Berliner Testament

  • 09. November 2017
  • Thomas Klein

Oft ist davon die Rede. Vom sog. Berliner Testament. Aber was ist das eigentlich? Ein Überblick...

Berliner Testament

Das Berliner Testament wird von Eheleuten häufig gewählt, um ihre Erbfolge zu regeln. Hierbei setzen sie sich gegenseitig zum Alleinerben ein und bestimmen, dass eine Dritte Person Schlusserbe sein soll.

Erbschaftsteuerlich ist das Berliner Testament bei kleineren Vermögen unproblematisch, insbesondere wenn das Vermögen sich innerhalb der Freibeträge bewegt. Diese sind durch die Erbschaftsteuerreform ab 2009 insbesondere in der Steuerklasse I bedeutend angehoben worden.

Anders sieht das dagegen bei mittleren oder großen Vermögen aus.

Hier ist das Berliner Testament nicht in allen Fällen empfehlenswert. Enthält das Vermögen ein Familienheim, was häufig der Fall sein wird, so kann dieses seit 2009 unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei an den überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner bzw. die Kinder sowie Kinder verstorbener Kinder vererbt werden.

Haben die Ehegatten aber vom Berliner Testament davon Gebrauch gemacht, so muss nach entsprechenden Gestaltungsstrategien Ausschau gehalten werden, um die erbschaftsteuerliche Belastung so niedrig wie möglich zu halten.

Wo ist dies geregelt?


Das gemeinschaftliche Testament ist in den §§ 2265-2273 BGB geregelt. Der überlebende Ehegatte, der beim Berliner Testament als Vollerbe anzusehen ist, hat den gesamten Vermögensanfall vom erstversterbenden Ehegatten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG zu versteuern.

§ 15 Abs. 3 ErbStG sieht für den Schlusserben eine Begünstigung vor. Verwaltungsanweisungen finden sich in H E 15.1 ErbStH 2011, R E 15.3 ErbStR 2011 und in R E 6 ErbStR 2011.
 
Welche Formen gibt es hierbei?
 
Grundsätzlich hat jeder Ehegatte oder der eingetragene Lebenspartnerschaft die Möglichkeit, einseitig zu testieren. Dieses Testament ist dann auch wieder jederzeit frei widerruflich (§ 2253 BGB). Der Widerruf erfolgt ebenfalls durch Testament (§ 2254 BGB)

Bei einem gemeinschaftlichen Testament erklären mehrere Erblasser gemeinschaftlich ihren letzten Willen. Gleichwohl verfügt jeder Testierende nur einseitig für den Fall seines Todes.

Die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments ist nur Ehegatten (§ 2265 BGB) und den eingetragenen Lebenspartnerschaften möglich (§ 10 Abs. 4 LPartG). In einem solchen Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein.

Dagegen können weder Verlobte. Geschwister noch Lebensabschnittsgefährten ein gemeinschaftliches Testament errichten.

Ein gemeinschaftliches Testament kann als öffentliches Testament, d. h. vor dem Notar, wie auch als eigenhändiges Testament errichtet werden. Handelt es sich um ein eigenhändiges Testament, dann ist es ausreichend, wenn einer der Ehegatten das Testament in der nach § 2247 BGB vorgeschriebenen Form errichtet und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig unterzeichnet (§ 2267 BGB).

 

Mit einem gemeinschaftlichen Testament gehen die Ehegatten eine Bindung ein, sofern dies von ihnen gewollt ist (§ 2270 BGB). Das Gesetz spricht hier von wechselbezüglichen Verfügungen. Als solche Verfügungen kommen nur die Erbeinsetzung, Vermächtnisse und Auflagen in Betracht (§ 2270 Abs. 3 BGB). Will ein Ehegatte zu Lebzeiten beider Ehegatten seine letztwillige Verfügung widerrufen, so ist dies nach § 2271 Abs. 1 BGB nur durch eine notarielle Widerrufserklärung gegenüber dem anderen Ehegatten möglich. Nach dem Tode des einen Ehegatten ist für den überlebenden Ehegatten ein Widerruf nicht mehr möglich (§ 2271 Abs. 1 BGB). Zu Lebzeiten kann der überlebende Ehegatte jedoch über sein Vermögen verfügen.

