Geld statt Unterhalt?

  • 29. März 2018
  • Thomas Klein

Ein häufiges Problem: Haben volljährige Kinder Anspruch auf Unterhalt in Geld oder  kann man Kost und Logis anbieten?

Geld statt Unterhalt

Grundsätzlich gilt:

Eltern können festlegen, dass der Unterhalt im Elternhaus in Form von Kost und Logis, Taschen- und Kleidergeld etc. entgegenzunehmen ist.

Dieses Bestimmungsrecht gilt gegenüber minderjährigen und volljährigen unverheirateten Kindern. Von diesem Bestimmungsrecht kann nur Gebrauch gemacht werden, wenn der gesamte Bedarf abgedeckt werden soll (Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Taschengeld, etc.). Das Recht des volljährigen Kindes auf die freie Selbstbestimmung tritt dabei hinter dem elterlichen Bestimmungsrecht grundsätzlich zurücktritt, da die Beachtung der finanziellen Interessen der Kindeseltern Vorrang genießt.  Leistet das volljährige Kind dem wirksam ausgeübten Bestimmungsrecht keine Folge, so verliert es seinen Unterhaltsanspruch.

 Allerdings gilt dies Bestimmungsrecht nach der seit 1.1.2008 geltenden Fassung des § 1612 Abs. 2 BGB nur, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird.


Wann sind die Umstände so, dass ein volljähriges Kind erwarten darf, ausziehen zu können, und deshalb Anspruch auf Geldunterhalt statt Naturalunterhalt hat?

Die Rechtsprechung hierzu ist folgende:

§ 1612 Abs. 2 BGB räumt den unterhaltspflichtigen Eltern grundsätzlich das Recht ein, über die Art der Unterhaltsgewährung zu entscheiden.


Bei der Entscheidung über die Form der Unterhaltsgewährung ist  allerdings auf die Gesamtsituation und auf berechtigte Interessen des Kindes Rücksicht zu nehmen.
Umgekehrt gilt  allerdings auch für das unterhaltsberechtigte Kind das Gebot der Rücksichtnahme auf die wirtschaftliche Situation des zum Unterhalt Verpflichteten.
Grundsätzlich sind  die Interessen des Kindes hierbei nicht als gewichtiger einzustufen als die wirtschaftlichen Belange des Unterhaltsverpflichteten (OLG Brandenburgisch, Beschluss v. 18.10.2007, 9 WF 288/07).

Nach Auffassung der Gerichte  ist es für ein unterhaltsberechtigtes Kind grundsätzlich zumutbar, in der Wohnung des Unterhaltsverpflichteten zu leben, sofern dort die Platzverhältnisse ausreichend sind.

Nur wenn es dem Kind aus persönlichen Gründen oder wegen besonders schwieriger Konflikte in der Eltern-Kind-Beziehung unzumutbar sei, in der mütterlichen Wohnung zu leben, müsse das wirtschaftliche Interesse des Unterhaltsverpflichteten zurücktreten.


Die unterschiedlichen Auffassungen zwischen Mutter und Kind über die Erziehung der Geschwister seien jedenfalls kein ausreichender Grund, um von einer tiefgreifenden Zerrüttung der Beziehung zwischen Mutter und Tochter auszugehen.

 

Grundsätzliche Argumente gegen Naturalunterhalt


Eine Grund zur Abänderung der von einem Elternteil getroffene Unterhaltsbestimmung auf Antrag des Kindes nach § 1612 Abs. 2 S. 2 BGB ist insbesondere, eine zwischen dem Kind und dem bestimmenden Elternteil eingetretene tief greifende Entfremdung, die nicht alleine auf einem rücksichtslosen oder provozierenden Verhalten des Kindes beruht (OLG Celle v. 23.7.1996, 18 W 19/96, FamRZ 1997, 966; OLG Düsseldorf v. 4.7.1995, 25 Wx 20/9, FamRZ 1996, 235).


Eine tief greifende Entfremdung zwischen dem Elternteil und dem unterhaltsberechtigten Kind kann zur Unwirksamkeit der Bestimmung jedenfalls dann führen, wenn sie auch auf unangemessene Erziehungsmaßnahmen zurückzuführen ist. Für eine solche Ausnahme reichen allerdings einmalige oder gelegentliche Erziehungsfehler nicht aus

Die Belange des Kindes sind auch dann nicht hinreichend berücksichtigt, wenn es sich dem anderen Elternteil stärker verbunden fühlt und deshalb nach Volljährigkeit in dessen Haushalt umzieht und der Elternteil, bei dem es bislang gelebt hat, diesen Umzug zum Anlass nimmt, die Rückkehr in seinen Haushalt durch eine Unterhaltsbestimmung nach § 1612 Abs. 2 S. 1 BGB zu erzwingen.

Wann ist Naturalunterhalt dem Kind zumutbar, wann nicht?


Naturalunterhalt ist nicht unzumutbar, wenn sich das Kind

-allein auf die dominierende Art des Vaters,
-auf persönliche Spannungen
-den Generationenkonflikt
-gelegentliche Wortentgleisungen der Eltern/eines Elternteils
-seinen Wille, ohne eine Bevormundung durch die Eltern sein Leben frei und -selbstbestimmend führen zu können beruft-

Das Bedürfnis, ein eigenes Leben mit eigenem Haushalt und ggf. auch mit einem Freund oder einer Freundin zu führen, steht jedenfalls bei einem gerade volljährig gewordenen Kind, das in seiner Berufsausbildung noch keine nennenswerten Fortschritte gemacht hat, der Realisierung einer Unterhaltsbestimmung nicht entgegen.

 

Unzumutbar ist Naturalunterhalt dagegen, wenn es auf Grund des Verhaltens der Eltern zu einer schweren Störung des Vertrauensverhältnisses gekommen ist, etwa wenn Gewalttätigkeiten von Seiten der Eltern vorliegen oder diese Volljährige bestrafen wie Minderjährige.

Darf das volljährige Kind im Haushalt bleiben?


Nicht immer sind es die Kinder, die auf den Auszug aus dem Elternhaus dringen: Doch es steht dem volljährigen Kind kein gesetzliches Recht mehr zu, in der elterlichen Wohnung zu leben, denn in der von den Eltern bewohnten Wohnung haben die Eltern das Hausrecht. Sie können also von ihrem volljährigen, mit Geldunterhalt ausgestatteten und in Ausbildung befindlichen Kind verlangen, dass es auszieht.