Sonderzuwendungen im Arbeitsverhältnis

  • 09. Juli 2018
  • Thomas Klein

Was geschieht mit Sonderzuwendungen im Arbeitsverhältnis bei Ausscheiden aus dem Betrieb ? Aktuelles hierzu aus der Justiz....

Sonderzuwendungen

Der Anspruch auf eine jährliche Sonderzahlung vom Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag außerhalb des Bezugszeitraums im Folgejahr kann in Tarifverträgen abhängig gemacht werden.

Dies stelle keinen Verstoß gegen höherrangiges Verfassungsrecht dar, so das Bundesarbeitsgericht (Az.: 10 AZR 290/17).

Was war passiert?


Der Beklagte arbeitete seit 1995 als Busfahrer in dem Verkehrsunternehmen der Klägerin. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund einzelvertraglicher Bezugnahme ein Tarifvertrag Anwendung, der einen Anspruch auf eine bis zum 1. Dezember zu zahlende Sonderzuwendung vorsieht. Diese dient auch der Vergütung für geleistete Arbeit. Die Sonderzuwendung ist vom Arbeitnehmer zurückzuzahlen, wenn er in der Zeit bis zum 31. März des folgenden Jahres aus eigenem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem Beschäftigungsverhältnis ausscheidet. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis im Oktober 2015 zum Januar 2016. Mit der Abrechnung für den Monat November 2015 zahlte die Klägerin an ihn die tarifliche Sonderzuwendung in Höhe eines Monatsentgelts. Nachdem das Arbeitsverhältnis geendet hatte, verlangte sie die Sonderzuwendung nach der tarifvertraglichen Regelung zurück. Der Beklagte lehnte das ab, weil die Tarifvorschrift unwirksam sei. Sie verstoße als unverhältnismäßige Kündigungsbeschränkung gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG.

Das sagt das BAG:


Damit hatte er allerdings keinen Erfolg. Zwar wäre die Rückzahlungsregelung nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes allerdings unwirksam, wenn sie als arbeitsvertragliche Allgemeine Geschäftsbedingung einer Klauselkontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB zu unterziehen wäre. Arbeitsvertraglich in ihrer Gesamtheit einbezogene Tarifverträge unterlägen jedoch keiner solchen Inhaltskontrolle, weil sie nur bei einer Abweichung von Rechtsvorschriften stattfinde. Tarifverträge stünden nach § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB Rechtsvorschriften im Sinne des § 307 Abs. 3 BGB gleich.


Die Rückzahlungsverpflichtung des Beklagten, die sich aus der tarifvertraglichen Stichtagsregelung ergibt, verstößt laut BAG nicht gegen höherrangiges Recht.

Sie verletze insbesondere nicht Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG, die die Tarifvertragsparteien bei der tariflichen Normsetzung zu beachten haben. Den Tarifvertragsparteien stehe dabei aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu, über den Arbeitsvertrags- und Betriebsparteien nicht in gleichem Maß verfügten. Ihnen komme eine Einschätzungsprärogative zu, soweit die tatsächlichen Gegebenheiten, die betroffenen Interessen und die Regelungsfolgen zu beurteilen sind. Darüber hinaus verfügten sie über einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Die Tarifvertragsparteien seien nicht verpflichtet, die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung zu wählen. Es genüge, wenn es für die getroffene Regelung einen sachlich vertretbaren Grund gibt.


Zwar greife die tarifvertragliche Regelung, die das BAG anzuwenden hatte, in die Berufsfreiheit der Arbeitnehmer ein. Denn Art. 12 Abs. 1 GG schütze auch die Entscheidung eines Arbeitnehmers, eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit in einem gewählten Beruf beizubehalten oder aufzugeben. Allerdings sei die Einschränkung der Berufsfreiheit der Arbeitnehmer sei hier aber noch verhältnismäßig.