Widerspruch bei einer Rentenversicherung

  • 21. Mai 2017
  • Thomas Klein

Der Widerspruch bei Lebens- und Rentenversicherungen ist nach wie vor ein Dauerbrenner. Hier ein aktuelles Urteil...

Widerspruch bei Rentenversicherungen

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Das entschied das Gericht:

Der Kläger nimmt die Beklagte aus zwei fondsgebundenen Rentenversicherungen in Anspruch. Die Prämienzahlung für die Versicherung …-…-… nahm der Kläger mit Wirkung ab dem 1.1.2007, die Zahlung zum Vertrag KIN yyy-yyy zum 1.3.2007 auf. Bei Antragstellung zu beiden Verträgen erhielt der Kläger eine Durchschrift seines Antrags, die Versicherungsbedingungen sowie die Verbraucherinformationen für die fondsgebundene Lebensversicherung. Die Parteien streiten u.a. darum, ob die ihm erteilten Informationen vollständig und die Belehrungen auf den Antragsformularen B 2 und B 4 wirksam waren. Beide Versicherungsverträge hat der Kläger zum 1.3.2013 gekündigt, die Beklagte hat daraufhin Rückkaufswerte in Höhe von 24.429,36 und 2.599,76 € ausgezahlt. Mit Anwaltsschreiben vom 28.10.2013 hat der Kläger die Anfechtung, den Widerruf sowie vorsorglich Rücktritt/Widerspruch bezüglich beider Versicherungsverträge erklärt. Das Landgericht hat seine auf Rückzahlung gerichtete Klage abgewiesen. Zwar entspreche die Widerspruchsbelehrung nicht den Anforderungen des § VVG § 5a VVG a.F., da beide Belehrungen nicht drucktechnisch hervorgehoben worden seien. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Verträge im Antragsmodell zustande gekommen seien, dass die Verbraucherinformationen inhaltlich unvollständig seien, führe nicht zur Anwendung des Policenmodells. Dies betreffe insbesondere den fehlenden Hinweis zu einer Antragsbindungsfrist, der hier aber keine besondere Bedeutung beizumessen sei. Da die Beklagte ihren Sitz im Fürstentum Lichtenstein habe, gehöre sie keiner Sicherungseinrichtung an, müsse hierzu folglich auch keine Angaben machen. Vom Vorwurf, keine ausreichenden Fondsinformationen erhalten zu haben, sei der Kläger abgerückt. Die Rücktrittsbelehrung in beiden Verträgen entspreche jedoch noch § VVG § 8 Abs. VVG § 8 Absatz 5 VVG in der bis zum 1.1.2008 geltenden Fassung. Einer drucktechnischen Hervorhebung bedürfe es nicht, auf der Vorderseite beider Anträge werde hinreichend auf die auf der Rückseite abgedruckte Belehrung hingewiesen. Zur weiteren Sachdarstellung wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe Bezug genommen.2Mit der fristgerecht eingelegten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen zur Anwendung des Policenmodells sowie zur Unwirksamkeit der Widerspruchs,-/Rücktrittsbelehrung. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei eine Information über die Antragsbindungsfrist zwingend erforderlich und führe bei Fehlen zur Anwendbarkeit des § VVG § 5a VVG und zur Unwirksamkeit des Policenmodells. Gleiches gelte für den fehlenden Hinweis auf eine Sicherungseinrichtung. Unabhängig hiervon entspreche die Belehrung auch nicht den Anforderungen des § VVG § 8 Abs. VVG § 8 Absatz 5 VVG a.F. Die Höhe des Ausgleichsanspruches sei unter Bezug auf die Anlagen K 8 und K 9 schlüssig vorgetragen.

3In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger seinen Anspruch teilweise zurückgenommen und hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1.einen Betrag in Höhe von 17.738,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.5.2014,
2.einen weiteren Betrag in Höhe von 2261,49 € nebst Zinsen aus einem Teilbetrag von 3.262,70 € in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2013, im Übrigen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
3.vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.105,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2013 zu zahlen.
4Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

5Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Unabhängig hiervon bestehe der Anspruch zumindest nicht in der von dem Kläger errechneten Höhe. Nutzungen auf Fondsgewinne seien bereits im Rückkaufswert abgerechnet und könnten in weitergehendem Umfang nicht mehr erstattet werden. Ein Versicherungsnehmer habe entweder einen Anspruch auf Prämien abzüglich eines Risikoanteils und eventueller Wertverluste einer fondsgebundenen Rentenversicherung oder auf den Rückkaufswert ohne weitere Anpassung, nicht jedoch auf Prämienrückzahlung zuzüglich Nutzungsersatz.

