Mehrarbeit im Arbeitsrecht

  • 29. März 2018
  • Thomas Klein

Wie steht es eigentlich mit der Mehrarbeit im Arbeitsrecht? Ein aktueller Überblick...

Mehrarbeit im Arbeitsrecht

Was ist Mehrarbeit?

Geregelt ist dies im Arbeitszeitgesetz. Mehrarbeit ist die Zeit, die über die gesetzlich geschuldete Arbeitszeit hinausgeht.

Was sind denn dann Überstunden?

Unter dem Begriff Überstunden versteht man die Arbeit, die der Arbeitnehmer über die für sein Beschäftigungsverhältnis individuell geltende Arbeitszeit hinaus leistet, wohingegen die Mehrarbeit über die allgemeinen gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen hinausgeht. Mehrarbeit und Überstunden können sich überschneiden.

Ist Mehrarbeit zulässig?


Inwieweit Mehrarbeit zulässig ist, ergibt sich aus den gesetzlichen Schutzbestimmungen, insbesondere dem ArbZG. Die werktägliche Arbeitszeit beträgt grundsätzlich 8 Stunden.

In bestimmten Fällen ist die Überschreitung dieser Grenze zulässig. In der Regel darf jedoch in einem bestimmten Zeitraum (sog. Ausgleichszeitraum) eine bestimmte durchschnittliche werktägliche oder wöchentliche Stundenzahl nicht überschritten werden.

Gibt es hier Grenzen und Verbote?

Gemäß § 207 SGB IX können schwerbehinderte Menschen die Freistellung von Mehrarbeit verlangen. Ein gesetzliches Mehrarbeitsverbot findet sich in § 4 Mutterschutzgesetz für werdende und stillende Mütter. Für Jugendliche gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz. Insbesondere in den §§ 8 und 21 JArbSchG ist die zulässige Arbeitszeit von Jugendlichen geregelt.

Ist man zur Mehrarbeit verpflichtet?


Eine gesetzliche Verpflichtung zur Mehrarbeit gibt es nicht. Häufig finden sich Regelungen über die Verpflichtung zur Leistung von Mehrarbeit im Arbeitsvertrag, in Betriebsvereinbarungen oder im Tarifvertrag. Zudem kann der Arbeitnehmer aufgrund der Treuepflicht in außergewöhnlichen Situationen (ungeplante Auftragsspitzen, hoher Krankenstand) zur Mehrarbeit verpflichtet sein.

Ein Arbeitnehmer leistet Über- oder Mehrarbeit, wenn diese vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder zumindest zur Erledigung der geschuldeten Arbeit notwendig ist.
 

Wie wird Mehrarbeit vergütet?


Einen gesetzlichen Mehrarbeitszuschlag gibt es nicht. Lediglich für die zur Berufsbildung Beschäftigten sieht § 17 Abs. 3 BBiG einen Anspruch auf entsprechende Vergütung vor.

Fehlt im Arbeitsvertrag eine wirksame Vergütungsregelung, hat der Arbeitnehmer nach § 612 Abs. 1 BGB Anspruch auf Vergütung der geleisteten Mehrarbeit, wenn die Mehrarbeit den Umständen nach nur gegen Vergütung zu erwarten ist.

Dies ist beispielsweise bei Vereinbarung eines geringen Bruttoarbeitsentgelts in Höhe von 1.800 EUR für eine reguläre wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden der Fall.  Vertragsklauseln, die Überstunden mit dem monatlichen Grundgehalt abgelten wollen, sind nur in Arbeitsverhältnissen mit ausreichend hoher Grundvergütung wie bspw. leitenden Angestellten angemessen.

Enthält der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Verkennung der Rechtslage Vergütung von Mehrarbeit vor, führt dies nicht dazu, dass die Vergütung für die in der Normalarbeitszeit geleistete Arbeit sittenwidrig wird.

Was ist mit Mehrarbeit und der Lohnsteuer?
 
