Rundfunkbeitrag...quo vadis?

  • 17. Mai 2018
  • Thomas Klein

Für viele ein Ärgernis. Der Rundfunkbeitrag. Ein kleiner Überblick der aktuellen Situation..

Rundfunkbeitrag

Schon verschiedene Gerichte haben sich mit der Problematik des umstrittenen Rundfunkbeitrags, des Nachfolgers des GEZ-Beitrags beschäftigt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat ihn für Gewerbetreibende schon etwas eingeschränkt. Nachdem nun mehrerer Klagen den Instanzenweg durchschritten haben, ist das Bundesverfassungsgericht am Zug, nachdem es 2012 eine Klage aus formalen Gründen nicht zugelassen hatte.

BVerfG entscheidet über vier Verfassungsbeschwerden zum Rundfunkbeitrag


Das BVerfG hat über vier Verfassungsbeschwerden zu entscheiden.

Drei private Kläger und ein Gewerbetreibender, der Autoverleiher Sixt, wehren sich gegen die Zwangsbeiträge. Sie ordnen den Rundfunkbeitrag als Steuer ein, für den die Länder keine Regelungskompetenz haben und rügen die Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes.


Der Beitrag, so die Kläger,  sei außerdem verfassungswidrig, da er nutzungsunabhängig auch erhoben wird, wenn jemand kein Empfangsgerät hat..

Laut bekannt gewordenen Plänen sollten die Gebühren in Zukunft möglicherweise automatisch jährlich um ca. 1,75% steigen, so dass bis zum Jahr 2029 ein Anstieg von derzeit monatlich 17,50 Euro auf ca. 21 Euro erreicht wäre

Das Bundesverwaltungsgericht hatte sich bereits 2017 wie folgt geäußert:


Einen ersten Hoffnungsschimmer für Gewerbetreibende gab es bereits im Herbst 2017 aus Leipzig. Das BVerwG hatte entschieden, dass der reduzierte Rundfunkbeitrag für Hotel- und Gästezimmer nur erhoben werden darf,  wenn darin auch eine Empfangsmöglichkeit für öffentlich-rechtliche Sendungen vorhanden ist (Urteil v. 27.9.2017, 6 C 32.16)

Denn:

Wer Hotelzimmer, Gästezimmer oder Ferienwohnungen vermietet, muss für diese neben dem Betriebsstättenbeitrag noch jeweils pro Zimmer /Wohnung einen reduzierten Rundfunkbeitrag als Beherbergungsbeitrag zahlen, der pro Einheit 1/3 des Rundfunkbeitrags beträgt.
Nun befand das Bundesverwaltungsgericht, das die Erhebung dieses zusätzlichen Rundfunkbeitrags nur in den Fällen mit dem Grundgesetz vereinbar ist, in denen der Betriebsstätteninhaber, der Hotelier oder Vermieter also 

-durch die Bereitstellung von Empfangsgeräten
-oder eines Internetzugangs
-die Möglichkeit eröffnet, das öffentlich-rechtliche Rundfunkangebot in den genannten Räumlichkeiten zu nutzen.

Damit hatte sich das Bundesverwaltungsgericht von seiner bisherigen Linie abgewandt, den bislang war ihm nicht relevant erschienen, ob der Beitragspflichtige empfängt, empfangen kann oder möchte.

Vielmehr hatte das BVerwG bisher vertreten, zur Gewährleistung einer möglichst gleichmäßigen Erhebung des Beitrags sei der Gesetzgeber nicht gehalten gewesen, eine Befreiungsmöglichkeit bei fehlendem Gerätebesitz vorzusehen (Urteil v. 07.12.2016, 6 C 49.15)


Mit seiner neuen Vorgabe zur Empfangsmöglichkeit hat das BVerwG in der aktuellen Rechtssache das vorausgegangene Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen

Und das Bundesverfassungsgericht?


Schon im Sommer 2012 hatte der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) beim Bundes­verfassungsgericht die 1. Verfassungs­beschwerde gegen die Neugestaltung der Abgaben für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Weg gebracht. Sie wurde aus formalen Gründen zurückgewiesen.

Doch beim Bundesverfassungsgericht konnte man sich jetzt nicht länger auf die Subsidiarität zurückziehen.


Das Bundesverfassungsgericht geht die Frage grundsätzlich und gründlich an. Der federführenden Berichterstatter Andreas L. Paulus hat an den Bundestag, an den Bundesrat, die Landtage und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen Katalog mit "bohrenden" Fragen verschickt. Damit wird das Thema komplett aufgerollt die Frist für die Stellungnahmen ist kurz.

Entscheidet bald auch der EuGH?


Ein Richter des Landgerichts Tübingen hat den Europäische Gerichtshof angerufen, um klären zu lassen, ob die Landesrundfunkanstalten selbst Zwangsvollstreckungsbescheide erlassen dürfen oder erst den üblichen Zwangsvollstreckungsweg über einen einen gerichtlichen Titel einschlagen müssen, um Außenstände einzutreiben.

