Fluggastrechte

  • 24. Oktober 2018
  • Thomas Klein

Die Reisezeit ist wieder akut. Vielfach läuft insbesondere beim Fliegen einiges schief. Was sind eigentlich Ihre Rechte?

Fluggastrechte

Die Rechte und Ansprüche von Passagieren bei Verspätung, Annullierung oder Überbuchung eines Fluges sind in der sogenannten Fluggastrechteverordnung 261/2004 festgelegt, welche seit Februar 2005 in Kraft ist.

Diese soll Reisenden Rechtssicherheit im Falle einer Annullierung, Verspätung oder Nichtbeförderung bieten und so den Ansprüchen des Verbraucherschutzes Rechnung tragen.

Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung


Da es sich um eine EU-Verordnung handelt, ist der räumliche Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung naturgemäß eingeschränkt. Die Verordnung gilt bei:

-Allen Flügen innerhalb der EU, unabhängig davon ob die durchführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat oder nicht
-Allen Flügen aus der EU in ein Nicht-EU-Land, wenn die durchführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat
-Flügen aus einem Nicht-EU-Land in die EU, wenn die durchführende Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat


Zusätzlich zu den 28 EU-Staaten gilt die Verordnung entsprechend auch für Island, Norwegen und die Schweiz!

Beispiel: Sie fliegen mit der Lufthansa von Peking nach München und kommen dort mit einer Verspätung von fünf Stunden an. In diesem Fall haben Sie Anspruch auf eine Entschädigung gemäß der Fluggastrechteverordnung. Wären Sie mit der chinesischen Fluggesellschaft Air China unterwegs gewesen, würde die Verordnung nicht greifen.

Flugverspätung


Grundsätzlich sind Ihre Ansprüche im Falle einer Flugverspätung in Art. 6 der Fluggastrechteverordnung geregelt. Welche Ansprüche bestehen, richtet sich dabei nach der Dauer der Verspätung.

Ab einer Verspätung von zwei Stunden ist die betreffende Airline verpflichtet, Sie mit Getränken und Essen zu versorgen und Ihnen zwei Telefonate, E-Mails oder Faxe zu ermöglichen. Hat Ihr Flug mindestens drei Stunden Verspätung, steht Ihnen eine finanzielle Entschädigung zu, welche sich in der Höhe nach der Länge der Flugstrecke richtet.

Ist aufgrund der Flugverspätung der Abflug erst am nächsten Tag möglich, haben Sie Anspruch auf Transfer und Übernachtung in einem Hotel.

Ihre Ansprüche im Falle einer Flugverspätung auf einen Blick


Ab zwei Stunden Verspätung: Anspruch auf Verpflegung, zwei Telefonate oder E-Mails

Ab drei Stunden Verspätung: Anspruch auf finanzielle Entschädigung:

-250 € bei einer Flugstrecke bis 1500 km
-400 € bei einer Flugstrecke von mehr als 1500 km
-600 € bei einer Flugstrecke von mehr als 3500 km mit Start oder Ziel außerhalb der EU


Liegen außergewöhnliche Umstände vor, ist die Fluggesellschaft nicht verpflichtet, eine Entschädigung zu zahlen.


Tipp: Lassen Sie sich die Dauer der Verspätung und deren Grund am Flughafen schriftlich bestätigen, und bewahren Sie Ihre Belege (z.B. für Verpflegung oder Taxifahrten) auf.

Flugannullierung


Grundsätzlich haben Passagiere, deren Flug annulliert wurde, gemäß Art. 5 der Fluggastrechteverordnung Anspruch auf Ausgleichs-und Betreuungsleistungen. Es gibt jedoch Einschränkungen dieses Grundsatzes. Entscheidend ist hierbei, wann Sie von der Fluggesellschaft über die Annullierung des Fluges informiert wurden.

In folgenden Fällen besteht kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung:

Die Fluggesellschaft informiert Sie mindestens zwei Wochen vor dem planmäßigen Abflugdatum über den Ausfall des Fluges.


Die Fluggesellschaft informiert Sie mindestens sieben Tage vor dem planmäßigen Abflugdatum und bietet einen Ersatzflug an, welcher höchstens zwei Stunden früher als der eigentliche Flug startet und maximal vier Stunden später als geplant den Zielflughafen erreicht.


Der Flugausfall wird weniger als sieben Stunden vor dem planmäßigen Abflug bekanntgegeben und die Fluggesellschaft bietet einen Ersatzflug an, welcher maximal einen Stunde früher als der eigentliche Flug startet und mit höchstens zwei Stunden Verspätung den Zielflughafen erreicht.


Der Flugausfall ist das Resultat außergewöhnlicher Umstände.