 
1 Steuerpflichtige Überstundenzuschläge


Zuschläge für Mehrarbeit (Überstunden) gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Mehrarbeitszuschläge zählen zu den laufenden Bezügen, die zusammen mit den übrigen Monatsbezügen nach der Monatstabelle abzurechnen sind. Nur Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit sind innerhalb der Grenzen des § 3b EStG steuerbefreit.

Werden Zuschläge für Mehrarbeit arbeitsrechtlich zusammen mit Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als einheitlicher Zuschlag gezahlt, so ist dieser sog. Mischzuschlag im Verhältnis der in Betracht kommenden Einzelzuschläge in einen nach § 3b EStG begünstigten Anteil und einen nicht begünstigten Anteil aufzuteilen.

 
2 Zusammentreffen mit Spätarbeitszuschlägen


Erhält der Arbeitnehmer bei einem Zusammentreffen von Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit mit Mehrarbeit nur Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ausgezahlt, z. B. weil sie ebenso hoch oder höher sind als die Mehrarbeitszuschläge, so gilt der Betrag als Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschlag, der dem arbeitsrechtlich jeweils in Betracht kommenden Zuschlag entspricht. Werden dagegen nur Zuschläge für Mehrarbeit gezahlt, z. B. weil diese höher sind, so ist der Mehrarbeitszuschlag in voller Höhe lohnsteuerpflichtig.

Bei der Ermittlung des Stundengrundlohnes, auf den die steuerlich maßgebenden Prozentsätze für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge anzuwenden sind, bleiben Mehrarbeitsvergütungen und -zuschläge außer Betracht.

 
3 Steuerpflichtige Entschädigung bei (rechtswidriger) Mehrarbeit


Eine Entschädigung, die ein Arbeitnehmer für geleistete Mehrarbeitsstunden erhält, ist lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn. Dies gilt auch dann, wenn die Ausgleichszahlung für über die zulässige Arbeitszeit hinaus, also für rechtwidrige Mehrarbeit, geleistet wird. Entscheidend ist, dass die Zahlung durch das individuelle Dienstverhältnis, insbesondere durch die Erbringung der Arbeitsleistung veranlasst ist. Ob dabei die Arbeitszeiten in rechtswidriger Weise überschritten sind, spielt für die Zuordnung zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit keine Rolle. Ebenso unerheblich ist es, ob die angefallenen Überstunden auch durch Freizeitausgleich hätten abgegolten werden können.

In Abgrenzung hierzu sind Schadensersatzleistungen steuerfrei. Sie dienen dem Schadensausgleich aus einer schuldhaften Verletzung der Arbeitspflichten. Verzichtet dagegen der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer auf eine Schadensersatzforderung, etwa wegen eines verschuldeten Motorschadens an einem Dienstfahrzeug, begründet der aus dem Rückgriffverzicht resultierte Vermögensvorteil lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn.

Und was ist mit der Sozialversicherung?
 
Grundsätzlich gilt:

Mehrarbeitsvergütungen (Überstundenvergütungen) stellen als unmittelbare Zahlungen aus dem Arbeitsverhältnis sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt dar.

Zuschläge, die vom Arbeitgeber für die geleistete Mehrarbeit gezahlt werden (insbesondere aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen), gehören ebenfalls zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt.

Steuerfreie Mehrarbeitszuschläge sind beitragsfrei zur Sozialversicherung. In der Unfallversicherung werden sie allerdings als Entgelt behandelt.


Unterliegen Überstundenvergütungen der Sozialversicherungspflicht, so sind sie als laufendes Arbeitsentgelt anzusehen. Die Beitragsberechnung erfolgt in dem Monat, in dem die Überstunden geleistet wurden.

Werden die Überstunden regelmäßig erst im nächsten oder übernächsten Lohnzahlungszeitraum abgerechnet, so können sie dem Entgelt dieses Abrechnungszeitraums hinzugerechnet werden. Das gilt nur für die Betriebe, die Mehrarbeitsvergütung regelmäßig erst im nächsten oder übernächsten Monat abrechnen. Diese Vereinfachungsregelung beruht auf einem Besprechungsergebnis der Spitzenverbände der Krankenkassen zur beitragsrechtlichen Behandlung zeitversetzt gezahlter Arbeitsentgeltbestandteile.