Kirche und die Justiz

  • 07. November 2018
  • Thomas Klein

Was dürfen Kirchen Ihren Mitarbeitern vorschreiben? Eine aktuelle Entscheidung...

Kirche und die Justiz

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im April 2018 die Vorlage geliefert, nun hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Fall entschieden:

Die höchsten deutschen Arbeitsrichter setzten in ihrem Grundsatzurteil Regeln, wann kirchliche Arbeitgeber für einen neuen Job die Kirchenmitgliedschaft voraussetzen können.

Wie der EuGH verlangt nun auch das BAG, dass eine Religionszugehörigkeit nur zur Bedingung von Einstellungen gemacht werden kann, wenn das für die konkrete Tätigkeit objektiv geboten ist.

Bislang haben kirchliche Arbeitgeber eine Sonderstellung genossen, sie durften Stellen auch ausschließlich an Bewerber mit einer bestimmten Konfession vergeben. Deutsche Arbeitsgerichte nahmen in Streitfällen um Stellenbesetzungen – nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum kirchlichen Privileg der Selbstbestimmung – lediglich eine Art Plausibilitätsprüfung des glaubensdefinierten Selbstverständnisses vor.


Worum ging es?


Im konkreten Fall hatte sich eine konfessionslose Sozialpädagogin auf eine befristete Referentenstelle beim diakonischen Werk EKD beworben. Es ging bei der Tätigkeit um eine projektweise Berichterstattung zur UN-Antirassismuskonvention, um Stellungnahmen und Fachbeiträge, um die projektbezogene Vertretung der Diakonie Deutschland gegenüber der Politik, der Öffentlichkeit und Menschrechtsorganisationen sowie um die Mitarbeit in Gremien. In der Stellenausschreibung forderte der Arbeitgeber die Mitgliedschaft in einer evangelischen Kirche oder der ACK (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland) angehörenden Kirche. Zudem sei die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag Voraussetzung für eine Bewerbung.

Nach einer ersten Bewerbungssichtung war die Sozialpädagogin noch im Auswahlverfahren, wurde dann aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Sie fühlte sich aufgrund ihrer Konfessionslosigkeit diskriminiert und verlangte deshalb vor Gericht eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG von mindestens 9.788,65 Euro. Die Stelle wurde letztlich mit einem evangelischen Bewerber besetzt

Das sagt das Bundesarbeitsgericht:


In der Sache gaben die Erfurter Richter nun der Sozialpädagogin recht, verurteilten den Arbeitgeber jedoch zu einer Entschädigung von „lediglich“ 3.915,46 Euro, was zwei Bruttomonatsverdiensten entsprach. In der Begründung bezog sich das BAG auf die vorausgegangene Entscheidung des EuGH. Die Diakonie habe die Bewerberin wegen der Religion benachteiligt. Diese Benachteiligung sei wiederum nicht ausnahmsweise – nach § 9 Abs. 1 AGG – gerechtfertigt, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorlägen.

In konformer Auslegung mit dem EU-Recht sei eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion nur zulässig, wenn die Religion nach der Art der Tätigkeiten oder den Umständen ihrer Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Religionsgemeinschaft oder Einrichtung darstellt.