Wird Ihr Flug annulliert, ohne dass Sie rechtzeitig informiert wurden bzw. außergewöhnliche Umstände vorliegen, steht Ihnen eine Ausgleichszahlung zu. Deren Höhe richtet sich, analog zur Flugverspätung, nach der Länge der Flugstrecke und wird in Art. 7 Abs. 1 und 2 der Fluggastrechteverordnung definiert:

-250 € bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger bzw. 125 € wenn ein Alternativflug angeboten wird, welcher höchstens zwei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des eigentlichen Fluges den Zielflughafen erreicht


-400 € bei allen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 und 3500 km bzw. 200 €, wenn ein Alternativflug angeboten wird, welcher höchstens drei Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des eigentlichen Fluges den Zielflughafen erreicht


-600 € bei allen Flügen über eine Entfernung von mehr als 3500 km bzw. 300 €, wenn ein Alternativflug angeboten wird, welcher höchstens vier Stunden nach der planmäßigen Ankunftszeit des eigentlichen Fluges den Zielflughafen erreicht


Erfahren Sie erst vor Ort am Flughafen von der Annullierung Ihres Fluges, so stehen Ihnen Betreuungsleistungen zu, des Weiteren können Sie zwischender vollständigen Erstattung der Flugscheinkosten oder einer anderweitigen Beförderung zum Endziel wählen.

Ihre Ansprüche im Falle einer Flugannullierung auf einen Blick;


Wird Ihr Flug annulliert, können Sie zwischen der Erstattung des Ticketpreises oder einem Alternativflug wählen.

Unter Umständen haben Sie Anspruch auf eine Ausgleichszahlung von bis zu 600 €, wenn Sie nicht rechtzeitig über die Annullierung informiert worden sind. Die Höhe der Entschädigung richtet sich dabei nach der Länge der Flugstrecke.

Sind außergewöhnliche Umstände für die Flugannullierung verantwortlich, besteht kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.


Wichtig zu wissen:

Wird Ihr Flug um mindestens zehn Stunden vorverlegt und Sie wurden nicht mindestens zwei Wochen vorher darüber informiert, wird dies auch als Flugannullierung gewertet. Dies gilt ebenfalls, wenn Ihr Flug zwar ordnungsgemäß gestartet ist, aber wieder zum Startflughafen zurückkehren muss.

Nichtbeförderung wegen Überbuchung


Häufig verkaufen Airlines mehr Tickets als Plätze im Flugzeug verfügbar sind. Das tun sie in der Hoffnung, dass nicht alle Passagiere auch tatsächlich erscheinen. Ist dies doch der Fall, wird seitens der Airline meist ein anderer Flug angeboten oder es werden Fluggäste gesucht, die freiwillig von ihrer Buchung zurücktreten. Gelingt dies allerdings nicht, können nicht alle Passagiere mit gültigem Ticket befördert werden. In einem solchen Fall stehen den betroffenen Fluggästen laut Art. 4 Abs.3 der Fluggastrechteverordnung dieselben Rechte zu wie im Falle einer Flugannullierung.

Beachten Sie: Wenn Sie freiwillig von Ihrer Buchung zurücktreten, verzichten Sie automatisch auf die Geltendmachung von weiteren Ansprüchen! Lassen Sie sich also nur darauf ein, wenn der Kompromiss für Sie wirklich von Vorteil ist.

Außergewöhnliche Umstände


Gemäß Artikel 5 Abs. 3 der Fluggastrechteverordnung ist „ein ausführendes Luftfahrtunternehmen (…) nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen (…) zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären.“

Eine genaue Legaldefinition des Begriffes „außergewöhnliche Umstände“ bleibt die Verordnung jedoch schuldig. Eine exakte Einordnung, was als außergewöhnlicher Umstand zählt und was nicht, ist daher nicht immer mit abschließender Sicherheit möglich.

Folgende Ereignisse werden in der Regel als außergewöhnliche Umstände anerkannt:

-Extremes Unwetter, wenn es nicht für den Ort und die Jahreszeit typisch ist. Zudem muss die Fluggesellschaft nachweisen können, dass alle Maßnahmen ergriffen wurden, um die Verspätung oder Annullierung möglichst gering zu halten.


-Vogelschlag: Fliegende Vögel werden durch die Triebwerke angesaugt, was zur Verspätung oder gar Annullierung des Fluges führen kann. Das BGH stuft dies mittlerweile als außergewöhnlichen Umstand ein (BGH. Urteil vom 24. September 2013, Az. X ZR 129/12).


-Streik: Grundsätzlich kann ein Flugstreik als außergewöhnlicher Umstand zählen. Dies gilt jedoch nicht pauschal, sondern kommt immer auf die jeweiligen Gegebenheiten des Streiks an. Ist der Streik für die Airline nicht vorhersehbar und ist es kurzfristig nicht mehr möglich die Folgen abzumildern, zählt dies als außergewöhnlicher Umstand. Die Fluggesellschaft ist somit von der Pflicht, Entschädigungszahlungen zu leisten, befreit (BGH, Urteil vom. 21. August.2012, Az.: X ZR 138/11).


-Politische Instabilität / Terrorwarnung: Liegt die Verspätung oder Annullierung in der politischen Instabilität eines Landes oder gar einer Terrorwarnung begründet, muss die betreffende Airline keine Entschädigungszahlung leisten.
Aufgrund des großen Interpretationsspielraums verweisen Airlines sehr häufig auf außergewöhnliche Umstände, wenn es um die Gründe für eine Verspätung oder Annullierung geht, um dadurch Entschädigungszahlungen zu vermeiden. Haken Sie also auf jeden Fall nach, wenn Ihr Antrag auf Kompensation durch die Fluggesellschaft mit dem Hinweis auf außergewöhnliche Umstände abgelehnt wird, vor allem wenn diese nicht genau aufgeführt bzw. nachgewiesen werden.