Was ist das besondere beim sog. Berliner Testament?

Das Berliner Testament ist eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments.

Häufig setzen sich die Ehegatten durch gemeinschaftliches Testament gegenseitig zu Erben ein und bestimmen, dass nach dem Tode des überlebenden Ehegatten der beiderseitige Nachlass an einen Dritten (Schlusserben) fallen soll (§ 2269 BGB). In der Regel dürfte von den Ehegatten gewollt sein, dass der Nachlass an die gemeinsamen Kinder als Schlusserben fällt. Diese Regelung kann aber auch durch den Erbvertrag erreicht werden.

Gibt es beim Berliner Testament Nachteile?

Als zivilrechtlicher Nachteil eines Berliner Testaments muss beachtet werden, dass es hierdurch zu einer Verdoppelung der Pflichtteilsrechte kommt.


Zu unterscheiden sind hier das Einheitsprinzip und das Trennungsprinzip.

a) Einheitsprinzip

Ist von den Ehegatten das Einheitsprinzip gewollt, dann setzen sich die Ehegatten gegenseitig zum alleinigen Vollerben ein und die Abkömmlinge zum Schlusserben. Damit erben die Abkömmlinge beim Tod eines Ehegatten zunächst nichts. Dennoch haben sie, da sie im Verhältnis zum Erstversterbenden enterbt worden sind, einen Pflichtteilsanspruch in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 BGB). Aus erbschaftsteuerlicher Sicht kann es sich anbieten, dass im Einvernehmen mit dem überlebenden Ehegatten die Pflichtteile geltend gemacht werden.

Das Vermögen des verstorbenen Ehegatten und das Vermögen des überlebenden Ehegatten vereinigen sich zu einem einheitlichen Vermögen. Das Gleiche gilt naturgemäß auch für eingetragene Lebenspartner.


b) Trennungsprinzip

Beim Trennungsprinzip wird der überlebende Ehegatte nicht Vollerbe, sondern nur Vorerbe des erstversterbenden Ehegatten. Dagegen wird der Schlusserbe (in der Regel die gemeinsamen Abkömmlinge) Nacherbe des erstversterbenden Ehegatten.

Verstirbt zu einem späteren Zeitpunkt auch der überlebende Ehegatte, dann erhält der Schlusserbe zwei Vermögen. Zum einen den Nachlass des erstverstorbenen Ehegatten als Nacherben und des Weiteren den Nachlass des letztverstorbenen Ehegatten, von diesem aber als Vollerbe.

Da der Schlusserbe hier nicht enterbt ist, kann er seinen Pflichtteilsanspruch nur dann geltend machen, wenn er die Nacherbschaft ausschlägt (§ 2306 Abs. 2 BGB)

Die Ausschlagungsfrist tritt hierbei nicht vor dem Eintritt des Nacherbfalls ein (§ 1944 Abs. 2 BGB i. V. m. § 2139 BGB).


Im Gegensatz zum Einheitsprinzip kommt es beim überlebenden Ehegatten nicht zur Vereinigung des eigenen Vermögens mit dem des erstversterbenden Ehegatten. Vielmehr bleiben beide Vermögensmassen getrennt.

Der Nachteil besteht hier darin, dass der überlebende Ehegatte nicht frei über den Nachlass verfügen kann. Auch diese Ausführungen gelten für den eingetragenen Lebenspartner.

 

Was ist mir der sog. Wiederverheiratungsklausel? 
 

Häufig nehmen die Ehegatten eine sog. Wiederverheiratungsklausel in ihr gemeinschaftliches Testament auf.

