Scheidung und Erbrecht

  • 31. Oktober 2017
  • Thomas Klein

Was gilt eigentlich bei Trennung und Scheidung beim Erbrecht? Ein Überblick...

Scheidung und Erbrecht

Was steht hierzu im Gesetzt und wie ist die Erbfolge geregelt?

Hat ein verheirateter Erblasser keine letztwillige Verfügung errichtet, wird er von seinem Ehepartner und den Kindern beerbt.

Die §§ 1922 ff. BGB regeln die Rechtsnachfolge in das Vermögen des Erblassers, wobei das Erbrecht auf dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge beruht.

Für Eheleute hängt die Erbquote gemäß der Vorschrift des § 1931 BGB in erster Linie vom ehelichen Güterstand ab, bei Gütertrennung auch von der Zahl der Kinder:

Hier gilt folgendes:

Ehegattenerbteil

Güterstand:

1. Zugewinngemeinschaft
¼ + ¼ = ½ neben 1 Kind
¼ + ¼ = ½ neben 2 Kindern
¼ + ¼ = ½ bei mehr als 2 Kindern


2. Gütertrennung


½ neben 1 Kind
1/3 neben 2 Kindern
¼ bei mehr als 2 Kindern


3. Gütergemeinschaft


¼ neben 1 Kind
¼ neben 2 Kindern
¼ bei mehr als 2 Kindern
 
Im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhält der überlebende Ehegatte neben den Verwandten der ersten Ordnung ein Viertel als gesetzlichen Erbteil gem. § 1931 Abs. 1 BGB und ein weiteres Viertel aus § 1371 Abs. 1, § 1931 Abs. 3 BGB.

Im Gegensatz dazu bestimmt sich die Höhe des Erbteils im Wahlgüterstand der Gütertrennung gem. § 1931 Abs. 4 BGB nach der Zahl der miterbenden Kinder. Voraussetzung ist, dass die Kinder als gesetzliche Erben berufen sind. Hat ein Kind die Erbschaft ausgeschlagen oder ist es durch Erbverzicht, Erbunwürdigkeit oder vorzeitigen Erbausgleich als gesetzlicher Erbe weggefallen, wird es für die Berechnung des Erbteils nicht mitgezählt.

Gemäß § 1931 Abs. 4 i.V.m. § 1924 Abs. 3 BGB treten an die Stelle eines vorverstorbenen Kindes dessen Abkömmlinge.

Im Güterstand der Gütergemeinschaft (§§ 1415 ff. BGB) bleibt es dagegen bei der Grundregel des § 1931 Abs. 1 BGB, wonach der Ehegatte ein Viertel des Nachlasses erhält. Zu beachten ist aber, dass bei der Gütergemeinschaft verschiedene Vermögensmassen bestehen. Am Gesamtgut sind beide Ehegatten wirtschaftlich zur Hälfte beteiligt, während das Sonder- und Vorbehaltsgut des Verstorbenen diesem allein zustand.
 
Was gilt bei kinderlosen Ehegatten?


Bei kinderlosen Erblassern beträgt die Erbquote des überlebenden Ehegatten gem. § 1931 Abs. 1 BGB zunächst ½. Lebten die Ehegatten zum Zeitpunkt des Erbfalls im gesetzlichen Güterstand, erhöht sich dieser Erbteil gem. § 1931 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1371 Abs. 1 BGB um ¼. Der restliche Nachlass fällt gem. § 1925 BGB an die Eltern des Erblassers bzw. im Fall des Vorversterbens an deren Abkömmlinge. Gemäß § 1925 Abs. 2 BGB erben die Eltern allein und zu gleichen Teilen. Es ist nicht erforderlich, dass sie in einer gültigen Ehe leben oder gelebt haben.

Sind Erben zweiter Ordnung nicht vorhanden, fällt der restliche Nachlass den Großeltern zu. Bei Vorversterben von Großelternteilen würden deren Erbteile gem. § 1926 BGB deren Abkömmlingen zufallen. Von dieser Regelung weicht der § 1931 Abs. 1 Satz 2 BGB zugunsten des Ehepartners des Erblassers ab: Dieser erhält auch die Anteile, die nach § 1926 BGB den Abkömmlingen der Großeltern zufallen würden.

Nach § 1931 Abs. 2 BGB können weiter entfernte Verwandte als Großeltern nicht gesetzliche Erben werden. In einem solchen Fall erbt der überlebende Ehegatte allein.
 
Gibt es ein Wahlrecht bei Ehegatten in der Zugewinngemeinschaft?

