Update Abgasskandal

  • 23. April 2018
  • Thomas Klein

Es kommt immer mehr ans Licht. Nachdem nunmehr der Zulieferer Bosch im Verdacht steht, neben den bislang bekannten Herstellern auch Ford und Hyundai Manipulationsoftware geliefert zu haben, erweitert sich der Kreis der Betroffenen nahezu täglich. Das sind Ihre Rechte....

Update Abgasskandal

Volkswagen und seine Konzerntöchter Audi, Seat, Skoda und Porsche sowie Mercedes und BMW versuchen weiterhin , ihrer Verantwortung im Skandal um manipulierte Abgassteuerungen bei Dieselfahrzeugen durch zweifelhafte Softwareupdates gerecht zu werden.

Inzwischen hat das OLG Köln in zwei Entscheidungen sehr deutlich darauf hingewiesen, dass auch nach dem sog. Softwareupdate weiterhin Mängelrechte der betrogenen Käufer bestehen. Denn das Software Update führt nicht zum gewünschten Erfolg und zu weiteren Schäden am Pkw.

Seine Rechte zu kennen, ist insbesondere deshalb jetzt wichtig, da gerade das Bundesverwaltungsgericht jüngst den Weg für Diesel-Fahrverbote freigemacht hat (BVerwG, Urteile vom 27. Februar 2018, Az. 7 C 26.16, 7 C 30.17).

 

Was kann ich als Käufer tun?

 

Recht auf Nachbesserung

Käufer von Fahrzeugen mit dem betroffenen Dieselmotor vom Typ EA 189 haben gegen den Verkäufer – also in der Regel ein Autohaus – einen Anspruch auf Nachbesserung (§§ 434, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 1.Alt. BGB), da das Fahrzeug mangelhaft ist.

Der Mangel ist vom Hersteller anerkannt, auch wenn der Hersteller immer noch -allerdings rechtsirrig- meint, der Mangel sei unerheblich. Dies stimmt schon deshalb nicht, weil bei Nichtdurchführung des Updates die Stillegung des Kfz droht.

Der Käufer muss jedenfalls nicht mehr aufwendig durch einen Gutachter beweisen, dass auch bei dem konkreten Fahrzeug die Abgaswerte im Normalbetrieb erheblich überschritten werden. Die Kosten für die Nachbesserung zahlen die Hersteller . Der Käufer hat außerdem einen Anspruch auf Ersatz dafür, dass ihm das Auto während der Reparatur nicht zur Verfügung steht.

 

Recht auf Nachlieferung

Am 07. März 2018 verurteilte das Landgericht Hamburg in einem wegweisenden Urteil (Az. 329 O 105/17) einen Händler erstmals dazu, das Dieselfahrzeug eines Kunden mit Betrugssoftware zurückzunehmen und ihm stattdessen einen mangelfreien Neuwagen aus der aktuellen  Serienproduktion zu liefern (§§ 434, 437 Nr. 1, 439 Abs. 1, 2.Alt. BGB).

Das Gericht stellte klar, dass das Software-Update keine ausreichende Art der Nachbesserung sei. Es sei für den Kunden unzumutbar, sich mit einem Softwareupdate als Nachbesserung begnügen zu müssen, dessen Wirksamkeit wissenschaftlich nicht erwiesen sei. Auch sei derzeit unklar, ob das Softwareupdate nicht langfristig zu technischen Problemen am Fahrzeug führe. Die Unzumutbarkeit der Nachbesserung folge auch aus der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen den Beteiligten aufgrund der Täuschung durch den Hersteller. Das Verhalten des Herstellers sei insofern dem Händler zuzurechnen.

 

Rücktritt vom Kaufvertrag

Wurde der Verkäufer vergeblich zur Nacherfüllung aufgefordert, kann der Käufer auch vom Kaufvertrag zurücktreten (§§ 434, 437 Nr. 2, 323 BGB). Dies führt zur Rückabwicklung des Kaufvertrags: Der Kunde gibt sein Auto zurück und erhält im Gegenzug vom Händler den Kaufpreis abzüglich des Nutzungsersatzes.

Die für den Rücktritt erforderliche Erheblichkeit des Mangels ist nach einem Urteil des Landgericht München I vom 14. April 2016 (Az. 23 O 23033/15) schon deshalb anzunehmen, weil das zur Nachbesserung verwendete Softwareupdate vorab vom Kraftfahrt-Bundesamt zu prüfen und genehmigen sei. Von einer Unerheblichkeit könne deshalb keine Rede mehr sein.

In der Rechtsprechung wurde das Rücktrittsrecht des Käufers seither bereits mehrfach bestätigt. Entsprechend entschieden die Landgerichte Braunschweig, Hagen (Az. 3 O 66/16), Heilbronn (Az. 9 O 111/16), Lüneburg (Az. 4 O 3/16) München II (Az. 12 O 1482/16), Oldenburg (Az. 16 O 790/16) sowie das Oberlandesgericht Köln (Az. 18 U 112/17, Beschluss vom 20. Dezember 2017).

Grundvorausetzung:

Der Käufer muss dem Händler schriftlich eine Frist gesetzt haben, innerhalb der er den Mangel am Fahrzeug zu beseitigen habe. Erst wenn der Händler der Aufforderung innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nachkommt, kann der Käufer vom Kaufvertrag zurücktreten.

