Der Zwang zum Umgang mit dem Kind

  • 18. November 2017
  • Thomas Klein

Sehr häufig sind familiengerichtliche Streitigkeiten, in denen das Umgangsrecht von einem Elternteil verweigert wird, bei dem das Kind lebt. Selten sind die Fälle, in denen der Umgangsberechtigte nicht will. Und dann?

Umgangszwang

Aktuell hat sich mit dieser Thematik erneut ein Gericht beschäftigt, und zwat das OLG Hamm.

 

Worum ging es?

Die beteiligten Eltern schlossen in 2013 vor dem AG eine Umgangsvereinbarung zugunsten des Umgangs des Kindesvaters mit dem gemeinsamen Sohn N. Das AG nahm eine Eingabe des Kindesvaters im April 2016 zum Anlass, um von Amts wegen ein neues Umgangsverfahren einzuleiten. In dessen Verlauf schlossen die Beteiligten im Termin am 18.1.2017 eine ab 21.1.2017 gültige Umgangsvereinbarung ab. Mit Beschluss vom 25.1.2017 billigte das AG diese Umgangsvereinbarung und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung den Beteiligten Ordnungsmittel an.

Am Morgen des 20.1.2017 sagte der Vater den für den Folgetag vereinbarten Umgang ohne Angabe von Gründen ab. Mit Schreiben vom 3.2.2017 teilte er außerdem dem AG mit, dass er die Umgangskontakte zu N „schweren Herzens“ eingestellt habe, da wegen der problematischen Situation der Kindeseltern „entspannte Umgangskontakte keine Perspektive haben“. Der Kindesvater kam in der Folge wiederholt der Umgangsvereinbarung vom 18.1.2017 nicht nach. Die Mutter beantragte die Festsetzung von Ordnungsmitteln gegen den Kindesvater. Das AG setzte daraufhin ein Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro, ersatzweise für jeweils 100 Euro einen Tag Ordnungshaft, fest. Der dagegen erhobenen sofortigen Beschwerde half das AG nicht ab und legte das Verfahren dem Senat vor, welcher den angefochtenen Beschluss sodann aufhob.

Das sagt das OLG Hamm dazu:


Das Gericht kann  bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Regelung des Umgangs gegenüber dem Verpflichteten die dort näher bezeichneten Ordnungsmittel anordnen. Die Ausgestaltung der gesetzlichen Vorschriften als  „Kann-Vorschrift“ trägt der Rechtsprechung des BVerfG  Rechnung, wonach die Umgangspflicht eines Elternteils gegen dessen Willen nur ausnahmsweise dann vollstreckt werden könne, wenn im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, dass der erzwungene Umgang dem Kindeswohl dient

 Soweit § BGB § 1684 BGB nicht nur ein Umgangsrecht, sondern auch eine Umgangspflicht eines Elternteils mit seinem Kind statuiere, begegnet dies keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Es ist einem Elternteil zumutbar, zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies kindeswohldienlich ist.

Eine zwangsweise Durchsetzung der Umgangspflicht gegen den erklärten Willen eines Elternteils ist jedoch regelmäßig ungeeignet, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen, nämlich dem Kind einen Umgang mit seinem Elternteil zu ermöglichen, der zu einer gedeihlichen Persönlichkeitsentwicklung des Kindes beiträgt.

Bei einem erzwungenen Umgang, der dem Willen und auch den Gefühlen eines Elternteils widerstrebt, wird das Kind anstelle der angestrebten Zuwendung die Ablehnung gerade von seinem Elternteil spüren (vgl. BVerfG NJW 2008, NJW Jahr 2008 Seite 1287).

Davon ausgehend lagen  die Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Umgangspflicht gegen den Willen des Kindesvaters hier nicht vor.

Wenn der Vater nun mit Ordnungsmitteln bis hin zur Ordnungshaft zu einer Wiederaufnahme des Umgangs gezwungen wird, wird das Kind voraussichtlich den Widerstand seines Vaters zumindest bei den Übergaben deutlich spüren. Ferner bestehen  keine Anhaltspunkte dafür, dassdas Kind die Treffen mit seinem Vater vermisst, zumal sich inzwischen auch die Kindesmutter eindeutig gegen eine zwangsweise Durchsetzung des Umgangs mit Rücksicht auf die Verunsicherung des Kindes durch die mitunter kurzfristigen Absagen des Kindesvaters ausgesprochen hatte.

Daraus folgt:


Der Senat folgt mit dieser Entscheidung sowohl der einschlägigen Rechtsprechung als auch den entsprechenden Literaturmeinungen und stellt nochmals die überragende Bedeutung des Kindeswohlprinzips im Kontext des § BGB § 1684 BGB .

Eine zwangsweise Durchsetzung des Umgangsrechtes bei "umgangsunwilligen" Eltern ist nicht möglich.

Eine Lücke, die die betroffenen Eltern allerdings ratlos zurücklässt.