Realsplitting

  • 02. Januar 2018
  • Thomas Klein

Oft hört man davon, selten wird es erklärt. Unterhaltsleistungen von der Steuer absetzen...ein Überblick...

Realsplitting


 Was ist Realsplitting?
 
 
Realsplitting bezeichnet die Möglichkeit, Unterhaltszahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis zu einem Höchstbetrag von 13.805 EUR als Sonderausgaben abzusetzen.

Dieser Betrag erhöht sich um den Betrag, der für die Absicherung der Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung des dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten tatsächlich aufgewendet wurde. Der Unterhaltsempfänger hat im Gegenzug die Unterhaltszahlungen als sonstige Einkünfte zu versteuern. Für Lebenspartnerschaften gilt Entsprechendes (§ 2 Abs. 8 EStG).

Unterhaltszahlungen in sonstigen Fällen sind bis zum Höchstbetrag von 8.820 EUR (ab 2018: 9.000 EUR) im Kalenderjahr als außergewöhnliche Belastung abziehbar (§ 33a Abs. 1 EStG). 

 

Wo ist dies geregelt?
 
Gesetzliche Grundlage für das Realsplitting ist § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG bzw. § 22 Nr. 1a EStG. Einzelfragen klärt die Verwaltung in H 10.2 EStH unter Verweis auf die einschlägige BFH-Rechtsprechung.

Was sind die Voraussetzungen?


Voraussetzung für das Realsplitting sind der Antrag des Unterhaltsleistenden und die Zustimmung des Unterhaltsempfängers.

Die Einräumung des Wahlrechts zwischen Sonderausgabenabzug und außergewöhnlicher Belastung sowie die Verknüpfung von Antrag und Zustimmung beruhen auf der Absicht, dem i. d. R. wirtschaftlich schwächeren und deshalb schutzbedürftigeren Unterhaltsempfänger eine möglichst starke Position bei der Auseinandersetzung der geschiedenen Ehegatten darüber einzuräumen, wie der mit dem Realsplitting regelmäßig verbundene steuerliche Vorteil zwischen Unterhaltsleistendem und Unterhaltsempfänger aufgeteilt werden soll.

Der Sonderausgabenabzug gilt für Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten. Auch Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft können das Realsplitting beanspruchen.

Der Unterhaltsempfänger darf seine Zustimmung zum Realsplitting zivilrechtlich davon abhängig machen, dass der Unterhaltsleistende die beim Empfänger eintretenden Nachteile, wie z. B. die Einkommen­steuer(mehr)belastung oder den etwaigen Verlust von staatlichen Förderleistungen (Wohnungsbauprämie, Arbeitnehmer-Sparzulage für vermögenswirksame Leistungen, Wohngeld, BAföG usw.), ausgleicht.

Hat der unterhaltsberechtigte frühere Ehegatte dem Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Durchführung des steuerlichen Realsplittings zugestimmt und hat er für denselben Veranlagungszeitraum mit einem neuen Ehegatten die Zusammenveranlagung gewählt, kann er von dem Unterhaltspflichtigen höchstens den Ausgleich des steuerlichen Nachteils verlangen, der ihm bei Einzelveranlagung durch die Besteuerung der Unterhaltsbezüge entstanden wäre. Das gilt auch dann, wenn die Unterhaltszahlungen nicht zeitgerecht, sondern verspätet geleistet worden sind.

Die Vorschriften zum Realsplitting gelten ebenfalls in den Fällen, in denen eine Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt wird.

Ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG kommt für Unterhaltszahlungen gem. § 1615l BGB allerdings nicht in Betracht.

Eine steuerliche Entlastung kann nur im Rahmen des Abzugs als außergewöhnliche Belastung gem. § 33a EStG erreicht werden.

Seit 2016 setzt der Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG die Angabe der Identifikationsnummer der unterhaltenen Person in der Steuererklärung des Unterhaltsleistenden voraus, wenn die unterhaltene Person der unbeschränkten oder beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Die unterhaltene Person ist für diese Zwecke verpflichtet, dem Unterhaltsleistenden ihre Identifikationsnummer mitzuteilen. Kommt die unterhaltene Person dieser Verpflichtung nicht nach, ist der Unterhaltsleistende berechtigt, bei der für ihn zuständigen Finanzbehörde die Identifikationsnummer der unterhaltenen Person zu erfragen.

Wieviel kann pro Jahr abgezogen werden?


Abziehbar sind Aufwendungen bis zu 13.805 EUR im Kalenderjahr, die zum Zwecke des Unterhalts des geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten gemacht werden, zuzüglich des Betrags der für die Absicherung der Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung des dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten tatsächlich aufgewendet wurde. Abzugsfähige Unterhaltsleistungen sind auch die Zahlungen an den früheren Ehepartner, wenn die Ehe für nichtig erklärt oder aufgehoben wurde. Der Begriff "Aufwendungen" wird i. S. v. Ausgaben verstanden; dabei handelt es sich um alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und beim Steuerpflichtigen abfließen. Entgangene Einnahmen sind grundsätzlich keine Aufwendungen.

