzw. Krankheitskosten geltend macht, sollte deshalb darauf achten, dass der entsprechende Bescheid vorläufig ergeht (BMF, Schreiben v. 10.6.2014). 

Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen

Bei Pflege zu Hause kommt für den Teil der Kosten, der aufgrund der zumutbaren Belastung nicht berücksichtigt wird, die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Beschäftigungsverhältnisse in Betracht. Das gilt auch für altersbedingte Pflegekosten und hauswirtschaftliche Leistungen, die nicht als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden können.

 

Pflegekosten oder Behinderten-Pauschbetrag?

Behinderte Menschen können für ihre behinderungsbedingten Aufwendungen den Behinderten-Pauschbetrag bekommen. Mit ihm sind laufende und typische Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege und für einen erhöhten Wäschebedarf abgegolten. Wird der Behinderten-Pauschbetrag in Anspruch genommen, sind daneben keine Pflegekosten absetzbar (§ 33b Abs. 1 Satz 1 EStG, R 33.3 Abs. 4 EStR 2012).

Im Einzelfall kann es sich deshalb lohnen, auf den Behinderten-Pauschbetrag zu verzichten und stattdessen die Pflegekosten geltend zu machen (z. B. bei sehr hohen Pflegekosten aufgrund einer Heimunterbringung); behinderungsbedingte Aufwendungen und Pflegekosten müssen dann allerdings im Einzelnen nachgewiesen werden.

Ambulante Pflegekraft

Wer sich zu Hause pflegen lässt und eine ambulante Pflegekraft beschäftigt, kann die entsprechenden Kosten absetzen. Das gilt auch bei Inanspruchnahme von Pflegediensten, von Einrichtungen der Tages- und Nachpflege, der Kurzzeitpflege oder von nach Landesrecht anerkannten niedrigschwelligen Betreuungsangeboten (R 33.3 Abs. 2 EStR 2012).

 
Die ambulante Pflegekraft sollte unbedingt angemeldet sein. Und zwar entweder bei der Mini-Job-Zentrale als 450-Euro-Kraft  oder bei Finanzamt und Krankenkasse als sozialversicherungspflichtige Angestellte. Arbeitet die Pflegekraft auf selbstständiger Basis, hat aber nur einen Auftraggeber, besteht die Gefahr der Scheinselbstständigkeit.

Wer eine Pflegekraft aus dem Ausland anstellen möchte, muss diese ebenfalls als Mini-Jobber oder sozialversicherungspflichtige Angestellte anmelden. Eine Arbeitsgenehmigung benötigen Pflegekräfte aus den EU-Mitgliedsstaaten grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme besteht derzeit noch für Arbeitskräfte aus Kroatien, diese brauchen eine Arbeitserlaubnis.

 

Hier gilt zur Zeit:

Pflegekräfte aus Liechtenstein, Island, Norwegen oder der Schweiz dürfen ohne Arbeitserlaubnis in Deutschland arbeiten.

Pflegekräften aus Andorra, Australien, Israel, Japan, Kanada, Monaco, Neuseeland, der Republik Korea, San Marino und den USA kann grundsätzlich eine Arbeitserlaubnis erteilt werden.

Bei Pflegekräften aus anderen Ländern ist die Rechtslage schwierig.

Hier ist die Erteilung einer Arbeitserlaubnis von verschiedenen Voraussetzungen abhängig (z. B. Dauer der im Ausland absolvierten Berufsausbildung). Ausführliche Informationen hierzu gibt es bei der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de/zav).

Heimunterbringung

Erfolgt die Pflege nicht zu Hause, sondern in einem Heim, können die Heimkosten ebenfalls als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Abzugsfähig sind die Kosten für die Pflege, die Betreuung durch einen Arzt, die Unterkunft und die Verpflegung.

Voraussetzung: Die Unterbringung in einem Heim erfolgt wegen der Pflegebedürftigkeit. Bei einem Umzug in ein Heim nur wegen des Alters (z. B. in eine Seniorenresidenz mit Betreuung) sind die Heimkosten nicht absetzbar.

