Abmahnung im Arbeitsrecht

  • 03. Juni 2017
  • Thomas Klein

Ein häufiger Streitpunkt zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das sollten Sie wissen....

Abmahnung im Arbeitsrecht

Vor Ausspruch einer arbeitsrechtlichen Kündigung kommt es häufig zu "Warnschüssen" seitens des Arbeitgebers. Es erfolgt eine Abmahnung. Aber was muss hier beachtet werden? Die wichtigsten 10 Fragen.

 

1. Wo ist die Abmahnung geseztlich geregelt?


Die Abmahnung ist für die verhaltensbedingte außerordentliche (fristlose) Kündigung in § 314 Abs. 2 BGB geregelt. Die Vorschrift ist entsprechend auch auf ordentliche (fristgerechte) Kündigungen anwendbar. Daneben ergibt sie sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

2. Muss vor einer Kündigung immer eine Abmahnung ausgesprochen werden?


Kündigen ist ein harter Schritt, der leistungs- oder verhaltensbedingt nicht erfolgen sollte, ohne den Arbeitnehmer zuvor mit allen Mitteln auf den Pfad der Arbeitstugend zurückzubringen, um ihn weiter beschäftigen zu können.
Doch manchmal ist eine Abmahnung zwecks Warnung eines Arbeitnehmers vor härteren Konsequenzen schlicht entbehrlich. Zwar ist es ein eherner arbeitrechtlicher Grundsatz, der Kündigung, jedenfalls der verhaltensbedingten oder der leistungsbedingten - immer eine Abmahnung vorauszuschicken. Das ergibt sich schon aus der Funktion der Abmahnung, als Hinweis auf die Pflichtwidrigkeit eines Verhaltens und der Androhung von Konsequenzen für den Wiederholungsfall. Doch manchmal darf oder muss es gleich die Kündigung sein.

Eine Abmahnung ist nach der Rechtsprechung entbehrlich,

wenn

a) eine an sich mögliche Verhaltensänderung in der Zukunft nicht zu erwarten ist

oder


b) bei schweren Vertragsverletzungen, bei denen dem Arbeitnehmer bewusst sein musste, dass sie zur Kündigung führen,

oder


c) wenn durch das Fehlverhalten das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien so erschüttert worden ist, dass es auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden kann 


3. Was sind die Funktionen der Abmahnung?


Die Abmahnung hat 3 Funktionen:

a) Dokumentationsfunktion:

Die Abmahnung hält einen Pflichtverstoß fest. Sie ist nicht formgebunden, weshalb sie auch mündlich erteilt werden kann. Um Nachweisschwierigkeiten und Unklarheiten hinsichtlich des Inhalts von vornherein auszuschließen, wird die Abmahnung meist schriftlich erteilt und in der Personalakte abgeheftet.

b)Hinweisfunktion:

Dem Arbeitnehmer soll aufgezeigt werden, dass ein ganz bestimmtes Verhalten, das konkret in der Abmahnung bezeichnet ist, aus Sicht des Arbeitgebers einen nicht duldbaren Pflichtverstoß darstellt.

c)Warn- und Androhungsfunktion:

Durch Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen (Kündigung) wird dem Arbeitnehmer - oder dem Arbeitgeber - bedeutet, dass ein fortgesetzter bzw. wiederholter Verstoß gegen die konkret in der Abmahnung gerügten arbeitsvertraglichen Pflichten das Arbeitsverhältnis in seinem Bestand gefährdet.

4. Was muss in einer Abmahnung stehen?


Wesen der Abmahnung ist es, den Arbeitnehmer in deutlicher Form auf Leistungs- oder Verhaltensmängel hinzuweisen und zu verdeutlichen, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist.

Eine Abmahnung muss daher grundsätzlich folgende vier Bestandteile aufweisen:

-Konkrete Benennung des beanstandeten Verhaltens


-Rüge dieser Pflichtverletzung


-eindringliche Aufforderung zu künftigem vertragstreuem Verhalten


-Androhung eindeutiger arbeitsrechtlicher Konsequenzen für den Wiederholungsfall

Sind diese Merkmale nicht enthalten, liegt keine wirksame Abmahnung vor.

Zudem gilt:

Die Warnfunktion einer Abmahnung kann erheblich dadurch entwertet werden, dass der Arbeitgeber bei weiteren neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers wiederholt Abmahnungen ausspricht und dabei jeweils nur mit einer Kündigung droht, ohne die Kündigung im Wiederholungsfall tatsächlich auszusprechen.


