Die neue Musterfeststellungsklage

  • 22. Juni 2018
  • Thomas Klein

Der Gesetzgeber hat für den Verbraucher eine neue Klagemöglichkeit geschaffen. Zum 1.11.2018 geht es los. Ein kleiner Überblick....

Musterfeststellungsklage

Musterfeststellungsklage: Was ist das?

In Zeiten, in den Verbraucher im Abgasskandal betrogen werden, wollte der Gesetzgeber Ihnen gutes tun. Ab 1.11.2018 gilt:


Verbände können mit einer Musterfeststellungklage für alle betroffenen Verbrauchern eine bestimmte Rechtsverletzung (wie eine unwirksame Banken-AGB oder eine Abgasmanipulation am Kfz) eines Unternehmens gerichtlich feststellen zu lassen und ihnen damit den Weg zum Schadensersatz ebnen.


Das Modell für die nun geplante zivilprozessuale Musterfeststellungsklage liefert die Kapitalanleger-Sammelklage aus dem KapMuG. Die für Verbraucherklagen entscheidende Wirkung der Musterfeststellungsklage liegt in der Bindungswirkung des Musterfeststellungsurteils. Mit der Musterfeststellungsklage kann das Gericht

-Feststellungen tatsächlicher und rechtlicher Art zum Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs oder Rechtsverhältnisses treffen, an die ein später im Rahmen einer Leistungsklage von einem betroffenen Verbraucher oder Unternehmen angerufenes Gericht gebunden ist.


Dem mit der Musterfeststellungsklage befassten Gericht wird damit die Möglichkeit eingeräumt, unterschiedlichste Vorfragen für mögliche Leistungsklagen zu klären und damit entscheidende Unsicherheiten für einen später mit einer Leistungsklage eingeleiteten Prozess im Vorfeld auszuräumen. Da es bei den Klagen zunächst um die Feststellung von Ansprüchen dem Grunde nach und nicht um Zahlungsansprüche geht, werden sich die Streitwerte in Grenzen halten.

Bisherige Verbraucherklagen können Verjährung nicht verhindern


Schon bisher haben Verbraucherschutzverbände zwar Gerichtsurteile gegen Banken, Konzerne und Unternehmen erstritten, wenn diese beispielsweise unzulässige Bestimmungen in ihren AGB verwendet haben und Verbraucher hierdurch geschädigt wurden.

Häufig hatte die große Masse der geschädigten Verbraucher von den Erfolgen der Verbraucherschutzverbände nicht viel, denn viele Verbraucherforderungen waren nach den langjährigen Rechtsstreiten bereits verjährt.


Dies soll sich mit Einführung der Musterfeststellungsklage ändern.


Das Gesetz für diese von der Wirtschaft gefürchtete prozessuale Steighilfe für Verbraucherklagen wurde noch vor der Sommerpause durchs Parlament geschleust,denn es sollte am 1. November diesen Jahres in Kraft treten,
weil die Ansprüche vieler Diesel-Käufer zum Jahresende verjähren.


Die Opposition sperrte sich dagegen. Die FDP betont, dass Gesetz müsse im Bundestag ordentlich behandelt werden können. Sie forderte von VW einen zeitlich begrenzten Verjährungsverzicht für seine deutschen Kunden, um Druck aus dem Kessel des Gesetzgebers zu nehmen. VW reagierte nicht.

Hintergrund: Viele Dieselkäufer liefen schon Ende letzten Jahres in die Verjährungsfalle.


Künftig sollen Verbraucher ähnlich wie bei Sammelklagen ihre Rechte gemeinsam einklagen können. Im Unterschied zu Sammelklagen - beispielsweise in den USA - gibt es aber entscheidende Einschränkungen und Abweichungen.

Das Verfahren der geplanten Musterfeststellungsklage führt im Gegensatz zu echten Sammelklagen nicht zu unmittelbaren Zahlungstiteln.


Es bindet lediglich die Gerichte für späteren Verbraucherklagen an die Feststellungen im Musterklageverfahren, wenn sich der Verbraucher der Musterfeststellungsklage angeschlossen hat.

Details der Musterfeststellungsklage


Die neue Klage wurde in §§ 606 ff ZPO-E geregelt:

Nur ausgesuchte Verbraucherverbände können eine Musterfeststellungsklage für eine Vielzahl von Betroffenen einreichen können.


Die Mindestzahl der Mitstreiter, die für die Einleitung eines Musterfeststellungsverfahrens erforderlich ist, soll laut Entwurf 10 Verbraucher betragen.


Anschließen müssen sich innerhalb von zwei Monaten
mindestens 50 Verbraucher in einem elektronisch geführten Register anmelden und der Klage anschließen.


Der Eintrag ins Klageregister soll den Verbraucher eine Pauschalgebühr von 30 Euro kosten (noch umstritten).

Registrierung in das Klageregister


Die Anmeldung in das Klageregister wird in § 608 des neuen Gesetzes wie folgt geregelt:
(1) Bis zum Ablauf des Tages vor Beginn des ersten Termins können Verbraucher Ansprüche oder Rechtsverhältnisse, die von den Feststellungszielen abhängen, zur Eintragung in das Klageregister anmelden.
(2) Die Anmeldung ist nur wirksam, wenn sie frist- und formgerecht erfolgt und folgende Angaben enthält:
1. Name und Anschrift des Verbrauchers,
2. Bezeichnung des Gerichts und Aktenzeichen der Musterfeststellungsklage,
3. Bezeichnung des Beklagten der Musterfeststellungsklage,
4. Gegenstand und Grund des Anspruchs oder des Rechtsverhältnisses des Verbrauchers,
5. Betrag der Forderung,
6. Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben.

 

Hierfür besteht kein Anwaltszwang, doch Kritiker sehen Laien damit überfordert.

Welche Rechtsfolgen wird die Musterfeststellungsklage haben?


Das Verfahren wird - quasi als unechte Sammelklage - ausschließlich zwischen dem klagenden Verbraucherschutzverband und der Beklagtenpartei geführt. Welche Ergebnisse bringt diese Klage dann für den klagenden Verbraucher?

Der Eintrag hat für die Ansprüche des Verbrauchers verjährungshemmende Wirkung.


Im Rahmen der Musterfeststellungsklage wird lediglich über das Vorliegen oder Nichtvorliegen zentraler Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen entschieden, das Verfahren führt nicht zu unmittelbaren Zahlungstiteln.


Möglicherweise aber sind Unternehmen nach der Feststellung bereit, einen Vergleich abzuschließen, um sich den verschiedenen nun zu erwartenden Klage nicht auszusetzen.

Bis zu welchem Zeitpunkt kann man sich der Klage anschließen?


Verbraucher haben auch während des Verfahrens – wohl bis Beginn des ersten Termins - die Möglichkeit, ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei in dem elektronischen Klageregister anzumelden.

Das Musterfeststellungsurteil hat nur dann Bindungswirkung für nachfolgende Klagen.


Das Kostenrisiko der Musterfeststellungsklage trägt ausschließlich der klagende Verband und nicht der Verbraucher.


 Auch ein erzielter Vergleich gilt für die Registrierten.

Insgesamt gesehen, ist das neue Vorhaben kein Erfolg für Verbraucher, sondern ein Schlag ins Gesicht. Insbesondere das dringende Problem der Verjährung im Abgasskandal wird damit nicht gelöst.

 

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