Der Marder und die Versicherung

  • 25. September 2018
  • Thomas Klein

Streit mit der Versicherung bei Bissen von Marder und Co ? Aktuelle Rechtsprechung...

Der Marder und die Versicherung

Marder, Mäuse und andere Tiere machen sich schon mal gerne über Autos her.

Der Schaden ist nicht selten groß. Da die Tiere selten über eine private Haftpflichtversicherung verfügen, stellt sich die Frage, wer für den Schaden aufkommt?

Welchen Versicherungsschutz haben Autofahrer in der Teilkaskoversicherung, wenn z.B. Mäuse sich über das Fahrzeug hermachen? Was fällt unter eine Ausschlussklausel zum Fahrzeuginnenraum?

Das OLG Frankfurt hatte sich jüngst mit folgendem zu beschäftigen:

Am und im Pkw des Versicherungsnehmers wurden diverse Schäden festgestellt, u.a.:

-zerbissene Wasserabläufe des Panoramadachs
-ein angefressener Kopfairbag auf der Beifahrerseite
-starke Bissschäden an der Dämmung hinter dem Armaturenbrett und an der Isolierung der Verkabelung


Ein hinzugezogener Sachverständiger bestätigte zudem weitere Schäden hinter diversen seitlichen Verkleidungsteilen oberhalb des Dachhimmels und unter dem Bodenbelag. Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen.

Begründung: Es handele sich um Schäden im Fahrzeuginnenraum, die vom Versicherungsschutz ausgeschlossen seien.

Was steht hierzu in den Bedingungen?


Die Versicherung verwies auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen es in Ziffer A.2.2.7 heißt: 

„Versichert sind Schäden, die unmittelbar durch Tierbiss am Fahrzeug verursacht wurden. Schäden am Fahrzeuginnenraum sind vom Versicherungsschutz ausgeschlossen…“

Das Landgericht hatte die Klage des Autobesitzers abgelehnt.

Das OLG Frankfurt hingegen kam zu einer anderen Einschätzung.

Es stellte fest: „Es liegt ein versicherter Schaden durch Tierbiss am Fahrzeug im Sinne der Ziff. A.2.2.7 S.1 der Versicherungsbedingungen vor.

So begründete das OLG seine Entscheidung

Die Schäden im Bereich zwischen der Außenhaut des Autos und der Innenraumverkleidung seien „am Fahrzeug“ im Sinnen von S. 1 der Versicherungsklausel entstanden.
Die Klausel beziehe sich nicht nur auf die Außenhülle des Autos, gemeint sei vielmehr das Fahrzeug als Ganzes.
Satz 2 der Klausel nehme von der Gesamtheit des Fahrzeugs zwar den Fahrzeuginnenraum aus. Die vorliegenden Schäden hätten sich aber nicht im Fahrzeuginnenraum befunden.


Aber:

Was versteht ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer unter dem Begriff Fahrzeuginnenraum? 


Die Frage beantwortete das OLG Frankfurt so:

Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer werde davon ausgehen, dass der Innenraum durch Fahrgastzelle und Kofferraum definiert sei, also durch die von Menschen „benutzbaren und zugänglichen“ Bereiche
Als Innenraumschaden werde ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer all diejenigen Schäden werten, die er ohne Demontage des Fahrzeugs als Bissspuren qualifizieren könne
Nicht zum Innenraum gehöre der Zwischenraum hinter der Verkleidung mit Lüftungselementen, Klimaanlage und Sicherheitseinrichtungen, Bordelektronik etc. und den entsprechenden Verkabelungen


Aber was ist mit den Risikoausschlüssen in den Bedingungen?


Zum Thema Risikoausschluss in Versicherungsbedingungen führte das Gericht aus: Der dürfe grundsätzlich nicht weiter ausgedehnt werden, als es sein Sinn unter Beachtung des wirtschaftlichen Zwecks erfordere.

Zudem wies das Gericht darauf hin, dass der Versicherungsschutz bei einem anderen Verständnis praktisch ins Leere liefe, angesichts der in der mitteleuropäischen Fauna vertretenen potenziellen Schadtiere und deren Bissgewohnheiten. Schließlich träten Tierbissschäden vor allem im Motorraum an durchgebissenen Kabeln auf.

 


(OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 05.09.2018, 7 U 25/16)