Elternunterhalt und Schenkungen

  • 31. Januar 2018
  • Thomas Klein

Ein Dauerbrenner. Kinder sollen für die Heimpflegekosten ihrer Eltern aufkommen. Sie haben zuvor von Ihren Eltern Geschenke bekommen. Und jetzt?

Elternunterhalt und Schenkungen

Im Rahmen unserer inzwischen bundesweit durchgeführten Vortragsveranstaltungen zum Thema Elternunterhalt taucht immer wieder die Frage auf, was denn passiert, wenn die Eltern zuvor den Kindern Schenkungen gemacht haben.

Kann das Sozialamt die dann zurückfordern?

Schenkungen sind nach wie vor ein wichtiges Instrument für eine steueroptimale Gestaltung im engeren Familienkreis.

Insbesondere zu nennen, die vorweggenommene Erbfolge.

Werden Eltern dann im Alter pflege- und damit häufig auch sozialhilfebedürftig, entsteht bzgl. des Geschenks der Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB. Diesem kann das beschenkte Kind nicht nur mit dem Einwand der Entreicherung (§§ 528 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 3 BGB) begegnen. Vielmehr kann es auch die rechtshemmende Einrede des Notbedarfs gemäß § 529 Abs. 2 BGB erheben.

§ 528 Abs. 1 S. 1 BGB gewährt dem Schenker ein eigenständiges gesetzliches Rückforderungsrecht.

Ist er nach erfolgter Schenkung nicht mehr in der Lage, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder die ihm kraft Gesetzes obliegende Unterhaltsverpflichtung gegenüber den in § 528 Abs. 1 S. 1 BGB genannten Personen zu erfüllen, kann er vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenks nach §§ 812 bis 822 BGB verlangen.


Sinn des § 528 BGB ist es, den Unterhalt des Schenkers und der ihm nahestehenden Personen auch nach Vollzug der Schenkung sicherzustellen, wenn er selbst in Not geraten ist.

Dadurch soll zugleich eine Inanspruchnahme der Allgemeinheit für den Notbedarf des Schenkers verhindert werden. Der Steuerzahler soll also nicht zahlen müssen.

Im Vordergrund stehen also der Gedanke der finanziellen Eigenverantwortung sowie das Verbot, sich auf Kosten Dritter bedürftig zu machen. Dabei muss kein kausaler Zusammenhang zwischen der Schenkung und der Verarmung vorliegen. Unterhaltsrechtlich ist nur der spätere tatsächliche Eintritt einer Notbedarfslage von Bedeutung.

 Das Rückforderungsrecht aus § 528 BGB ist immanenter Bestandteil der Schenkung. Es entsteht nicht erst mit dem Widerruf, sondern wird nur durch die Widerrufserklärung ausgelöst. Mit Eintritt des Notbedarfsfalls verwirklicht sich lediglich ein Risiko, das der Schenkung von Anfang an innewohnt.

Der Schenker, also das Elternteil, wird diesen Anspruch gegen sein Kind sicher nicht geltend machen. Aber:


Der Sozialhilfeträger kann den Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers gemäß § 93 SGB XII auf sich überleiten. Durch diese Möglichkeit, von der in der Praxis auch häufig Gebrauch gemacht wird, hat die praktische Relevanz der Vorschrift in den letzten Jahren stark zugenommen. 

Der aus § 528 BGB folgende sogenannte Revokationsanspruch gehört zum verwertbaren Vermögen des bedürftigen Elternteils, das dieser vorrangig für den eigenen Unterhalt einsetzen muss.

Aber was ist eigentlich zurückzugeben?


Nach dem Wortlaut des § 528 Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist das Geschenk selbst zurückzugeben (Naturalrückgabe). Das gilt jedoch nicht, wenn der Notbedarf des Schenkers geringer ist als der Wert des Geschenks. Ist das geleistete Geschenk teilbar (z. B. bei Geld oder auch Wertpapieren) kann nur der zur Unterhaltssicherung des Schenkers benötigte Teil zurückgefordert werden.
 

Ist das Geschenk unteilbar (z. B. bei Grundbesitz oder auch bei anderen Sachgesamtheiten, wie etwa einem PKW) wird der Rückforderungsanspruch gemäß §§ 528 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 2 BGB auf einen bloßen Wertersatz in Geld beschränkt.

Das unter Bruch des Grundsatzes „pacta sunt servanda“ gewährte Rückforderungsrecht wird durch § 529 BGB aus Billigkeitsgesichtspunkten selbst wieder eingeschränkt.

Das Gesetz nennt in Abs. 1 und 2 alternativ 3 Voraussetzungen:

 

a) Vorwerfbare (§§ 276, 277 BGB) Herbeiführung der eigenen Bedürftigkeit durch den Schenker


b)Ablauf der 10-Jahresfrist seit der Leistung des geschenkten Gegenstands


c) Ausschluss wegen eigener Bedürftigkeit des Beschenkten

 

In § 529 BGB liegt für den Beschenkten ggf. eine "Goldgrube".

Anders als beim Ablauf der 10-Jahresfrist dient § 529 Abs. 2 BGB nicht dem Schutz des Vertrauens des Beschenkten auf die Rechtsbeständigkeit der vollzogenen Schenkung. Vielmehr liegt dieser Vorschrift die grundsätzliche Erwägung zugrunde, dass die Rechtsordnung kein Interesse daran haben kann, ,,den einen in eine Notlage zu stürzen, um den anderen ihr zu entreißen“ (BGH 19.12.00, X ZR 146/99).


Zwischen der Notsituation i. S. v. § 528 BGB und § 529 Abs. 2 BGB besteht ein entscheidender Unterschied.

Während es erforderlich ist, dass die Notlage beim Schenker bereits eingetreten ist, muss der Notbedarf des Beschenkten noch nicht entstanden sein. Es genügt die bloße Gefährdung. Hierfür ist die begründete Besorgnis erforderlich, dass der Beschenkte bei Erfüllung des Rückforderungsverlangens zukünftig nicht mehr in der Lage sein wird, mit seinem Einkommen den eigenen „standesgemäßen“ Unterhalt selbst sicherzustellen bzw. seine gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen.

Die Einrede des Notbedarfs wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie gegenüber dem Träger der Sozialhilfe geltend gemacht wird.

Der Wortlaut des § 529 Abs. 2 BGB bietet keinen Anhaltspunkt für eine derartige Einschränkung der Notbedarfseinrede durch den Beschenkten. Die Überleitung befreit deshalb den in der Person des Schenkers entstandenen Rückforderungsanspruch nicht von seiner latenten Beschränkung durch die Notbedarfseinrede des Beschenkten nach § 529 Abs. 2 BGB.

Der Sozialhilfeträger tritt lediglich an die Stelle des Schenkers als bisherigem Gläubiger. Der Charakter des (latent) einredebehafteten Rückforderungsanspruchs wird durch § 93 SGB XII auch nicht verändert, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 529 Abs. 2 BGB noch nicht vorliegen bzw. noch nicht geltend gemacht worden sind. Hierdurch werden die Interessen des Beschenkten geschützt, der durch die ohne seine Mitwirkung vollzogene Überleitung nicht benachteiligt werden soll.

Sehr häufig lohnt sich bei § 529 BGB eine intensive Auseinandersetzung mit dem Sozialamt.

Sollten Sie betroffen sein, so kontaktieren Sie uns ! Wir verfügen über die nötige Erfahrung !