Die Gewährung von Unterhaltsvorschuss

  • 28. Oktober 2017
  • Thomas Klein

Nicht selten wird Kindesunterhalt vom dem unterhaltspflichtigen Elternteil nicht gezahlt. Dann hilft der Unterhaltsvorschuss, nicht zuletzt deshalb, weil er nunmehr bis zum 18. Lebensjahr des Kindes gezahlt wird. Was muss ich hier wissen? Ein Überblick...

Unterhaltsvorschuss

Was sind die Grundlagen?

Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetzt dienen zur Deckung des Lebensunterhalts eines Kindes.

Diese Leistungen werden deshalb auf das Sozialgeld und die Sozialhilfe angerechnet. Sie sind vorrangige Sozialleistungen. Ein Anspruch auf zusätzliche Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII wird durch Unterhaltsleistungen nicht ausgeschlossen.

Minderjährigen Kindern, deren Elternteile dauerhaft getrennt lebend, verwitwet oder geschieden sind, steht Unterhalt in Höhe des gesetzlichen Mindestmaßes nach § 1612a Abs. 1 BGB zu.

Üblicherweise haben diese Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort oder Wohnsitz nur bei einem der beiden Elternteile. Dieser ist formal als alleinerziehend zu betrachten.

Kommt der andere Elternteil seiner Verpflichtung zur Unterhaltszahlung nicht nach, kann ein Anspruch auf Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz bestehen. Durch diese Form der staatlichen Sozialleistung soll der ausfallende Unterhalt ersetzt werden. Der unterhaltspflichtige Elternteil wird damit jedoch nicht aus der Verantwortung entlassen.

Was bedeutet dies?

Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber der unterhaltssäumigen Mutter oder dem Vater erlischt nicht durch die Zahlung des Unterhalts durch den Staat. Die Unterhaltsansprüche gehen durch die Zahlung in Höhe der bewilligten Unterhaltsleistung auf die zuständige Stelle über. In der Regel handelt es sich bei der zuständigen Stelle um das Jugendamt. Es fordert deshalb die entstandenen Kosten der Unterhaltsvorschuss- oder Unterhaltsausfallleistung vom unterhaltspflichtigen Elternteil zurück, sobald dieses finanziell hierzu in der Lage ist. Wenn also die Unterhaltsleistungen durch das Jugendamt übernommen werden, führt das nicht zu einer Befreiung des unterhaltspflichtigen Elternteils.

Wer kümmert sich darum?

Um diese komplizierte Form der Bedarfssicherung von Kindern und alleinerziehenden Elternteilen zu vereinfachen, stehen dem Jugendamt viele Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung. Beispielsweise können sog. "Beistandschaften" beantragt werden, um mit Unterstützung des Jugendamtes die Ansprüche von bedürftigen Kindern gegenüber ihren unterhaltssäumigen Elternteilen zu sichern und durchzusetzen.

Soweit der Bedarf eines Kindes in Form von Leistungen nach dem SGB VIII gedeckt ist, besteht kein Anspruch auf Unterhaltsleistung.

 
Was sind die zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen?


Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ist engen zeitlichen und sachlichen Grenzen unterworfen. Um diese Leistung zu erhalten, ist ein hohes Maß an Kooperation mit dem Jugendamt erforderlich. Änderungen der unmittelbaren persönlichen Verhältnisse müssen sofort mitgeteilt werden. Die notwendigen Informationen müssen dem Jugendamt zügig zugeliefert werden. Wird den umfangreichen Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht rechtzeitig nachgekommen, ist der Anspruch auf Unterhaltsleistung verwirkt. Die erhaltenen Beträge sind in diesem Fall zurückzuzahlen.

Unterhaltsvorschuss wird prinzipiell nur auf schriftlichen Antrag gewährt. Die Leistung wird nach der Bewilligung kalendermonatlich im Voraus gezahlt. Zuständig für die Gewährung sind die durch Landesrecht bestimmten Stellen der Städte und Landkreise in denen der Berechtigte seinen Wohnsitz hat.

In der Regel handelt es sich dabei um die Jugendämter.

Unterhaltsvorschuss kann auch rückwirkend gezahlt werden, höchstens jedoch bis zu dem Monat vor Eingang des Antrags bei der Unterhaltsvorschussstelle.Allerdings müssen dafür die gesetzlichen Voraussetzungen auch zu diesem Zeitpunkt erfüllt gewesen sein. Der Berechtigte muss darüber hinaus vorab zumutbare Bemühungen unternommen haben, um den anderen unterhaltspflichtigen Elternteil zu Unterhaltszahlungen zu veranlassen.
 
Anspruchsberechtigt ist jedes Kind, das

-das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat,
-im Geltungsbereich des Unterhaltsvorschussgesetzes bei Mutter oder Vater lebt, der Elternteil ledig, verwitwet, geschieden oder vom Ehe- oder Lebenspartner dauernd getrennt lebend ist und
-nicht oder nicht regelmäßig Unterhaltszahlungen oder Waisenbezüge in Höhe des gesetzlichen Mindestunterhalts gemäß § 1612a Abs. 1 BGB erhält.


Nach Vollendung des 12. Lebensjahres besteht bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres ebenfalls Anspruch auf Unterhaltsleistung, wenn

-das Kind keine Leistungen nach dem SGB II – also Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld – bezieht

- oder durch die Zahlung der Unterhaltsleistung die Hilfebedürftigkeit des Kindes nach dem SGB II vermieden werden kann

-oder der Elternteil, bei dem das Kind lebt, über ein Bruttoeinkommen von mindestens 600 EUR verfügt (das Kindergeld bleibt dabei außer Betracht).
Das Jugendamt prüft das Vorliegen dieser besonderen Voraussetzungen anhand des aktuellen Bescheids über Leistungen nach dem SGB II.