 

Minderung des Kaufpreises wegen Sachmangels

Beseitigt der Verkäufer den Mangel am Fahrzeug innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht, kann der Käufer alternativ zum Rücktritt den Kaufpreis auch mindern (§§ 434, 437 Nr. 2, 441 BGB). Dies hat zur Folge, dass der Kunde vom Händler Geld zurückbekommt. Zwar ist die Wertminderung häufig schwer zu beziffern, allerdings kann diese vom Gericht auch geschätzt werden. Zur Zeit schätzen die Gerichte die Wertminderung mit ca. 20 % des Kaufpreises ein.

 

Anfechtung des Kaufvertrags wegen arglistiger Täuschung

Sofern der Autokonzern oder der Händler bewusst unrichtige Angaben zu Schadstoffemissionen gemacht hat, kann der Käufer auch mittels einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) vom Kaufvertrag Abstand nehmen.

Entsprechend hat das Landgericht München I in seinem oben genannten Urteil vom 14. April 2016 geurteilt. In diesem Fall wurde zudem entschieden, dass sich die Konzerntochter Seat und schließlich auch der Vertragshändler die Angaben des Mutterkonzerns VW zu den Abgaswerten am Fahrzeug zurechnen lassen muss.

In Folge der Anfechtung gab auch hier der Kunde – ähnlich wie beim Rücktritt – ein Auto zurück und erhielt im Gegenzug vom Händler den Kaufpreis abzüglich des Nutzungsersatzes.

 

Verjährung der Rechte

Die Gewährleistungsrechte aus dem Kaufvertrag verjähren grundsätzlich nach zwei Jahren ab Übergabe des Fahrzeugs (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Bei Gebrauchtwagen verjähren sie im Falle der Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch den Verkäufer häufig schon nach einem Jahr.

Im Falle einer arglistigen Täuschung beträgt die Verjährung drei Jahre ab Kenntnis des Mangels. Die Frist läuft ab dem 1. Januar des Folgejahres. Diese Frist gilt dann sowohl für die Anfechtung als auch für die Gewährleistungsrechte.

 

Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller

Neben den Gewährleistungsansprüchen gegen den Händler kommen zugunsten des Käufers auch sog. deliktische Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller in Betracht (§§ 823, 826 BGB).

Die Voraussetzungen hierfür sind allerdings streng. Auch muss der Schaden vom Käufer bewiesen werden. Sollte nach dem Softwareupdate der Spritverbrauch steigen oder die Fahrzeugleistung sinken, wäre in jedem Fall ein Schaden anzunehmen. Gleiches gilt, wenn das Fahrzeug seine Betriebszulassung oder seine Umweltplakette verliert.

In einem solchen Fall kann der Käufer den Kaufpreis als Schaden geltend machen, wobei sich der Käufer wiederum den Nutzungsersatz abziehen lassen muss. Die Rückerstattung des Kaufpreises erfolgt wiederum gegen Rückgabe des Fahrzeugs

Mehrere Gerichte haben in den vergangenen Monaten die Hersteller in die Pflicht genommen, so zuletzt etwa das Landgericht Krefeld in einem Urteil vom 28.2.2018.

Das Gericht stellt zutreffend fest:

...Die Beklagte hat bei den von ihr hergestellten Motoren durch den Einbau einer Erkennungssoftware bewirkt, dass der Testlauf auf einem Abgasprüfstand erkannt und sodann der Motor in einen Modus geregelt wird, bei dem die gesetzlichen Grenzwerte der EU-Verordnung 715/2007/EG über die Typengenehmigung von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) für Abgase eingehalten werden, während in jeder anderen Situation ein Vielfaches des gesetzlich zulässigen Abgasgrenzwertes ausgestoßen wird. Dieser Mechanismus zur aktiven Unterdrückung der tatsächlichen Schadstoffemissionen im für die Betriebsgenehmigung des Fahrzeugs relevanten Prüfmodus ist als sogenannte „Abschalteinrichtung“ rechtswidrig gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der EU-VO.

Durch das Inverkehrbringen des Motors für das streitgegenständliche Fahrzeug hat die Beklagte dem Kläger einen Vermögensschaden zugefügt. Der Kläger hat mit Abschluss des Kaufvertrages kein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug erhalten. Besitzern, die das umstrittene Software-Update ablehnen, droht der Verlust ihrer Zulassung. Auch weist ein solches, nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Fahrzeug, einen geringeren Wert auf als ein technisch nicht zu beanstandender Pkw.

Die manipulierende Motorsoftware hat ein Mitarbeiter der Beklagten entweder selbst programmiert oder deren Programmierung veranlasst oder die Verwendung einer Software eines Drittherstellers veranlasst. Die Beklagte hat unstreitig und gerichtsbekannt den Motor für den streitgegenständlichen Wagen konstruiert und hergestellt. Hierzu gehört die Verwendung der Motorsoftware, die u. a. auf einem Abgasprüfstand die Motorsteuerung regelt. Selbst unterstellt, die Software eines Drittherstellers wäre zum Einsatz gekommen, so ist dies nach Vorgaben der Beklagten geschehen. Es erscheint aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass ein solcher Dritter der Beklagten die manipulierende Software ohne deren Wissen oder ohne deren Bemerken untergeschoben haben könnte....