Nachehelicher Unterhalt

  • 17. April 2017
  • Thomas Klein

Gibt es nach Scheidung eigentlich immer Unterhalt und wie lange?

Nachehelicher Unterhalt

Zum 1.1.2008 trat eine Unterhaltsreform in Kraft, die zumindest nach dem Willen des Gesetzgebers das Prinzip der Eigenverantwortung nach der Scheidung wollte. Die Ehegatten sollten danach nach der Scheidung selbst für sich verantwortlich sein und für den eigenen Unterhalt selbst arbeiten.

Die Rechtsprechung, insbesondere der BGH, sieht dies nach wie vor anders und geht eigentlich nach wie vor von einer lebenslangen Unterhaltspflicht aus.

Wir haben das wichtigste aus der jüngeren Rechtsprechung für Sie zusammengefasst.

1. Bekommt eine ein eheliches Kind betreuende Mutter nach der Ehe Unterhalt ?

Stand das Wohl des Kindes während der Ehe noch im Mittelpunkt des gemeinsamen Interesses, wird es nach der Ehe oft sehr unterschiedlich interpretiert. Wie viel Elternbetreuung das Kind braucht und wie viel organisierte Fremdbetreuung es verkraftet, wird mit Blick auf den Betreuungsunterhalt oft kontrovers gesehen.

Hat die geschiedene Ehefrau ein sechs Jahre altes Kind zu betreuen, das an einer Immunschwäche mit besonderer Anfälligkeit für Erkrankung der Atemwege leidet, kann eine mehr als halbschichtige Erwerbstätigkeit von ihr nicht erwartet werden.

Auch eine Befristung des Unterhalts kommt in Anlehnung an die BGH-Rechtsprechung vom 18.3.2009 (XII ZR 74/08) nicht in Betracht, da das Bedarfsende nicht abschätzbar sei.:

2. Bekommt die Mutter eines nichtehelich geborenen Kindes Unterhalt?

Einer Unterhaltsberechtigten steht wegen Betreuung eines nichtehelich geborenen Kindes Unterhalt nicht unter dem Existenzminimum zu, jedoch kein Unterhalt wegen Krankheit oder Erwerbslosigkeit.

Für die Frage, ob dem betreuenden Ehegatten die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit zuzumuten ist, kommt es nicht darauf an, ob der Betreuungsunterhalt begehrende Ehegatte weitere - nicht gemeinschaftliche - Kinder zu betreuen hat. Bei der Bemessung der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Ehegatten sind grundsätzlich nur die Belange des gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.


3. Wie lange und in welcher Höhe muss nach der Scheidung Ehegattenunterhalt gezahlt werden?

Nach der zum 1.1.2008 in Kraft getretenen Neuregelung ist der nacheheliche Unterhalt herabzusetzen und/oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung unbillig wäre. Illusorische Karrierevorstellungen früherer Ehemänner für die Exfrau teilt der BGH aber nicht, so dass der BGH immer öfter in seinen Entscheidungen wieder zu lebenslangen Unterhaltspflichten gelangt.

Jüngst entschieden:

Bricht die Ehefrau wegen der Geburt eines Kindes ihr Studium ab und macht später eine weniger Gewinn versprechende Ausbildung, verlängert sich die Zeit, für die sie nach der Scheidung Unterhalt beanspruchen kann. Durch Aufstockungsunterhalt muss der Exmann sich an den wirtschaftlichen Folgen der gemeinsamen Entscheidung beteiligen.

4. Wer muss die ehebedingten Nachteile beweisen?

Der Unterhalt kann nach dem Gesetz zeitlich und der Höhe nach begrenzt werden.

Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen. 

Jüngst entschieden:

Auch wenn die Krankheit einer der geschiedenen Ehepartner durch die Ehe mit verursacht scheint, muss sich dies nicht unterhaltsbegründend bzw. unterhaltsverlängernd auswirken. Es gilt nicht unbedingt als ehebedingter Nachteil, wenn durch die Trennung eine Psychose ausgelöst wird.

Liegen für die Erwerbsmöglichkeiten eines geschiedenen Ehepartners bleibende ehebedingte Nachteile vor, etwa weil eine besonders gute Stelle aufgegeben wurde, kann Anspruch auf zeitlich unbefristete Unterhaltsleistungen bestehen.


Gelegentlich wurde an der Unterhaltsneuregelung kritisiert, sie würde den Unterhalt für Ex-Gatten der Allgemeinheit über Hartz IV aufbürden, wenn eigenen Erwerbstätigkeit eines Partners aussichtlos erscheint.

Doch nach wie vor muss hier auch der Ehepartner manchmal einspringen...

5. Was gilt, wenn der eine Ehegatte nicht arbeiten kann ?

Bei einer nur teilweisen Hinderung an einer Erwerbstätigkeit kann neben den Anspruch auf Betreuungs- oder Krankheitsunterhalt ein ergänzender Anspruch auf Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB treten.