Diese sieht vor, dass im Fall der Wiederverheiratung der Nachlass des Erstversterbenden sofort an die gemeinsamen Abkömmlinge fallen soll oder dass sich der überlebende Ehegatte mit den gemeinsamen Abkömmlingen bzw. mit anderen Verwandten nach den Grundsätzen der gesetzlichen Erbfolge auseinander zu setzen hat. Mit einer solchen Wiederverheiratungsklausel wird verhindert, dass das Vermögen des erstverstorbenen Ehegatten an den neuen Ehemann oder den aus dieser Ehe hervorgehenden Kindern gelangt.

 

Gibt es auch eine Pflichtteilsstrafklausel?

Wie oben schon ausgeführt, sind die Kinder beim Berliner Testament hinsichtlich des erstversterbenden Ehegatten enterbt.

Daher haben diese gemäß § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB einen Pflichtteilsanspruch, der in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils besteht (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Von den Ehegatten wird es in der Regel nicht gewollt sein, dass die Kinder beim Tod des erstversterbenden Ehegatten ihren Pflichtteil einfordern und somit den überlebenden Ehegatten wirtschaftlich belasten.

Aus diesem Grunde werden von den Ehegatten vielfach sog. Pflichtteilsstrafklauseln in ihr Berliner Testament aufgenommen. Mit deren Hilfe sollen die Kinder von der Geltendmachung ihres Pflichtteils abgehalten werden.

Diese Pflichtteilsstrafklauseln besagen, dass wenn ein Kind beim Tod des erstversterbenden Ehegatten den Pflichtteil verlangt, soll dieses (und in der Regel sein gesamter Stamm) auch beim Tod des überlebenden Ehegatten nur den Pflichtteil erhalten.

Nachteilig erweist sich hier, dass der Pflichtteilsfordernde zweimalig am Nachlass des Erstversterbenden partizipiert. Denn sofern noch Vermögen des erstverstorbenen Ehegatten beim Tod des überlebenden Ehegatten vorhanden ist, gehört dieses nun zum Nachlass des Letztversterbenden und ist damit auch Bemessungsgrundlage für den zweiten Pflichtteil.
 

Was ist bei der Erbschaftssteuer zu beachten?


Haben sich Ehegatten oder auch eingetragene Lebenspartner für ein Berliner Testament entschieden, dann sieht die Besteuerung wie folgt aus:

Der überlebende Ehegatte, der beim Berliner Testament als Vollerbe anzusehen ist, hat den gesamten Vermögensanfall vom erstversterbenden Ehegatten nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (aufgrund Erbanfall) zu versteuern. Für die Schlusserben tritt beim Tod des Erstversterbenden noch keine erbschaftsteuerliche Belastung ein.

Gibt es denn dort auch Nachteile?

Nachteilig erweist sich das Berliner Testament zum einen dadurch, dass die persönlichen Freibeträge im Verhältnis zwischen dem Letztversterbenden und den Schlusserben nicht zur Geltung kommen, da Letztere durch die gegenseitige Alleinerbeneinsetzung der Ehegatten enterbt sind. Des Weiteren ist es möglich, dass sich ein Progressionsnachteil ergibt.

Wurde ein Vermächtnis ausgesetzt, welches aber erst beim Tod des Beschwerten fällig wird, dann ist dieses den Nacherbschaften gleichgestellt (§ 6 Abs. 4 ErbStG). Das bedeutet, dass die Schlusserben das Vermächtnis als Erwerb vom überlebenden Ehegatten zu versteuern haben. Infolgedessen ist weder beim Tod des erstversterbenden Ehegatten noch beim Tod des letztversterbenden Ehegatten eine Vermächtnislast gegeben, die als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abgezogen werden kann (R E 6 ErbStR 2011). Das Gleiche gilt für eine Jastrowsche Klausel (R E 6 Satz 5 ErbStR 2011).