 

Zahlungen an ein gemeinsames Kind sind kein Ehegattenunterhalt, selbst wenn sie den geschiedenen Ehegatten von dessen Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind befreien. Die dem Unterhaltsempfänger im Rahmen des Realsplittings vom Unterhaltsleistenden ersetzte Einkommensteuer gehört hingegen selbst zu den als Sonderausgaben abziehbaren Unterhaltsleistungen

Sachleistungen, die zum Zweck des Unterhalts erbracht werden, sind ebenfalls zu berücksichtigen. Bei unentgeltlicher Überlassung einer eigenen Wohnung zum Unterhalt des geschiedenen/getrennt lebenden Ehegatten sind Unterhaltsleistungen nicht nur i. H. d. durch die Nutzung verursachten Aufwendungen anzuerkennen, z. B. die Grundsteuer, Kosten von Heizung, Strom und Wasser sowie Müllbeseitigung. Auch die unentgeltliche Überlassung einer Wohnung ist eine "Naturalunterhaltsleistung", die mit dem ortsüblichen Mietzins anzusetzen ist.

Auch wenn der geschiedene Ehemann – bei Miteigentum beider früherer Ehegatten an einem Einfamilienhaus – aufgrund einer Unterhaltsvereinbarung das Haus der geschiedenen Ehefrau zur alleinigen Nutzung überlässt, kann er den Mietwert seines Miteigentumsanteils absetzen. Auch die verbrauchsunabhängigen Kosten für den Miteigentumsanteil der geschiedenen Ehefrau einschließlich der Schuldzinsen, welche der Ehemann trägt, sind als Sonderausgaben absetzbar.


Die Unterhaltsleistungen sind nur bis zum Höchstbetrag von 13.805 EUR im Kalenderjahr als Sonderausgaben abziehbar. Leistet jemand Unterhalt an mehrere Empfänger, sind die Unterhaltsleistungen an jeden bis zu einem Betrag von 13.805 EUR abziehbar.

Der Betrag von 13.805 EUR erhöht sich um den Betrag, der für die Absicherung der Basiskranken- und Pflegepflichtversicherung des/der dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten aufgewendet wurde

Muss man das Realsplitting beantragen?


Der Unterhaltsverpflichtete kann den Sonderausgabenabzug in der Steuererklärung, aber auch schon im Lohnsteuerermäßigungsverfahren oder im ESt-Vorauszahlungsverfahren beantragen. Der Antrag ist nicht fristgebunden. Er kann auch noch nach Bestandskraft des Steuerbescheids nachgeholt werden.

Dies gilt auch, wenn die Unterhaltsleistungen zunächst als außergewöhnliche Belastung behandelt worden sind.

Mit der Antragstellung übt der Unterhaltsleistende sein Wahlrecht zugunsten des Sonderausgabenabzugs bindend aus. Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und für dieses nicht zurückgenommen oder in seiner Höhe nachträglich begrenzt werden.Eine im Laufe eines Kalenderjahres widerrufene Zustimmung zum Realsplitting entfaltet frühestens ab Beginn des nachfolgenden Jahres keine Wirkung mehr. Eine betragsmäßige Erweiterung eines bereits vorliegenden Antrags zum Realsplitting ist hingegen möglich.

Hat der Steuerpflichtige den Antrag wirksam beim Finanzamt gestellt, besteht keine Möglichkeit mehr, die geleisteten Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung zu behandeln.

Der Unterhaltsleistende kann den Sonderausgabenabzug auf einen Teilbetrag der Unterhaltsleistungen begrenzen. Bei dem Empfänger wird dann nur dieser Teil des Unterhalts bei den sonstigen Einkünften erfasst. Beschränkt der Unterhaltsleistende seinen Antrag auf Abzug als Sonderausgaben, kann der darüber hinausgehende Betrag nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, da die gesamten Aufwendungen zu Sonderausgaben umqualifiziert werden.

Muss der Empfänger der Leistungen eigentlich zustimmen?


Der Abzug der Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben setzt die Zustimmung des Unterhaltsempfängers voraus. Denn bei diesem werden aufgrund seiner Zustimmung die vom Unterhaltsverpflichteten als Sonderausgaben abgezogenen Beträge als sonstige Einkünfte besteuert.

Für die Zustimmung des Unterhaltsempfängers besteht keine gesetzliche Frist. Sie kann, wie der Antrag des Unterhaltspflichtigen auf Berücksichtigung der Sonderausgaben, noch nach bestandskräftiger Einkommensteuer-Veranlagung der Beteiligten erfolgen. Die Zustimmung zum Abzug von Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben dem Grunde nach wirkt auch für die Erhöhung des Höchstbetrags nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 Satz 2 EStG, unabhängig davon, wann die Zustimmung erteilt wurde.

Eine bestimmte Form ist für die Zustimmung gesetzlich nicht vorgeschrieben; Schriftform ist jedoch zweckmäßig. In der Praxis wird die Zustimmung i. d. R. mit dem Vordruck "Anlage U" erklärt.

Der Unterhaltspflichtige kann die Abgabe der Zustimmung notfalls durch Beschluss erzwingen. Die Zustimmung gilt in diesem Fall dann als abgegeben, wenn die Verurteilung zu ihrer Abgabe rechtskräftig geworden ist. Die Zustimmung wirkt nur für das Kalenderjahr des Rechtsstreits.

Muss der Empfänger der Unterhaltsleistungen Steuern zahlen?


Die geleisteten Unterhaltszahlungen sind vom Empfänger in dem Umfang als sonstige Einkünfte zu versteuern, in dem sie beim Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Bei der Ermittlung der Einkünfte sind von den Einnahmen ggf. Werbungskosten abzuziehen Zumindest ist der Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 EUR zu berücksichtigen.

Unterhaltsleistungen, die ein unbeschränkt steuerpflichtiger Unterhaltsempfänger von seinem nicht unbeschränkt steuerpflichtigen geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten erhält, sind nicht zu besteuern, da für den Geber keine Abzugsmöglichkeit für die Zahlungen besteht.