Urlaubsabgeltung

  • 06. Juni 2018
  • Thomas Klein

Ein häufiger Streitpunkt. Urlaubsgewährung und deren Abgeltung. Gibt es hier neues vom EuGH?

Urlaubsabgeltung

Bis vor wenigen Jahren schien es selbstverständlich, dass Arbeitnehmer ihren Urlaubsantrag einreichen müssen, damit der Urlaub zum Jahresende nicht verfällt. Als Grundlage hierfür wird prinzipiell § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) herangezogen, wenn keine Gründe dafür vorliegen, weshalb der Urlaub in das folgende Jahr zu übertragen ist.

Aufgrund einiger Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur konformen Auslegung der Urlaubsrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) gab es zuletzt jedoch auch einige von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abweichende Urteile, beispielsweise des LAG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 12. Juni 2014, Az. 21 Sa 221/14), des LAG München (Urteil vom 06.05.2015, Az.: 8 Sa 982/14) oder des LAG Köln (Urteil vom 22.04.2016, Az.: 4 Sa 1095/15).

Dabei vertreten diese Gerichte  die Auffassung, der Arbeitgeber stehe in der Pflicht, seinen Arbeitnehmern auch ohne Antrag den Urlaub zu gewähren.

Tut er dies nicht, so gilt:

Der Urlaub kann auch ohne Urlaubsantrag – in Form eines Schadenersatz- oder Abgeltungsanspruchs – über mehrere Jahre erhalten bleiben.


 Das hat dazu geführt, dass das BAG vom EuGH geklärt wissen wollte, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, Urlaub auch ohne Antrag oder Wunsch des Arbeitnehmers im Urlaubsjahr zu gewähren und ihn somit dem Arbeitnehmer aufzuzwingen. Das deutsche Urlaubsrecht sehe laut BAG eine solche Pflicht nicht vor. Die Frage war nun, ob das Europarecht dieser Praxis entgegensteht. Nun hat der Generalanwalt Yves Bot seine Stellungnahme zu dieser Frage vorgelegt.

Prinzipiell stützt der Generalanwalt die Sicht des BAG zum nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch besteht: Hätte ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub wahrnehmen können und verzichtet er aus freien Stücken und bewusst darauf, so biete die EU-Richtlinie keinen Anspruch auf Zahlung einer finanziellen Vergütung, erklärt Generalanwalt Bot in seinen Schlussanträgen. Der nicht genommene Jahresurlaub verfällt also mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ein Abgeltungsanspruch besteht nicht.

Der Generalanwalt verbindet diese Aussage jedoch mit einer deutlichen Einschränkung:

Der bezahlte (Mindest-)Jahresurlaub sei ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Union. Dieser Anspruch könne auch nach Ablauf des Bezugszeitraums oder Übertragungszeitraums nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage gewesen sei, seinen Urlaub zu nehmen.

Folge:

Der Arbeitgeber trägt  eine besondere Verantwortung dafür, dass die Arbeitnehmer ihren Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich wahrnehmen.

Ein nationales Gericht, das mit der Abgeltung von – bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses – nicht genommenem Jahresurlaub befasst sei, müsse deshalb prüfen:

Hat der Arbeitgeber geeignete und konkrete organisatorische Maßnahmen ergriffen, um den Arbeitnehmern ihren bezahlten Jahresurlaub zu ermöglichen? 

Ist dies nicht der Fall, so drohen Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers, die im Ergebnis darauf hinaus laufen, dass der nicht genommene Urlaub abgegolten werden muss.

Fazit:

Unternehmen müssen sich aktiv darum bemühen, dass alle Mitarbeiter ihren Urlaub rechtzeitig nehmen. Andernfalls drohten Schadenersatzansprüche.