Verkehrsverstoß im Ausland

  • 24. August 2018
  • Thomas Klein

Die Sommerferien in NRW sind vorbei. Manche Urlauber haben im Ausland angeblich Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen und erhalten jetzt Post, damit ausländische Bußgelder bezahlt werden. Und nun?

Verkehrsverstoß im Ausland

Der Urlaub ist zu Ende und war schön.

Leider flattert nun Post eines Inkassounternehmens oder aber Post einer ausländischen Behörde ins Haus mit der Aufforderung, ein Bußgeld wegen einen angeblich begangenen Tat wie eine Geschwindigkeitsüberschreitung  oder Falschparken oder dergleichen zu zahlen. Und jetzt?

Die grenzüberschreitende Durchsetzung von Forderungen aus Verkehrsverstößen hängt entscheidend davon ab, ob es sich um eine zivilrechtliche Inanspruchnahme oder eine verwaltungsrechtliche Sanktion  handelt.

Der Charakter der Forderung bestimmt die Rechtsgrundlage für ihre grenzüberschreitende Durchsetzung. Je nach Rechtsgrundlage sind die materiellen und förmlichen Voraussetzungen für die Anerkennung im Ausland sowie die mit ihrer Durchsetzung beauftrage berechtigte Stelle unterschiedlich. Dies ist auch entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob ein Inkassobüro grenzüberschreitend eine Forderung für eine ausländische Stelle geltend machen kann.

Anders als in Deutschland wird in vielen Ländern Europas, bspw. Kroatien, Vereinigtes Königreich, Norwegen oder Dänemark, die Nutzung einiger öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen zivilrechtlich ausgestaltet. Dies betrifft insbesondere Parkflächen und mautpflichtige Straßenabschnitte, für die die Einhaltung der Nutzungsbedingungen durch einen besonderen Rechtsakt auf Gesellschaften übertragen wird.

Dies führt dann grundsätzlich dazu, dass eine Forderung zunächst einmal durch ein Inkassounternehmen geltend gemacht werden kann.

Aber kann diese in Deutschland auch so einfach vollstreckt werden?

Die zivilrechtliche Geltendmachung einer Forderung aus der Inanspruchnahme einer Verkehrsfläche nebst grenzüberschreitender Vollstreckung im Ausland setzt den Abschluss des sog. Erkenntnisverfahrens voraus.

Hierfür sind im EU-Rahmen die Zuständigkeitsvorschriften der Brüssel Ia-Verordnung, die Regelungen der EG-Bagatell-VO  und das europäische Mahnverfahren nach der EG-Mahn-VO  zu prüfen.

Handelt es sich um eine Forderung aus der Inanspruchnahme von Parkflächen, kommt eine Qualifikation als Mietverhältnis in Betracht mit der Folge, dass wegen Art. EWG_VO_1215_2012 Artikel 24 Nr. EWG_VO_1215_2012 Artikel 24 Nummer 1 Brüssel Ia-VO ausschließlich die Gerichte am Belegensort der Sache zuständig sind.

Für die Vollstreckung eines nach rechtskräftigem Abschluss des Erkenntnisverfahrens erwirkten Titels in der EU gelten ebenso die Regelungen der Brüssel Ia-VO. 

Nach Art. 36 der Verordnung sind die mitgliedstaatlichen Entscheidungen anzuerkennen. Es genügt daher für den mitgliedstaatlichen Vollstreckungsgläubiger, gemäß Art. EWG_VO_1215_2012 Artikel 43 Brüssel Ia-VO eine Ausfertigung der beweiskräftigen Entscheidung sowie eine vom Ursprungsgericht nach Maßgabe von Art. EWG_VO_1215_2012 Artikel 53 Brüssel Ia-VO ausgestellte Entscheidung über die Vollstreckbarkeit der Entscheidung vorzulegen.

Über die Berechtigung der Geltendmachung der Forderung macht die Verordnung keine Angaben, dies richtet sich nach dem nationalen Recht des Gläubigerstaates.

Insofern kann auch ein Inkassounternehmen, an das die sich aus dem Verkehrsverstoß ergebende Forderung abgetreten wurde, als Vollstreckungsgläubiger nach der Brüssel Ia-VO auftreten.