Ja, denn hier gilt:


Leben die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB), hat der überlebende Ehegatte folgende Wahlmöglichkeit:

Gemäß § 1931 Abs. 1 BGB beträgt die Erbquote des Ehegatten neben Verwandten der ersten Ordnung ¼ bzw. neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern ½ des Nachlasses. Zur Berücksichtigung eines während der Ehe erzielten Zugewinns des Verstorbenen zugunsten des überlebenden Ehegatten wird dieser gesetzliche Erbteil gem. § 1931 Abs. 3, § 1371 Abs. 1 BGB pauschal um ¼ erhöht ("erbrechtliche Lösung"). Damit soll sichergestellt werden, dass ein während der Ehezeit erzielter Zugewinn auch im Todesfall des Partners dem überlebenden Ehegatten zufällt. Diese pauschale Regelung gilt auch dann, wenn ein solcher Vermögenszuwachs während der Ehezeit überhaupt nicht erzielt worden ist.
Alternativ dazu gibt § 1371 Abs. 3 BGB dem überlebenden Ehegatten die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen und stattdessen zwei Forderungen gegen die Erben des verstorbenen Ehepartners zu erheben: Er kann gem. § 1371 Abs. 3 BGB i.V.m. § 2303 Abs. 2 BGB seinen so genannten "kleinen Pflichtteil" fordern (Pflichtteilsquote: 1/8) und außerdem kann er den konkret berechneten Zugewinnausgleich (wie im Fall der Scheidung) gem. § 1378 BGB geltend machen ("güterrechtliche Lösung").

Was ist der Voraus des Ehegatten und wo steht das?


Gemäß § 1932 BGB steht dem überlebenden Ehegatten – güterstandsunabhängig – neben seinem gesetzlichen Erbteil der so genannte "Voraus" zu. Dieser ist als gesetzliches Vermächtnis ausgestaltet. Er umfasst die Haushaltsgegenstände (i.S.d. §§ 1361a, 1369 BGB), soweit diese nicht Zubehör eines Grundstücks sind, und die Hochzeitsgeschenke.

Der Begriff der Haushaltsgegenstände ist weit zu verstehen. Umfasst werden alle Sachen, die im Hinblick auf die gemeinsame Lebensführung in den räumlich gegenständlichen Lebensbereich beider Eheleute einbezogen sind. Auszunehmen sind die Gegenstände, die nach der Verkehrsauffassung dem persönlichen Bereich nur eines Gatten zuzuordnen sind.

Der Ehegatte hat eine schuldrechtliche Forderung gegen die Erbengemeinschaft auf Übertragung der zum Voraus zählenden Gegenstände gem. § 1932 Abs. 2 i.V.m. § 2174 BGB. Aus §§ 2176, 2180 BGB folgt, dass der Ehegatte den Voraus allein ausschlagen kann, während er die Erbschaft annimmt. Der Anspruch auf den Voraus ist eine Nachlassverbindlichkeit, die vorweg i.S.d. § 2046 Abs. 1 BGB zu berichtigen ist.

Neben Verwandten der zweiten Ordnung und neben Großeltern fallen diese Gegenstände dem überlebenden Ehepartner allein zu ("großer Voraus"), § 1932 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Neben Abkömmlingen des Erblassers umfasst der Voraus diese Gegenstände nur, soweit der überlebende Ehegatte diese Gegenstände zur Führung eines angemessenen Haushaltes benötigt ("kleiner Voraus"), § 1932 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dabei ist auf den Zeitpunkt des Erbfalls abzustellen.

Das Recht auf den Voraus steht auch dem überlebenden Lebenspartner zu, der mit dem Erblasser in eingetragener Lebenspartnerschaft gelebt hat (§ 10 Abs. 1 Satz 3 LPartG).

Der Anspruch auf den Voraus ist vererblich.


Gibt es einen Pflichtteil des Ehegatten?


Ist ein Ehegatte, der mit dem Erblasser in Zugewinngemeinschaft gelebt hat, weder Erbe geworden  noch mit einem Vermächtnis bedacht, kann er gem. § 1371 Abs. 2 BGB nur den "kleinen Pflichtteil" verlangen. Die Quote errechnet sich durch Halbierung des nicht erhöhten gesetzlichen Erbteils (§ 1931 Abs. 1 und Abs. 2 BGB), denn § 2303 Abs. 2 Satz 2 BGB lässt die Reglung des § 1371 BGB unberührt.

Gleiches gilt gem. § 1371 Abs. 3 BGB wenn der Ehegatte seine Erbenstellung ausschlägt, sofern er nicht zuvor auf sein gesetzliches Erbrecht oder Pflichtteilsrecht verzichtet hat.

Neben dem kleinen Pflichtteil hat der überlebende Ehegatte gem. § 1371 Abs. 2 BGB außerdem einen Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns. Dieser richtet sich nach den allgemeinen güterrechtlichen Vorschriften (§§ 1373 ff. BGB).

