Kindesunterhalt...immer zu zahlen?

  • 12. August 2018
  • Thomas Klein

Ein häufiges Problem in der Praxis: Der Kindesunterhalt kann nicht gezahlt werden, obwohl der Unterhaltspflichtige voll arbéiten geht. Was gilt hier eigentlich?

Kindesunterhalt

Grundsätzlich gilt nach dem deutschen Unterhaltsrecht:

Die Unterhaltspflicht setzt die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners voraus.

Dies bedeutet:

 Wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stand ist, ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, ist nicht unterhaltspflichtig (§ 1603 Abs. 1 BGB).

Diese Leistungsfähigkeit muss zu dem Zeitpunkt bestehen, zu dem Kindesunterhalt geltend gemacht wird.

Besteht sie zu diesem Zeitpunkt, z. B. wegen Arbeitslosigkeit, nicht, wirkt sich eine spätere Leistungsfähigkeit, z. B. durch einen neuen Arbeitsplatz oder eine Erbschaft, nicht auf die Vergangenheit, wohl aber auf die Zukunft aus. Bedürftigkeit auf Seiten des Unterhaltsgläubigers und Leistungsfähigkeit auf Seiten des Unterhaltsschuldners müssen somit zeitgleich vorliegen.

Die Leistungsfähigkeit bestimmt sich nach dem tatsächlich vorhandenen Einkommen des Unterhaltsschuldners. Hierbei sind dessen Gesamteinkünfte grundsätzlich ohne Rücksicht auf Herkunft und Verwendungszweck heranzuziehen, z. B. Arbeitseinkünfte einschließlich Sachbezüge, Mieterträge, Kapitaleinkünfte, staatliche Leistungen und Zuwendungen Dritter.

Bei unregelmäßigen Einkünften, wie z. B. bei einem Selbstständigen, ist das Durchschnittseinkommen, das über einen längeren Zeitraum (3 bis 5 Jahre) bezogen wurde, zugrunde zu legen.

Für berufsbedingte Aufwendungen (Fahrten zur Arbeit etc.) darf ein pauschaler Abzug von 5 % gemacht werden. Höhere Aufwendungen können im Einzelfall nachgewiesen werden. Einkunftsmindernd wirken sich auch Beiträge für eine angemessene Altersversorgung aus.

Sonderproblem Wohnvorteil:

Der Wohnvorteil des Wohnens in der eigenen Immobilie erhöht das Einkommen, wobei jedoch die verbrauchsunabhängigen Kosten, z. B. Darlehenszinsen, einkommensmindernd wirken. Hinsichtlich des Nutzungsvorteils kommt es auf die bei einer Fremdvermietung erzielbare objektive Marktmiete an.


Der Unterhaltsschuldner hat seine Arbeitskraft so effektiv wie möglich einzusetzen. Wird er arbeitslos, muss er alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um wieder eine Berufstätigkeit zu finden. Hierzu zählt neben der Meldung bei der Agentur für Arbeit auch die Bewerbung auf Zeitungsanzeigen. Die Familiengerichte verlangen insoweit substanziiert dargelegte und dokumentierte Erwerbsbemühungen.

Auch ein Arbeitsplatzwechsel und bei Betreuung minderjähriger Kinder zumindest eine Nebenbeschäftigung können zumutbar sein.

Nebentätigkeiten dürfen jedoch arbeitsrechtlich die Höchststundenzahl von 8 Stunden täglich oder 48 Stunden wöchentlich nicht überschreiten (§§ 3, 9 Abs. 1 ArbZG). Fallen erhebliche Fahrtkosten an, muss ein Unterhaltsschuldner seinen Wohnsitz zu deren Reduzierung in die Nähe der Arbeitsstelle verlegen.

Ein Elternteil, der bereits mehrere Ausbildungen abgebrochen hat und aufgrund seiner Schulausbildung und bisherigen beruflichen Tätigkeit in der Lage ist, mit seiner Berufstätigkeit sein Einkommen und den Mindestunterhalt eines Kindes zu erwirtschaften, darf keine weitere Aus- oder Weiterbildung zu Lasten des Unterhaltsanspruchs des Kindes aufnehmen.

Eine Berufstätigkeit ist nicht mehr bei Erreichen der allgemeinen Altersgrenze erforderlich.

Ein Selbstständiger muss gegebenenfalls eine besser honorierte abhängige Tätigkeit annehmen. Gegenüber volljährigen Kindern besteht dagegen keine erhöhte Leistungsverpflichtung. Dies gilt auch, wenn sie wegen einer körperlichen oder geistigen Behinderung nicht erwerbsfähig sein können.

 

Untersagt sind bewusste und leichtfertige Einkommensreduzierungen. Der Unterhaltspflichtige darf deshalb eine gut bezahlte Tätigkeit nicht aufgeben und seinen Arbeitsplatz kündigen. Eine Altersteilzeit ist ihm bei nachteiligen Auswirkungen auf den Unterhaltsgläubiger nicht gestattet.

Kommt der Unterhaltsschuldner seiner Erwerbsobliegenheit nicht nach oder verschuldet er den Verlust seines Arbeitsplatzes, z. B. Straftaten, Alkoholmissbrauch, Belästigung von Mitarbeitern, kann dem Verpflichteten bei einem unterhaltsbezogenen mutwilligen Verhalten ein fiktives Einkommen zugerechnet werden. Dieses orientiert sich an dem bisher erzielten oder den erzielbaren Einkünften, mindestens aber an den Einkünften, die unter Berücksichtigung einer 40 Stunden Woche bei Zahlung des Mindestlohnes erzielt werden könnten.

 

Allerdings muss dies für den Unterhaltspflichtigen nach seinen persönlichen Möglichkeiten und den Verhältnissen auf dem Arbeitsmarkt erzielbar sein. Eine Einkommens- und Kirchensteuer sind i. d. R. einkommensmindernd zu berücksichtigen. Dagegen kommt ein Splittingvorteil aus einer neuen Ehe – anders als beim Ehegattenunterhalt – auch den Kindern des Unterhaltsschuldners aus der alten Ehe zu Gute.  Ein fiktiv zu berücksichtigender Splittingvorteil ist ggf. zu schätzen; jedoch darf der Ehegatte des Unterhaltspflichtigen hierdurch nicht benachteiligt werden.

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