Widerruf eines Testamentes

  • 10. April 2018
  • Thomas Klein

In der Praxis ein nicht seltenes Problem. Ein Testament ist schon einige Jahre, ggf. Jahrzehnte alt und soll widerrufen werden. Wie geht das eigentlich?

Widerruf von Testamenten

Der Erblasser kann ein Testament sowie einzelne darin enthaltene letztwillige Verfügungen jederzeit widerrufen.

Der wirksame Widerruf hebt das widerrufene Testament mit dem Zeitpunkt der Unterschrift auf. Endgültig wirksam wird er mit dem Eintritt des Erbfalls.


Das Gesetz kennt verschiedene Arten des Widerrufs. Den Widerruf

-durch Testament (§ 2254 BGB),
-durch Vernichtung oder Veränderungen (§ 2255 BGB),
-durch Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung (§ 2256 BGB) oder
-durch späteres widersprechendes Testament (§ 2258 BGB).

a)

Das Widerrufstestament kann sich darauf beschränken, das frühere Testament zu widerrufen, § 2254 BGB. Es unterliegt den allgemeinen Formerfordernissen eines Testaments, bedarf aber nicht derselben Form wie das widerrufene Testament. Ein notariell beurkundetes Testament ist durch ein privatschriftliches, ein privatschriftliches durch ein notarielles Testament widerrufbar.

b)

Vernichtet der Erblasser die Testamentsurkunde mit Widerrufswillen, ist das ein wirksamer Widerruf (z. B. dadurch, dass er das Testament zerreißt, BayObLG FamRZ 92, 1350). Hat der Erblasser ein Testament in Widerrufsabsicht (zur Absicht: vgl. OLG Hamm NJW-RR 02, 222) zerrissen, kann dieser Widerruf nicht widerrufen werden (hier: erneutes Zusammenkleben des Schriftstücks, BayObLG ZEV 96, 471)

 

Ehegatten können ein gemeinschaftliches Testament auch dadurch widerrufen, dass sie es einvernehmlich vernichten (BayObLG MDR 81, 933).

Seine eigenen einseitigen Verfügungen kann jeder Ehegatte in der Form des § 2255 BGB widerrufen (ohne Zustimmung des anderen und auch noch nach dessen Tod), solange das Testament nicht an das Nachlassgericht abgeliefert worden ist (BayObLG a. a. O.). Ist dem Überlebenden im gemeinschaftlichen Testament der Widerruf einer wechselbezüglichen Schlusserbeneinsetzung vorbehalten, kann er das Widerrufsrecht nur ausüben, indem er ein weiteres Testament errichtet, nicht jedoch, indem er die Testamentsurkunde gem. § 2255 S. 1 BGB vernichtet.

c)

Der Widerruf durch Rücknahme aus der besonderen amtlichen Verwahrung gilt nur für das öffentliche (notarielle) Testament, nicht auch für das privatschriftliche, § 2256 Abs. 3 BGB.

 

Das öffentliche Testament darf dem Erblasser nicht ausgehändigt werden. Der Notar muss es vielmehr in die besondere amtliche Verwahrung geben, nachdem er es im Verwahrungsumschlag verschlossen hat, § 34 Abs. 1 S. 4 BeurkG. Erst wenn es dort gelangt ist, kann es durch die Rücknahme nach § 2256 Abs. 1 BGB widerrufen werden. Wie sich aus den Worten „gilt als widerrufen“ (§ 2256 Abs. 1 S. 1 BGB) entnehmen lässt, wirkt die Rücknahme aus der besonderen amtlichen Verwahrung sogar gegen den Willen des Erblassers als Aufhebung. Voraussetzung ist dessen Rückgabeverlangen. Es bedarf keiner Form. Im Zeitpunkt der Rückgabe muss es persönlich gestellt sein. Die Rücknahme ist ein Rechtsgeschäft unter Lebenden und vom Gesetzgeber mit der Wirkung einer letztwilligen Verfügung ausgestaltet, obwohl deren Form nicht eingehalten ist.

d)

Der Widerruf kann durch ein widersprechendes Testament (§ 2258 BGB) erfolgen.

Nach dieser Vorschrift wird ein früheres Testament durch ein späteres insoweit aufgehoben, als der Erblasser durch das spätere Testament die Erbfolge abschließend und ausdrücklich neu regelt, ohne dass das spätere Testament das frühere ausdrücklich widerruft. Es kommt hier auf die Testierfähigkeit und nicht auf den Aufhebungswillen des Testierenden an. Unerheblich ist, ob er an das frühere Testament gedacht hat (OLG München ZErb 10, 296).