Auch das Tübinger Gericht hat die - vom BVerwG bereits einmal verneinte -   Frage an den EuGH gestellt, ob es sich , durch Anknüpfung an die Wohnung und nicht an eine Gegenleistung bei dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handelt.

Würde dies vom EuGH bejaht, könnte es sich sogar um eine unzulässige staatlichen Subvention handeln.


Seit dem 1.1.2013 gab es beim Rundfunkbeitrag kein Vertun.  Es muss (fast) jeder zahlen - ganz egal ob er/sie Rundfunk und/oder Fernsehen nutzt oder nicht.

Grund: Er ist laut BVerfG unverzichtbarer Bestandteil der öffentlichen Meinungsbildung. Beim WDR nennt man ihn deshalb gar „Demokratieabgabe".

Im Volksmund hieß der Rundfunkbeitrag früher „GEZ-Gebühr“. Zahlen musste nur, wer ein empfangsbereites Rundfunkgerät zu Hause hatte. Dies veranlasste die GEZ, die Gebühreneinzugszentrale, nicht selten zu umfangreichen, teils gefürchteten  Nachforschungsanstrengungen. Scharen von Mitarbeitern schwärmten aus, um durch Überraschungsbesuche zu klären, ob Nichtzahler tatsächlich kein Rundfunkgerät zu Hause bereit hielten.


Mit dem 1. Januar 2013 wurde alles anders.

Nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder wird seither für jede Wohnung ein einheitlicher Rundfunkbeitrag angesetzt. Damit wurde die ehemalige Rundfunkgebühr Geschichte.

Denn:

Auch mit einem PC oder einem Mobilfunkgerät kann man Rundfunk und Fernsehen empfangen.
Damit wird 100 % der Haushalte die Möglichkeit geboten, Rundfunk zu empfangen.
Allein diese Möglichkeit des Rundfunkempfangs rechtfertigt nach Auffassung der Länder die Erhebung eines Beitrags.


Auf das tatsächliche Bereithalten eines Empfangsgerät kommt es danach nicht mehr an.
Wer nicht auf Empfang geht, ist selbst schuld, zahlt aber trotzdem und nicht selten sogar mehrfach. Es gab verschiedenen Versuche, bis hin zum Bundesverfassungsgericht, dies Vorgehen als rechtswidrig zu kippen. Es blieb dabei.


Als alle Argumente im Hinblick auf Nichtnutzung, obwohl sie im Zeiten des Internets immer plausibler werden, keinen Erfolg vor den Gerichten zeitigten, dachten die Gegner um, scheiterten aber 2016 wiederum am BVerwG.
In einem Aufbäumen gegen die Abgabe zogen damals 18 Privatpersonen ohne Fernseher und Radio aus unterschiedlichen Bundesländern mit einer veränderten Argumentationslinie gegen die gesetzgeberische Beitragskonstruktion vor Gericht. I

Die Erhebung eines Beitrags von 100 % der Haushalte erfülle rechtlich nicht die Anforderungen an einen Beitrag, da ein Beitrag eine Gegenleistung voraussetze.
Die Erhebung von 100 % der Haushalte, gleichgültig ob Rundfunkempfänger oder nicht, sei voraussetzungslos und daher rechtlich als Steuer zu qualifizieren,
die nicht der Gesetzgebungskompetenz der Länder und unterstehe.
Aus diesem Grunde sei die Erhebung unrechtmäßig.


Sämtliche Klagen hatten in den Vorinstanzen keinen Erfolg und landeten schließlich vor dem BVerwG. Die Entscheidung des BVerwG war wenig überraschend und orientierte sich in der Begründung an den Entscheidungen der Vorinstanzen. Der zentrale Satz lautet:

„Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können.“

Die Gegenleistung ist nicht die Zurverfügungstellung von Rundfunkprogrammen sondern die bloße Möglichkeit, die Programme von ARD, ZDF und Deutschlandfunk zu empfangen.


Die klassischen öffentlichen Programme sichern darüber hinaus nach Auffassung der Richter die Vielfalt im Rundfunkangebot.
Sie seien daher unverzichtbarer Bestandteil für die öffentliche Meinungsbildung.
Schließlich würde das Beitragsaufkommen nicht wie eine Steuer in die Haushalte der Länder eingestellt, um Gemeinlasten zu finanzieren, sondern diene ausschließlich der Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. 


Schon der StGH Baden-Württemberg hatte mit  Beschluss v. 22.8.2013 befunden, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer sondern um eine so genannte Vorzugslast handle. Diese knüpfe an eine konkrete Gegenleistung an, die in der Möglichkeit der Nutzung von Rundfunk und Fernsehen liege.