6Zur Ergänzung des Berufungsvorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

7Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Dem Kläger steht in dieser Höhe ein Anspruch aus § BGB § 346 Abs. BGB § 346 Absatz 1 BGB zu. Infolge des wirksam erklärten Rücktritts hat die Beklagte die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt der Senat auf den Hinweisbeschluss vom 6.3.2017 Bezug. Ergänzend ist Folgendes anzuführen:

81. Die Auffassung der Beklagten, von einer wirksamen Rücktrittsbelehrung sei mit Blick auf die auf der Rückseite des Antragsformulars abgedruckte Widerspruchsbelehrung unter Beachtung der Entscheidung des BGH vom 25.1.2017 (BGH Aktenzeichen IVZR17315 IV ZR 173/15) auszugehen, teilt der Senat nicht. In der auch im Hinweisbeschluss vom 6.3.2017 zitierten Entscheidung hat der BGH vielmehr ausgeführt, eine drucktechnische Hervorhebung der Belehrung sei zwar vom Wortlaut des § VVG § 8 Abs. VVG § 8 Absatz 5 VVG a.F. nicht ausdrücklich vorausgesetzt. Der gesetzliche Zweck dieser Vorschrift habe aber eine Form erfordert, die darauf angelegt sein musste, „den Angesprochenen aufmerksam zu machen und ihm das maßgebliche Wissen“ zu vermitteln. Der Beklagten ist zuzugeben, dass eine solche Form auch gewahrt werden kann, ohne die Belehrung drucktechnisch hervorzuheben. Wird sie aber, wie auf S. 2 des Antragsformulars der Beklagten zwischen zahlreichen anderen „Schlusserklärungen“ gleichsam versteckt und ist daher nur bei aufmerksamer Lektüre des eng bedruckten Blattes überhaupt erst aufzufinden, genügt dies den dargestellten Anforderungen nicht. Dass der Kläger durch seine Unterschriften auf der Vorderseite bestätigt hat, über sein Rücktrittsrecht belehrt worden zu sein, ändert hieran nichts. Es entspricht zum einen der Lebenserfahrung, dass derartige Erklärungen unter dem bei der Antragsaufnahme herrschenden Zeitdruck und wegen der Unlust, sich dem umfangreichen „Kleingedruckten“ zu widmen, bedenkenlos und unabhängig von einer tatsächlichen Kenntnis unterzeichnet werden. Dieser Problematik liegt § BGB § 309 Nr. BGB § 309 Nummer 12 b BGB zugrunde. Dass dem Kläger vorliegend Inhalt und Umfang seines gesetzlichen Rücktrittsrechts bekannt waren, kann aber aus seiner Unterschrift auf der Antragsvorderseite auch deshalb nicht abgeleitet werden, weil die dort abgedruckte Belehrung gerade nicht zutreffend ist, was der Senat ebenfalls im Hinweisbeschluss vom 6.3.2017 ausgeführt hat.

92. Die auf die Verträge …-…-… und KIN-yyy-yyy geleisteten Prämien belaufen sich unstreitig unter Abzug der bereits an den Kläger geleisteten Rückkaufswerte auf insgesamt 17.738, 50 € (vgl. Hinweisbeschluss vom 6.3.2017, S. 5). Hiervon abzusetzen ist der Risikoanteil (BGH, Urteil vom 7.5.2014, BGH Aktenzeichen IVZR7611 IV ZR 76/11; Urteil vom 28.10.2015, BGH Aktenzeichen IVZR16415 IV ZR 164/15 - beide juris), d. h. vorliegend der Wert des Todesfallschutzes, den die Beklagte für den Vertrag mit der Endziffer 675 auf 1,32 €/Monat und für den Vertrag mit der Endziffer 650 auf 0,03 €/Monat beziffert hat. Bei einer Laufzeit von 73 bzw. 71 Monaten ergeben sich somit ein Todesfallschutz im Wert von 98, 40 € und zurück zu gewährende Prämien in Höhe von 17.640,01 €.

