Fahrverbot wegen Diesel?

  • 04. Februar 2018
  • Thomas Klein

Am 22.2.2018 findet die erste Verhandlung über Fahrverbote in Deutschland vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Worum geht es da eigentlich?

Fahrverbot

Seit dem sog. Abgasskandal sind Fahrverbote in Innenstädten in aller Munde. Mehrere Gerichte haben bereits entsprechende Verpflichtungen von Städten und Gemeinden ausgesprochen.

Nun soll am 22.2.2018 das Bundesverwaltungsgericht sich hierzu äußern.

Was ist aber eigentlich der Hintergrund?

Problematisch sind vor allem die NO2- und die Feinstaub-PM10-Werte, die insbesondere bei Fahrzeugen, die vom Abgasskandal betroffen sind, deutlich überhöht sind.

Europarechtlich gibt Art. EWG_RL_2008_50 Artikel 23 der Richtlinie 2008/50/EG den Handlungsbedarf für die Mitgliedstaaten, also auch für Deutschland, folgendes  vor:

Überschreiten in bestimmten Gebieten oder Ballungsräumen die Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert oder Zielwert zuzüglich einer jeweils dafür geltenden Toleranzmarge, sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass für diese Gebiete oder Ballungsräume Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden, in den Anhängen zur Richtlinie festgelegten Grenzwerte oder Zielwerte einzuhalten.

Im deutschen Recht regelt dies § 47 Absatz 1 BImSchG.

Danach hat die zuständige Behörde, wenn die einschlägigen Immissionsgrenzwerte einschließlich festgelegter Toleranzmargen überschritten werden, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt. Die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans müssen geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

Nach § 40 Absatz 1 Satz 1 BImSchG gilt:

Soweit ein Luftreinhalteplan es vorsieht, beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften.

Fahrverbote sind daher in erster Linie in Luftreinhalteplänen vorzusehen. Dort aufgenommene Maßnahmen müssen auch tatsächlich realisiert werden.

Fest steht:

Bei der  Erstellung eines Luftreinhalteplans wird eine Auswahl notwendig, die alle geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zur Verminderung der Schadstoffkonzentrationen ausschöpft.

Weitergehend wird von der Rechtsprechung sogar vertreten, dass die im Luftreinhalteplan aufgenommenen Maßnahmen geeignet sein müssen, eine Überschreitung der Grenzwerte auszuschließen.

Vor diesem Hintergrund haben die Verwaltungsgerichte in der Vergangenheit die Träger der zuständigen Behörden ausschließlich dazu verpflichtet, überhaupt Luftreinhaltepläne innerhalb bestimmter Fristen aufzustellen und dort geeignete Maßnahmen festzuschreiben, um die Einhaltung der einschlägigen Grenzwerte sicherzustellen.

Die Einhaltung der Grenzwerte wurde jedoch in der Vergangenheit nicht sichergestellt.

Verschiedene Gerichte haben daher in der jüngsten Vergangenheit reagiert und Städte und Gemeiden zum Handeln verurteilt.

Die Gerichte sind folgender Auffassung:

Wenn Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge so ausgestaltet würden, dass sie auch während derjenigen Zeitabschnitte im Tageslauf gelten, während der Grenzwertüberschreitungen stattfinden, sei zu erwarten, dass die Grenzwerte zukünftig eingehalten werden. Aus der Rechtsprechung des EuGH ergebe sich, dass ein Gericht das planerische Ermessen der Exekutive auf eine bestimmte Maßnahme beschränken dürfe, wenn nur diese eine baldige Einhaltung der Grenzwerte erwarten lässt.

Es sei klar, dass auch die Einführung der sog. Euro-6-Fahrzeugklasse nicht zu einem relevanten Rückgang der NO2-Belastung führen werde. Deshalb habe der Beklagte keine andere Möglichkeit, als die Zahl der Dieselfahrzeuge, die in den von den Grenzwertüberschreitungen betroffenen Verkehrsabschnitten fahren, deutlich zu reduzieren. Insbesondere stünden ihm keine rechtlichen Möglichkeiten zu, auf den Schadstoffausstoß von Dieselfahrzeugen Einfluss zu nehmen. Auch eine Erweiterung der im Gebiet der Landeshauptstadt München bereits bestehenden Umweltzone sei nicht geeignet, die im zu vollstreckenden Urteil enthaltene Verpflichtung umzusetzen, weil sogar Dieselfahrzeuge, die den Anforderungen der Euro-4-Norm oder der Euro-3-Norm, wenn sie mit einem Partikelfilter ausgerüstet sind, entsprechen, ungeachtet ihres hohen NO2-Ausstoßes eine grüne Plakette erhalten.

Aber führt dies nicht zu einer erheblichen Beschränkung des allgemeinen Lebens?

Was ist mit Sonderfahrzeugen (Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei) und was mit Handel und Gewerbe?

Das Gesetz gibt hier bereits jetzt eine Lösung vor:

Nach heutigen Vorschriften kann die zuständige Behörde den Verkehr mit von Verkehrsverboten i.S.v. § 40 Absatz 1 BImSchG betroffenen Fahrzeugen von und zu bestimmten Einrichtungen zulassen, soweit dies im öffentlichen Interesse liegt, insbesondere wenn dies zur Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen notwendig ist, oder überwiegende und unaufschiebbare Interessen Einzelner dies erfordern, insbesondere wenn Fertigungs- und Produktionsprozesse auf andere Weise nicht aufrechterhalten werden können. Ausnahmen nach dieser Bestimmung werden durch Verwaltungsakt, auch in Form der Allgemeinverfügung, zugelassen.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat bereits ausgeführt,  dass zusammen mit der Ermächtigung zu Ausnahmen in § 40 Absatz 1 Satz 2 BImSchG, die durch die 35. BImSchV erweitert wird,  ein  Instrumentarium zur Verfügung steht, um der Befürchtung zu begegnen, durch Dieselfahrverbote würden Handel, Bau, Gewerbe, Handwerk, Industrie und öffentlicher Personennahverkehr (Linienbusse) mit unabsehbaren Folgen zum Erliegen gebracht, wenn sie nicht durch Ausnahmemöglichkeiten abgefedert würden.

Es bestehen dann auch keine durchgreifenden Bedenken gegen die Bekanntgabe von Dieselfahrverboten mittels des Zeichens 251 der Anlage 2 zur StVO (Verbot für Kraftwagen) mit entsprechendem – auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge bezogenem – Zusatzzeichen. 

Denn  Zeichen 251 gehört zum abschließenden bundesrechtlichen Katalog der Verkehrszeichen und ist geeignet zur Umsetzung von in einem Luftreinhalteplan vorgesehenen Verkehrsbeschränkungen. 

Ausnahmen sind also möglich.

Es steht allerdings zu befürchten, dass es erneut den Durchschnittsbürger treffen wird, der versucht, mit seinem Fahrzeug zur Arbeit zu kommen.

Zur Zeit steht nicht zu erwarten, dass das Bundesverwaltungsgericht im Februar 2018 dazu übergehen wird, Fahrvebote für unrechtmäßig zu halten.