 
Was gilt bei Trennung und Scheidung?
 
1. Getrenntleben


Die bloße Trennung der Eheleute oder die Zerrüttung einer Ehe hat auf das Erb- und Pflichtteilsrecht der Partner noch keine Auswirkungen.


2. Rechtskräftige Scheidung
 
Im Scheidungsrecht gilt das Zerrüttungsprinzip, wonach das Scheitern der Ehe der einzige Scheidungsgrund ist. § 1565 Abs. 1 BGB definiert den Grundtatbestand, nach dem eine Ehe geschieden werden kann. Danach ist die Ehe gescheitert, wenn zum einen die Lebensgemeinschaft der Ehegatten nicht mehr besteht (Diagnose) und zum anderen nicht erwartet werden kann, dass die Ehegatten sie wieder herstellen werden (Prognose).

Dabei ist das Scheitern der Ehe nach den subjektiven Vorstellungen der Ehegatten bezüglich ihrer konkreten Lebensgemeinschaft festzustellen.

Die Scheidung setzt regelmäßig voraus, dass die Ehegatten mindestens ein Jahr getrennt leben, § 1565 Abs. 2 BGB. Der Beginn und der Ablauf des Trennungsjahres bestimmen sich nach § 1567 BGB.

Eine frühere Scheidung wird von besonderen Umständen abhängig macht (Härtefall).

Zur Diagnose muss die Prognose des Richters hinzutreten, dass die Ehegatten die Lebensgemeinschaft nicht wieder herstellen werden.

Nach § 1566 Abs. 1 BGB ist ein Scheitern der Ehe zu vermuten, wenn die Eheleute seit einem Jahr getrennt leben und beide die Scheidung wollen (einvernehmliche Scheidung).

Bei dreijährigem Getrenntleben wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, § 1566 Abs. 2 BGB.

Ebenso lässt sich beim übereinstimmenden Begehren der Scheidung durch die Ehegatten kaum eine positive Prognose für die Ehe feststellen.

Die Prognose kann auch allgemein dadurch erleichtert werden, dass weitere Umstände vorgetragen werden, die der Erwartung einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft entgegenstehen. Als Indizes zählen unter anderem die Errichtung einer neuen Lebensgemeinschaft, das Ende der sexuellen Beziehungen, Ehebruch und grobes eheunfreundliches Verhalten.

Die Scheidung kann nur durch ein Gerichtsverfahren erfolgen.
 
Mit Rechtskraft der Ehescheidung (§ 1564 BGB) entfallen das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten, sein Pflichtteilsrecht und das Recht auf den "Voraus".

Bestehen bleibt der Anspruch auf den güterrechtlichen Zugewinnausgleich (§ 1371 Abs. 2 BGB).

Der Unterhaltsanspruch (§§ 1569 ff. BGB) wird zur Nachlassverbindlichkeit und richtet sich nun gegen die Erben; diese haften jedoch nur bis zur Höhe des fiktiven güterstandunabhängigen Ehegattenpflichtteils (§ 1586b Abs. 1 Satz 3 BGB). Der Unterhaltsanspruch ist eine Erblasserschuld i.S.v. § 1967 Abs. 2 Alt. 1 BGB. Aus diesem Grund gelten die §§ 1967 ff., 2058 ff. BGB.

Jedoch kann mit dem Tod des Verpflichteten eine Änderung der Berechtigung des Unterhaltsbedürftigen (§ 1577 BGB) eintreten. So kann durch die Zahlung einer Geschiedenenwitwenrente nach § 46 Abs. 3 SGB VI oder einer Geschiedenenhinterbliebenenversorgung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 66 SGB VII oder auch durch Leistungen aus einer Lebensversicherung die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten vermindert werden.


Bei Tod eines Ehegatten während eines laufenden Scheidungsverfahrens verliert der überlebende Ehegatte sein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach § 1933 BGB unter folgenden Voraussetzungen:

-wenn zur Zeit des Erbfalls die materiellen Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und
der Erblasser selbst die Scheidung beantragt hat oder


-dem Scheidungsantrag des länger lebenden Ehegatten zugestimmt hat.


Der Verlust des Ehegattenerbrechts tritt gem. § 1933 Satz 2 BGB auch dann ein, wenn der Erblasser berechtigt war, einen Antrag auf Eheaufhebung (§§ 1313 ff. BGB) zu stellen und einen solchen Antrag gestellt hat.

Betreiben beide Ehegatten die Scheidung, verlieren beide ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte. Stellt jedoch nur einer der Ehegatten Scheidungsantrag und verhält sich der andere passiv oder widerspricht der Scheidung, so verliert nur der Scheidungsunwillige seine gesetzlichen Erbrechte, nicht aber der Ehegatte, der das Scheidungsverfahren betreibt.

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