103. Nutzungen aus Fondsgewinnen kann der Kläger nur in Höhe von 1253,44 € beanspruchen. Dem Versicherungsnehmer stehen grundsätzlich keine Nutzungen aus dem Risikoanteil zu, der dem Versicherer als Wertersatz für den vom Versicherungsnehmer bis zu seinem Widerspruch faktisch genossenen Versicherungsschutz verbleibt. Zur Herstellung eines vernünftigen Ausgleichs und einer gerechten Risikoverteilung ist es geboten, dass der Versicherer neben dem Risikoanteil auch hieraus ggf. gezogene Nutzungen behalten darf (BGH, Urteil vom 11.11.15, BGH Aktenzeichen IVZR51314 IV ZR 513/14- juris). Die vom Kläger in den Anlagen K8undK9 errechneten und von der Beklagten der Höhe nach nicht bestrittenen Fondsgewinne waren daher um die Sonderzahlungen in Höhe von 1.842,- und 1.852 € (vgl. Hinweisbeschluss S. 6) und die unstreitigen Kosten für den Risikoschutz zu bereinigen. Sie sind im Übrigen schlüssig dargelegt, weil sie sich aus der Differenz des von der Beklagten errechneten Rückkaufswertes zur Summe der Investitionen ergeben, deren Höhe zwischen den Parteien ebenfalls unstreitig ist. Die im Schriftsatz vom 13.3.2017 vertretene Rechtauffassung der Beklagten, der Versicherungsnehmer könne neben dem Rückkaufswert keine weiteren Nutzungen geltend machen, findet in der Rechtsprechung des BGH keine Stütze. Hiernach sind vielmehr die tatsächlich gezogenen Nutzungen vom Versicherer herauszugeben. Anders als der auf die Abschlusskosten entfallende Prämienanteil, der für Nutzungsersatzansprüche außer Betracht bleibt, erfasst dies auch Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil. Hier kann sich zwar der insoweit darlegungsbelastete Versicherungsnehmer nicht auf die tatsächliche Vermutung einer Gewinnerzielung in bestimmter Höhe stützen. Es reicht allerdings ein konkret auf die Ertragslage des Versicherers bezogener Vortrag aus (BGH, Urteil vom 1.6.2016, BGH Aktenzeichen IVZR34315 IV ZR 343/15 -juris). Hat der Versicherer mit der Anlage des Sparanteils in Fonds Verluste erzielt, sind diese Verluste ebenso wie ein eventuell bereits ausgezahlter Rückkaufswert von den geleisteten Prämien und den erzielten Nutzungen in Abzug zu bringen (vgl. BGH, Urteil vom 1.6.2016, BGH Aktenzeichen IVZR34315 IV ZR 343/15 - juris; VersR 2016, VERSR Jahr 2016 Seite 33 Tz. VERSR Jahr 2016 Seite 33 Randnummer 51 f.). Eine Beschränkung auf den Rückkaufwert besteht aber selbst in diesen Fällen nicht. Erst recht tritt sie nicht ein, wenn die fondsgebundene Versicherung - wie hier - Gewinne erzielt hat. Auch in Fällen, in denen der Versicherte bereits einen Rückkaufswert erhalten hat, orientiert sich danach sowohl der Bereicherungsanspruch nach § BGB § 812 BGB als auch der Rückabwicklungsanspruch nach § BGB § 346 BGB an dem von dem Versicherungsnehmer geleisteten, d.h. den von ihm während der Vertragslaufzeit gezahlten Prämien, ohne dass insoweit eine Beschränkung auf den Rückkaufswert, der regelmäßig keine Nutzungen auf den Verwaltungskostenanteil berücksichtigt, bestünde.

114. Daneben kann der Kläger im Grundsatz die von ihm errechneten Nutzungen aus Vertragskosten in voller Höhe von 1.504,01 und 185,63 € beanspruchen. Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil der Prämie können zu erstatten sein, wenn der Versicherer dadurch, dass er diesen Prämienanteil zur Bestreitung von Verwaltungskosten aufgewandt hat, den Einsatz sonstiger Fremdmittel erspart (BGH, Urteil vom 29.7.2015 - BGH Aktenzeichen IVZR44814 IV ZR 448/14). Dass dies hier - ausnahmsweise - nicht der Fall ist, hat die insoweit darlegungs-und beweisbelastete Beklagte nicht geltend gemacht. Die Berechnung des Klägers ist insofern auch schlüssig. Der vom Kläger ermittelte Nutzungsersatzanspruch rechnet zunächst die Einrichtungskosten aus den von der Beklagten mitgeteilten Einrichtungs- und Abschlusskosten heraus, wobei er sich an den von der Beklagten mitgeteilten Gebührentabelle orientiert hat (Anlage K 1). Einrichtungskosten werden den Kosten der laufenden Nutzung zugeschlagen, die Verwaltungs-und Einrichtungskosten werden sodann monatsweise ausgegliedert. In den Anlagen K 8/K 9 werden sodann die Nutzungen, die die Beklagte aus den dem Vertrag belasteten Kosten gezogen hat, anhand der in den veröffentlichten Geschäftsberichten der Beklagten enthaltenen Eigenkapitalrendite ermittelt. Gegen diese Berechnung hat die Beklagte keine Einwände erhoben; sie sind auch nicht gerechtfertigt (ebenso OLG Koblenz, Urteil vom OLGKOBLENZ 3.8.2016 -Aktenzeichen 10U 453/15). Insbesondere teilt der Senat die Erwägung des OLG Koblenz in der o.a. Entscheidung, es komme nicht darauf an, ob die Beklagte ihre Eigenkapitalrendite auch aus Berufsunfähigkeits- und Unfallversicherungen erwirtschafte, weil der in Rede stehende Prämienanteil dem allgemeinen Betriebsvermögen zugeschlagen werde.

125. Die Summe von Prämienrückzahlungen, Nutzungen aus dem Sparanteil und Nutzungen aus dem Verwaltungskostenanteil beträgt 20.583,09 €. Infolge der Teilrücknahme der Berufung war dem Kläger lediglich ein Nutzungsersatz in Höhe von 2261,09 € zuzusprechen (§ ZPO § 308 ZPO). Aus dem insgesamt zugesprochenen Betrag errechnen sich zu erstattende außergerichtliche Kosten in Höhe von 1171,67, von denen der Kläger lediglich 1.105,51 € geltend macht.

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