Dieselfahrverbote?

  • 07. Oktober 2018
  • Thomas Klein

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge sollen kommen. Die Politik versucht vergeblich, gegen zu steuern. Die Justiz ist unterschiedlicher Meinung. Ein Überblick auf jüngster Zeit...

Dieselfahrverbote?

Das VG Düsseldorf hat den Antrag der Deutschen Umwelthilfe gegen das Land NRW auf unmittelbare Durchsetzung eines Dieselfahrverbots im Stadtgebiet Düsseldorf auf der Grundlage eines zuvor ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteils abgewiesen.

Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) war es einen Versuch wert, die eher theoretisch bestehende Möglichkeit zur unmittelbaren Durchsetzung eines Dieselfahrverbots zu nutzen. Aus juristischer Sicht war der Versuch von Anfang an wenig erfolgversprechend, da ein vollstreckungsfähiger Titel zur direkten Umsetzung eines Dieselfahrverbots nicht wirklich vorlag.


Der Vollstreckungsantrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen das Land NRW wegen der Nichtverhängung von Dieselfahrverboten stützte sich auf ein Urteil des VG Düsseldorf vom September 2016. Dort hatte das VG einer Klage der DUH gegen das Land Nordrhein-Westfalen stattgegeben und das Land bzw. die zuständige Bezirksregierung verpflichtet,



in den laufenden Luftreinhaltungsplan Maßnahmen einzufügen, die schnellstmöglich eine Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Stadtgebiet Düsseldorf gewährleisten können.
Sämtliche zuvor durchgeführten Maßnahmen, insbesondere auch die Einführung der grünen Umweltzone, hatten nach Auffassung des VG nicht zu dem rechtlich erforderlichen Ergebnis geführt.


In seinem Urteil verpflichtete das VG die Bezirksregierung, im Rahmen der vorgesehenen Maßnahmen auch ernstlich die Einführung eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge in Erwägung zu ziehen und Vor- und Nachteile einer solchen Maßnahme zu prüfen, gegebenenfalls auch die Einführung einer sogenannten blauen Plakette zu erwägen (VG Düsseldorf, Urteil v. 13.9.2016, 3 K 7695/15).


Da die nach dem Urteil des VG erforderliche Einhaltung der Grenzwerte bis heute nicht erreicht wurde, vertrat die DUH die Auffassung, das Land habe seine Verpflichtungen aus dem verwaltungsgerichtlichen Urteil, für eine Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte zu sorgen und ernstlich die Einführung eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge in Erwägung zu ziehen, nicht erfüllt. Die Einhaltung dieser Verpflichtung wollte die DUH nun im Vollstreckungsverfahren erzwingen.


Das VG wies im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens darauf hin, das Urteil vom 13.9.2016 sehe zwar die Verpflichtung des Landes bzw. der Bezirksregierung vor, sämtliche erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid zu ergreifen, hierbei habe das Gericht jedoch das Land lediglich verpflichtet, die Möglichkeit der Verhängung eines Fahrverbots für Dieselfahrzeuge ernsthaft zu prüfen und in Erwägung zu ziehen.


Dieser Prüfungspflicht -so das Gericht- sei das Land grundsätzlich nachgekommen und habe im Rahmen seines Ermessens vorläufig von der Verhängung eines solchen Fahrverbots abgesehen.


Ob das Land dabei sämtliche im Rahmen der Abwägung erforderlichen Gesichtspunkte berücksichtigt und seiner Prüfungspflicht in vollem Umfange nachgekommen sei, könne nicht im Vollstreckungsverfahren, sondern nur in einem gesonderten Hauptsacheverfahren überprüft werden.

Das VG kam daher zu dem Ergebnis, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil keine unmittelbare Verpflichtung zur Verhängung eines Dieselfahrverbots enthält
und daher ein solches Fahrverbot auch nicht im Vollstreckungsverfahren durchgesetzt werden kann.


Eine unmittelbare Verpflichtung zur Verhängung von Fahrverboten folge auch nicht aus dem Urteil des BVerwG vom Februar 2018, in dem das BVerwG den Weg zur Verhängung von Dieselfahrverboten freigemacht hatte. Auch nach diesem Urteil verbleibe dem Land ein Abwägungsspielraum (BVerwG, Urteil v. 27.2.2018, 7 C 26.16).