Trotz unzureichend dargelegter Erwerbsbemühungen - der Unterhaltsberechtige muss mindestens 30 Bewerbungen pro Monat nachweisen- kann ein Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit für eine so genannte „Berufsrückkehrerin“ gegeben sein, wenn unter Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten des Arbeitsmarktes sowie der persönlichen Voraussetzungen wie Alter, Gesundheitszustand, Ausbildungs- und Erwerbsbiographie keine reale Chance auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit als Verkäuferin besteht.

6. Wie wirken sich Einkommensverbesserungen des Unterhaltspflichtigen aus?

Einkommen, das die ehelichen Lebensverhältnisse zu keinem Zeitpunkt geprägt hat, während des Zusammenlebens der Eheleute nicht zur Verfügung stand und auch nicht erwartet werden konnte, ist für die Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse unberücksichtigt zu lassen.

7. Ist der Unterhalt weg, wenn man mit einem neuen Partner eng zusammenlebt?

Unzumutbare Härte heißt das Zauberwort, das eheliche und nacheheliche Solidarität sehr schnell zum Einsturz bringen kann. Der Gesetzgeber spricht in diesen Fällen von Verwirkung.

Denn:

Eheliche Solidarität hat Grenzen . Wer mit einem neuen Partner so fest liiert ist, dass gemeinsam Wohneigentum angeschafft wird, der kann vom Ehemann keinen Unterhalt mehr fordern. Für einen solchen Versuch gibt es mangels Aussicht auf Erfolg jedenfalls keine Prozesskostenhilfe.

Bei einseitigem Fehlverhalten ist eine uneingeschränkte Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt grob unbillig. Ist ein Ehepartner fremdgegangen, kann dies daher auch Einfluss auf den Trennungsunterhalt haben. Eine sexuelle Umorientierung eines Ehepartners stellt für sich genommen noch kein Fehlverhalten dar.

Auch während der Unterhaltsverfahrens kann der Unterhalt noch durch unkluges Verhalten gefährdet werden, z.B. durch unwahre Angaben....

Wer seine Unterhaltsbedürftigkeit durch falsche Angaben künstlich in die Höhe treibt, kann leicht ganz ohne Unterhaltsanspruch aus dem Gerichtssaal gehen. Grund: Er bzw. sie verletzt die nacheheliche Solidarität, die ja auch Grundlage des Unterhaltsanspruchs war.

Gleiches gilt auch für diejenigen Ehegatten, die etwa einseitig verhindern, dass die getrennt lebenden Eheleute noch gemeinsam zur Einkommenssteuer veranlagt werden können. Hierzu sind Ehegatten verpflichtet. Verstößt einer der Ehegatten dagegen, was für den anderen in der Regel erhebliche Steuernachzahlungen zur Folge hat, ist der Unterhaltsanspruch in der Regel weg.

8. Was bleibt dem Unterhaltspflichtigen eigentlich zum Leben ?

Wer zur Leistung von Unterhalt verpflichtet ist, dem stellt sich, wenn er nicht "aus dem Vollen schöpft", die Frage nach dem, was ihm selbst zum Leben bleibt. Der Selbstbehalt ist zwar der Höhe nach aus Unterhaltstabellen abzulesen, doch fast immer gibt es auch Sonderfragen und Eigenarten des jeweiligen Falls, wie Miethöhe, Arbeitswege etc.

Im Grundsatz gilt nach der Düsseldorfer Tabelle ein Selbstbehalt von zur Zeit 1200 Euro monatlich.

Um seine Unterhaltspflicht erfüllen zu können, muss der unterhaltspflichtige Elternteil bei Vorliegen gesteigerter Erwerbsobliegenheit nach aktueller Rechtsprechung notfalls auch seine beruflichen Fahrtkosten reduzieren, indem er seinen Wohnsitz verlegt.

9. Was gilt, wenn der Unterhaltspflichtige in die Rolle des Hausmanns wechselt ?

Schwierig wird es unterhaltsrechtlich, wenn der gegenüber einem Kind unterhaltspflichtige Elternteil in neuer Partnerschaft die Rolle des Hausmanns / der Hausfrau übernimmt, die bisherige Berufstätigkeit aufgibt und nur sein neuer Partner erwerbstätig ist. Darf er das? Und woher kommt nun der geschuldete Unterhalt?

Hier gilt nach aktueller Rechtsprechung folgendes:

Der BGH knüpft an die von ihm entwickelten Grundsätze für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit bei der Übernahme der Hausmannrolle an.

Er fragt,
 
-ob der Unterhaltsberechtigte auf Grund seiner Unterhaltsposition die Rollenwahl überhaupt beanstanden darf,
 
-er diese Rollenwahl hinnehmen muss,
 
-der Familienunterhalt durch das Erwerbseinkommen des neuen Ehegatten sichergestellt ist und
 
-ob der Unterhaltspflichtige auch bei vollschichtiger Erwerbstätigkeit in der Lage wäre, das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen, das er jetzt durch eine Nebentätigkeit erzielen muss, sicher zu stellen.
 

Sind diese Kriterien erfüllt, so ist der Rollenwechsel in die Hausmann Tätigkeit zu aktzeptieren.