Bei manchen "Heimen" macht das Finanzamt trotz Pflegebedürftigkeit allerdings Probleme, weil es z. B. keine anerkannte stationäre Pflegeeinrichtung ist, und streicht die Aufwendungen für die Unterkunft und Verpflegung, sodass nur die Kosten für die Pflege selbst und die Betreuung abgesetzt werden können. Vor der Auswahl eines Heims sollte deshalb geprüft werden, ob es entsprechend anerkannt ist; hier kann man sich z. B. eine Bescheinigung der Heimleitung über die Anerkennung vorlegen lassen.

Wird wegen des Umzugs in ein Heim der bisherige eigene Haushalt aufgelöst, können nur die über die üblichen Kosten der Unterhaltung eines Haushalts hinausgehenden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Von den geltend gemachten Kosten wird also die sog. Haushaltsersparnis abgezogen. Diese beträgt seit 1.1.2014 8.354 EUR (R 33.3 Abs. 2 Satz 2 EStG, § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG).

Ob die Pflegebedürftigkeit bereits vor Beginn des Heimaufenthalts oder erst später eingetreten ist, ist ohne Bedeutung (H 33.1 – H 33.4 "Pflegeaufwendungen" EStH 2013). Wer also z. B. aus Altergründen bereits in einem Heim lebt, kann ab der Feststellung der Pflegebedürftigkeit auch die Kosten für Unterkunft und Verpflegung geltend machen.

Ansonsten gilt:

Minderjähriges Kind: Die Pflegekosten, die Sie für Ihr pflegebedürftiges minderjähriges Kind zahlen, sind ohne weitere Voraussetzungen abziehbar.
 

Volljähriges Kind, für das Sie Kindergeld bekommen: Sie dürfen die Pflegekosten hier ebenfalls geltend machen. Allerdings muss eventuell vorhandenes Vermögen des Kindes für die Pflege eingesetzt werden. Solange das Kind also noch Vermögen besitzt, bleibt den Eltern der Abzug der Pflegekosten verwehrt.
Volljähriges Kind, für das kein Kindergeld mehr gezahlt wird: Die Kosten der Pflege sind als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG absetzbar (ebenfalls unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung). Voraussetzung ist allerdings, dass die Kosten zwangsläufig entstehen (z. B. weil eine Unterhaltspflicht besteht) und dass der Empfänger bedürftig ist. Bedürftigkeit bedeutet, dass der Empfänger nur wenig eigenes Vermögen hat (Vermögen bis zu 15.500 EUR bleibt unberücksichtigt) und die Pflegekosten nicht selbst tragen kann (R 33a.1 Abs. 2 Satz 3 EStR 2012).


Andere Angehörige und nahestehenden Personen: Übernehmen Sie Pflegekosten für einen anderen Angehörigen (z. B. Eltern) oder eine nahestehende Person, können Sie diese Aufwendungen als Unterhaltsleistungen nach § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG geltend machen. Es gelten die gleichen Regeln wie bei einem volljährigen, nicht kindergeldberechtigten Kind. Bei einer Heimunterbringung ist zusätzlich Voraussetzung, dass diese wegen der Pflegebedürftigkeit erfolgt.
Scheitert ein Abzug der Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen, z. B. weil keine Zwangsläufigkeit vorliegt, kommt bei Pflege zu Hause trotzdem ein Abzug in Betracht, und zwar im Rahmen der Steuerermäßigung nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen. Auch die Beträge, die Sie wegen der zumutbaren Belastung selbst tragen müssen, sind hier begünstigt.

 Hat der Pflegebedürftige, für den Sie die Pflegekosten übernehmen, Ihnen Vermögenswerte zukommen lassen oder Vermögen übertragen, dürfen die Pflegeaufwendungen nur in der Höhe abgezogen werden, wie die Aufwendungen den Wert des erhaltenen Vermögens übersteigen (R 33.3 Abs. 5 EStR 2012).