Das VG wies daher den Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes gegen das Land NRW zurück (VG Düsseldorf, Beschluss v. 6.9.2018, 3 M 123/18).

Anders das VG Wiesbaden:

Das VG Wiesbaden hat das Land Hessen verpflichtet, ab Februar 2019 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge im Stadtgebiet der Mainmetropole Frankfurt vorzusehen. Damit nicht genug, hat das VG weitere konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität in Frankfurt vorgeschrieben.

Mit seinem Urteil setzt das VG Wiesbaden zwei wegweisende Entscheidungen des BVerwG zu Fahrverboten von Dieselfahrzeugen um. In zwei Entscheidungen vom Februar 2018 hatte das BVerwG die härteste aller denkbaren Entscheidungen für Diesel-Fahrer getroffen und die Revisionen der Bundesländer Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen gegen Entscheidungen zweier Verwaltungsgerichte, die erstmalig den Weg für Diesel-Fahrverbote eröffneten, zurückgewiesen (BVerwG, Urteile v. 27.2.2018, 7 C 26.16 u. 7 C 30.17).


Nun hat das VG Wiesbaden diese vom BVerwG bestätigte Rechtsprechung weiter konkretisiert. Das Gericht hat das Land Hessen verpflichtet, den Luftreinhalteplan unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts fortzuschreiben.

Nach dem Diktum des VG sind die bisherigen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftschadstoffe in Frankfurt a.M. nicht ausreichend, weil die Grenzwerte für Stickoxide von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft dort immer wieder deutlich überschritten werden.


Diese ständige Überschreitung des Grenzwertes im Stadtgebiet zwingt nach Auffassung des Gerichts zur Einführung eines zonenbezogenen Fahrverbots, um die Gefährdung der Gesundheit der Bewohner der Innenstadt sowie der Verkehrsteilnehmer nachhaltig zu mindern.


Das verbliebene Planungsermessen sei insoweit auf Null geschrumpft.
Beginnend mit dem 1. Februar 2019 sei daher ein Fahrverbot für Dieselfahrzeuge der Klasse Euro 4 und Benziner der Klassen 1 und 2 auszusprechen,
für Dieselfahrzeuge der Klasse Euro 5 zum 1. September 2019.
VG betont Pflicht zur Fortschreibung der Luftreinhaltepläne
In rechtlicher Hinsicht verweist das VG im Wesentlichen aufden Anspruch der Anwohner auf saubere Luft aus § 47 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG,
wonach die für die Aufstellung von Luftreinhalteplänen zuständigen Planungsbehörden einen Luftreinhalteplan aufzustellen bzw. fortzuschreiben hätten,
wenn die nach europäischen und bundesrechtlichen Vorschriften einzuhaltenden Immissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe nicht eingehalten werden.


Ausnahmegenehmigungen - beispielsweise für Handwerksbetriebe oder Taxis - sind nach Auffassung des Gerichts zwar möglich, müssten aber zeitlich begrenzt werden. Außerdem müssten für die Ausnahmegenehmigungen Gebühren in einer Höhe erhoben werden, die klare Anreize für die betroffenen Unternehmen zur Erneuerung oder Nachrüstung ihrer Fahrzeuge setze.


Über die Verhängung von Fahrverboten hinaus verpflichtete das Gericht das Land,die Busflotte für Frankfurt mit SCRT- Filtern nachrüsten zu lassen.
Daneben seien durch eine Bewirtschaftung des Parkraums deutliche Anreize für den Umstieg auf den öffentlichen Nahverkehr zu schaffen.
Solche Anreize könnten nach Auffassung des Gerichts durch kostenlose Park & Ride - Parkplätze am Stadtrand geschaffen werden.
Auch an Behinderte hat das Gericht gedacht, für die preisgünstiger Parkraum vorzuhalten sei.

 

(VG Wiesbaden, Urteil v. 5.9.2018, 4 K 1613/15.WI)