Wie kann ich mich wehren?

Am besten durch die Vertretung eines versierten Fachanwaltes.

Der wird Ihnen dann folgendes sagen:

Der Schuldner kann die sich aus den Art. EWG_VO_1215_2012 Artikel 45 und EWG_VO_1215_2012 Artikel 46 Brüssel Ia-VO ergebenden Verweigerungsgründe geltend machen.

Erwähnenswert sind die Versagensgründe nach Art. EWG_VO_1215_2012 Artikel 45 EWG_VO_1215_2012 Artikel 45 Absatz I a – Ordre public-Vorbehalt – und b VO – Mangel der Zustellung der verfahrenseinleitenden Urkunden.

Über den Ordre public-Vorbehalt lohnt es sich zumindest dann nachzudenken, wenn die Inanspruchnahme des Schuldners als Kfz-Halter erfolgt, unabhängig von der Frage, ob er den Verkehrsverstoß auch tatsächlich begangen hat.

Was gilt, wenn es sich nicht um eine zivilrechtliche Forderung handelt, sondern der ausländische Staat zuständig ist?

Für den EU-Raum hat der Gesetzgeber mit dem Rahmenbeschluss Geldsanktionen (2005/214/JI – RB-Geld) eine Rechtsgrundlage geschaffen, die zwischen den EU-Mitgliedstaaten eine ebenso praktikable wie effektive Durchsetzung von Bußgeldforderungen aus der Verletzung von Vorschriften des Straßenverkehrs ermöglicht.

Der RB-Geld kann auch zur Beitreibung von Geldsanktionen genutzt werden, die durch eine Verwaltungsbehörde oder ein Strafgericht wegen der Verletzung von Vorschriften des Straßenverkehrs verhängt wurden.

Ein solches Rechtsinstrument ist erforderlich, weil eine zwangsweise Beitreibung einer Geldsanktion im Ausland ausgeschlossen ist, stellte dies doch deinen unzulässigen Eingriff in die Hoheitsrechte des Staates dar, in dem die Maßnahme ergriffen würde.

Der Anwendungsbereich des RB-Geld ist klar definiert: Eine grenzüberschreitende Vollstreckung kommt nach Art. 1 lit. a nur bei solchen Entscheidungen in Betracht, die

•von einem Gericht oder einer Staatsanwaltschaft wegen einer strafbaren Handlung festgesetzt worden sind, oder


•oder von einem Gericht oder einer nichtgerichtlichen Stelle, d. h. auch einer Verwaltungsbehörde, in Bezug auf eine Handlung erlassen wurde, die nach dessen innerstaatlichem Recht als Zuwiderhandlung gegen Rechtsvorschriften geahndet wurden, vorausgesetzt, dass die betroffene Person die Möglichkeit hatte, die Sache auch vor einem für Strafsachen zuständigen Gericht anzufechten.


Die mit der Entscheidung verhängte Geldstrafe oder Geldbuße muss sich nach Art. 1 lit. b RB-Geld auf einen in der Entscheidung festgelegten Geldbetrag aufgrund der Verurteilung wegen einer Zuwiderhandlung beziehen. Kosten der zu der Entscheidung führenden Gerichts- und Verwaltungsverfahren können ebenfalls geltend gemacht werden, ebenso wie Entschädigungen für Opfer oder Geldbeträge für Opferorganisationen.

Berechtigte Stellen für die Stellung eines Ersuchens nach dem RB-Geld sind gemäß deren Art. 2 von den Mitgliedstaaten zu notifizieren. Für Deutschland nimmt diese Aufgabe das Bundesamt für Justiz wahr, einige Mitgliedstaaten haben ebenfalls Zentralstellen benannt, andere Mitgliedstaaten haben die Wahrnehmung der Aufgaben auf lokale Behörden übertragen.

Aber auch hier hat der Betroffene zahlreiche Verteidigungsmöglichkeiten, die nach unserer praktischen Erfahrung dazu führen, dass eine Durchsetzung auch dieser Forderungen für die ausländische Behörde sehr schwierig ist.

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