5. Wie konkret muss eine Abmahnung sein?


Ein Abmahnschreiben darf nicht pauschal formuliert sein. Sie muss das Fehlverhalten eines Mitarbeiters konkret benennen. Der Arbeitgeber muss außerdem genau darlegen, gegen welche Vorschrift der Betroffene verstoßen hat. Allgemeine Hinweise und Floskeln reichen nicht.

6. Kann mehrfaches Abmahnen als Mobbing gewertet werden?


Berechtigte Abmahnung ist kein Mobbing: Wird ein Mitarbeiter immer wieder vom Chef abgemahnt, ist das noch kein Beweis für Mobbing. Das gilt auch dann, wenn sich einige Abmahnungen im Nachhinein als unwirksam erweisen. Der Vorwurf des Mobbings ist nur begründet, wenn sich dem Chef verwerfliche Motive für das Abmahnen nachweisen lassen.

7. Gibt es eine Ermahnung als Vorstufe zur Abmahnung?


Das Arbeitsrecht hält verschiedene Reaktionsmöglichkeiten bereit, um den Unmut über eine Vertragspartei  zum Ausdruck zu bringen. Die Ermahnung ist weniger massiv, als die Abmahnung.

Wo der Arbeitgeber deutlich werden will, in der Missbilligung eines Verhaltens des Arbeitnehmers, aber noch nicht wirklich massiv auftreten will, ist die Ermahnung, besonders in Schriftform, ein geeignetes Mittel

Schon auf Grund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist besonders bei reinen Unzufriedenheiten und unerheblichen Vertragsverstößen generell das mildere Mittel der  Ermahnung angebracht.

8. Kann man zu früh oder zu spät abmahnen?

Mit der Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber für den betreffenden Fall auf sein Kündigungsrecht. Sofern ihm nach Zugang der Abmahnung bei dem Arbeitnehmer keine neuen Tatsachen bekannt werden, kann er den Arbeitnehmer, selbst wenn die Verfehlung gravierend war, mehr nicht allein wegen des abgemahnten Sachverhalts kündigen, sondern nur noch im Wiederholungsfall, wenn der erneute Vertragsverstoß mit dem abgemahnten Verstoß gleichartig ist.

Zu spät kommt die entwertete Abmahnung: Die Abmahnung kann an Kraft verlieren, wenn sie zu lange zurückliegt: Eine Abmahnung kann durch Zeitablauf entwertet werden, wenn nach dem letzten Lapsus zu lange Zeit vergangen ist, ohne dass ein neuer passiert. Die Rechtsprechung geht hier davon aus, dass nach ca. 2 Jahren die Abmahnung für eine spätere Kündigung nicht mehr herangezogen werden kann.

9. Was kann ein abgemahnter Arbeitnehmer gegen die Abmahnung unternehmen?


Die Abmahnung beeinträchtigt den Arbeitnehmer in seinem Persönlichkeitsrecht. Er kann wie folgt auf eine Abmahnung reagieren:

-Aufforderung an den Arbeitgeber, die Abmahnung aus der Personalakte zu entfernen


-Gegenvorstellung gemäß § 83 Abs. 1 BetrVG zu der Personalakte reichen


-Beschwerde beim Betriebsrat oder auch beim Arbeitgeber wegen ungerechter Behandlung nach §§ 84, 85 BetrVG


-gar nichts zu tun, aber später bei einem eventuellen Kündigungsschutzprozess vortragen, dass die (damalige) Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei


-Klage auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte 


10. Hat man einen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung?


Der Arbeitnehmer kann bei einer unberechtigten Abmahnung verlangen, diese aus der Personalakte zu entfernen (BAG, Urteil v. 27.11.2008, 2 AZR 675/07). Das Gleiche gilt, wenn die Abmahnung durch Zeitablauf ihre Wirkung verloren hat.

Wenn in einer schriftlichen Abmahnung mehrere Pflichtverletzungen abgemahnt werden, dies aber nur für einen Teil von ihnen berechtigt ist, muss das Abmahnungsschreiben auf Verlangen des Arbeitnehmers vollständig aus der Personalakte entfernt werden und kann nicht teilweise aufrechterhalten bleiben. Der Arbeitgeber kann dann aber eine neue Abmahnung aussprechen.

Insbesondere beim Zeitablauf gilt:

Eine ursprünglich berechtigte Abmahnung kann durch Zeitablauf gegenstandslos werden. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich anschließend längere Zeit einwandfrei verhalten hat. Eine Regelfrist hierfür läßt sich nach Ansicht des BAG nicht aufstellen, sondern nur nach den Umständen des Einzelfalles beurteilen. Ist eine Abmahnung durch Zeitablauf gegenstandslos und damit für die weitere Beurteilung des Arbeitnehmers überflüssig geworden, überwiegt in der Regel das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers und sie ist aus der Personalakte zu entfernen.