Seit 1.7.2017 ist der Anspruch eines Kindes auf Unterhaltsleistung bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres nicht mehr zeitlich beschränkt. Die frühere Beschränkung auf 72 Monate wurde aufgehoben. Außerdem besteht auch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres bei Erfüllung weiterer Voraussetzungen ein Anspruch auf Unterhaltsleistung.

Auch ausländischen Kindern können Unterhaltsleistungen gezahlt werden, sofern diese einen gesicherten Aufenthaltsstatus besitzen oder Staatsangehörige eines Mitgliedslandes der Europäischen Union sind.

Damit sind lediglich geduldete Ausländer und deren Elternteile vom Anspruch ausgenommen.

Wie hoch ist der Unterhaltsvorschuss?


Die Unterhaltsleistung richtet sich nach dem gem. § 1612a BGB zustehenden gesetzlichen Mindestunterhalt des jeweiligen Anspruchsberechtigten. Dieser bezieht sich wiederum auf den jeweils gültigen Kinderfreibetrag. Die individuelle Höhe der Unterhaltsleistung ist deshalb vor allem vom Alter des betreffenden Kindes abhängig. Vom gesetzlichen Unterhaltsbetrag ist jedoch das für den alleinerziehenden Elternteil zugunsten des Kindes erhaltene Kindergeld (in Höhe des Betrags für das erste Kind) abzuziehen. Dieses wurde zum 1.1.2017 auf 192 EUR erhöht.

Abzüglich des Kindergeldbetrages in Höhe von 192 EUR vom gesetzlichen Mindestunterhalt, entspricht der Unterhaltsvorschuss seit dem 1.1.2017 für Kinder

-bis zum vollendeten 5. Lebensjahr einem Betrag in Höhe von 150 EUR,
-vom 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr einem Betrag in Höhe von 201 EUR und
-vom 12. bis zum vollendeten 18. Lebensjahr (ab 1.7.2017) 268 EUR.


Von den genannten Unterhaltsvorschussbeträgen werden außerdem Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils oder die Waisenbezüge, die das Kind nach dem Tod eines Eltern- oder Stiefelternteils erhält, abgezogen.

Solange das Kind eine allgemeinbildende Schule besucht, sind die sonstigen Einkünfte des Kindes und das Einkommen des alleinerziehenden Elternteils nicht anzurechnen. Der verbleibende Auszahlungsbetrag wird auf volle Euro aufgerundet. Beträge unter 5 EUR werden nicht ausgezahlt.

 

Bei anspruchsberechtigten Kindern, die keine allgemeinbildende Schule mehr besuchen, mindert sich die Unterhaltsleistung um das erzielte Einkommen, z. B. aus einer Ausbildungsvergütung oder einer geringfügigen Beschäftigung. Vor der Anrechnung wird von diesem Einkommen ein Zwölftel des steuerlichen Arbeitnehmer-Pauschbetrages (zzt. 83,33 EUR) sowie ein Freibetrag von 100 EUR abgezogen.

Die zuständige Stelle entscheidet über den Antrag durch Bescheid. Gegen diesen Bescheid ist der Widerspruch zulässig. Im Fall der Klage wäre das Verwaltungsgericht zuständig.
 
Wann ist der Anspruch nicht gegeben?


Der Anspruch auf Unterhaltsvorschuss ist insbesondere dann ausgeschlossen, wenn sich der Berechtigte weigert, seinen gesetzlichen Mitwirkungspflichten nachzukommen. In diesem Fall ist es dem Jugendamt schwer möglich, die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen oder sich die Auslagen vom pflichtigen Elternteil ersetzen zu lassen. Daher ist in § 6 UhVorschG eine besonders umfassende Mitwirkungs- und Auskunftspflicht für Antragsteller aufgenommen worden. Hiernach ist der Elternteil bei dem der Berechtigte lebt, verpflichtet, die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung des UhVorschG erforderlich sind.


Was ist, wenn das Jugendamt geleistet hat?

Das Jugendamt tritt lediglich in Vorleistung für nicht oder nicht vollständig erhaltene Unterhaltsleistungen. Deshalb geht der vorhandene Anspruch des Berechtigten kraft Gesetzes auf das Jugendamt über. Aber nur bis zur Höhe der geleisteten Vorschussleistung. Der unterhaltsrechtliche Auskunftsanspruch geht zusammen mit dem Unterhaltsanspruch über.

Das verwaltungsinterne Haushaltsrecht muss nach der Übertragung des Anspruchs eingehalten werden. Bei der Beitreibung einer bestehenden Forderung werden die länderspezifischen Regelungen berücksichtigt. Nur in seltenen Fällen kommt beispielsweise die Stundung oder der Erlass einer Forderung in Betracht.

Muss die Unterhaltsleistung voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werden, kann das Land den Unterhaltsanspruch nicht nur rückwirkend, sondern auch für die Zukunft geltend machen. Zur Vereinfachung des Verrfahrens ist es dabei auch möglich, dass das Land den gesetzlich übergegangenen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit dem Unterhaltsberechitgten auf diesen zur gerichtlichen Geltendmachung zurücküberträgt. In diesem Fall kann dann ein Gerichtsverfahren zur Geltendmachung des gesamten Unterhaltsanspruches betrieben werden. Das Land lässt sich den rückübertragenen Anspruch in diesem Fall abtreten. Die Kosten, die in diesem Zusammenhang zusätzlich entstehen, übernimmt das Land.