Haftung von Vereinsmitgliedern?

  • 23. November 2018
  • Thomas Klein

Es existieren eine große Anzahl von Vereinen. Aber wann haften eigentlich deren Mitglieder ? Ein Überblick...

Haftung von Vereinsmitgliedern

Wann und unter welchen Voraussetzungen können die Mitglieder eines Vereins überhaupt zur Haftung herangezogen werden?

Diese Frage ist von hoher praktischer Bedeutung, betrifft sie doch in Deutschland Millionen von Mitgliedern in den zahlreichen deutschen Vereinen und Verbänden.

 

Es stellen sich häufig in unserer Beratungspraxis folgende Fragen:

Sind die Mitglieder eines e.V. quasi einem Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt und haften u.U. für Verluste und Schäden im Verein über den Vereinsbeitrag hinaus?


Gibt es im Vereinsrecht eine Durchgriffshaftung in das Privatvermögen der Mitglieder, wenn der Verein in finanziellen Schwierigkeiten (Insolvenz) steckt?

Wie genau müssen die Mitglieder daher ihren Vorstand kontrollieren, damit im Zweifel nichts schiefläuft?


Der juristische Ausgangspunkt:

Der e.V. als juristische Person

Ausgangspunkt ist zunächst der Verein selbst. Der eingetragene Idealverein nach § 21 BGB entsteht erst durch Eintragung in das Vereinsregister (§ 55 BGB) und führt dann den Namenszusatz „e.V.“.

Der e.V. ist damit eine eigenständige juristische Person mit einem von den Mitgliedern verselbstständigten Vereinsvermögen. Der e.V. ist eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten und haftet für sein Handeln und Tun mit seinem Vereinsvermögen und ist damit von den Mitgliedern losgelöst zu betrachten. Die Mitglieder als natürliche Personen mit ihrem Privatvermögen sind davon getrennt zu sehen.


Die Mitglieder haben gegenüber dem Verein ihre satzungsmäßigen Pflichten, insbesondere Beitragspflichten zu erfüllen und nehmen in der Mitgliederversammlung an der Willensbildung im Verein teil, entscheiden also über das Tun und Handeln des Vereins. Der Vorstand des Vereins ist das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan und führt damit den Willen des Vereins aus.

Das Vereinsrecht sieht über die Satzungsregelungen des Vereins hinaus keine Nachschusspflichten der Mitglieder vor, wenn sich der Verein in der finanziellen Krise befinden sollte. Allein die Satzung kann die Beitragspflichten und mögliche finanzielle Sonderopfer festlegen.

Aber:

Finanzielle Sonderopfer der Mitglieder als Nachschusspflicht?


Der BGH hat in seinen Urteilen v. 24.9.2007 und 2.6.2008 zum Thema Umlagen für die Mitglieder allerdings sehr deutlich gesagt, dass die Mitglieder auf der Grundlage einer eindeutigen Satzungsregelung verpflichtet sein können, ein einmaliges finanzielles Sonderopfer bis zur sechsfachen Höhe des jährliches Vereinsbeitrages zu erbringen, um den Verein vor dem Untergang zu retten.

Der BGH hat dazu jedoch ausgeführt, dass die Satzung (!) die Höhe der Umlage genau festlegen muss, sodass das finanzielle Risiko für ein Mitglied bei Beitritt zum Verein erkennbar ist, bzw. dieses die Mitgliedschaft kündigen kann, wenn dieses Risiko durch eine spätere Satzungsänderung aufgenommen wird.


Der BGH hat sich in seiner berühmten Kolping-Entscheidung v. 10.12.2007 grundsätzlich zu der Frage geäußert, ob es für Mitglieder eines e.V. eine generelle – umfassende – Nachschusspflicht im Vereinsrecht gibt und dies rundweg verneint.

Der BGH hat in diesem Urteil klargestellt, dass für die Verbindlichkeiten des e.V. regelmäßig nur dieser selbst und nicht die hinter ihm stehenden Vereinsmitglieder haften. Eine Durchbrechung dieses Trennungsgrundsatzes ist nur ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Ausnutzung der rechtlichen Verschiedenheit zwischen der juristischen Person und den hinter ihr stehenden natürlichen Personen rechtsmissbräuchlich ist. In diesen Fällen greift dann die sog. Durchgriffshaftung.

Wie ist es mit der Vereinshaftung?

Grundsatz der Vereinshaftung:

Es bleibt also festzuhalten, dass die Mitglieder eines e.V. dem Verein nur die satzungsgemäß festgelegten Beiträge schulden und dies damit die entscheidende finanzielle Grundlage des e.V. ist. Für schuldrechtliche oder deliktische Forderungen gegen den Verein müssen die Mitglieder darüber hinaus mit ihrem Privatvermögen nicht einstehen, es bleibt beim Grundsatz der Vereinshaftung. Haftungsmasse für Gläubiger des e.V. ist allein das Vereinsvermögen. Ist dieses nicht auskömmlich, geht der Verein in Insolvenz.


Eine andere Betrachtungsweise stellt sich ein, wenn Mitglieder im Rahmen ihrer mitgliedschaftlichen Pflichten für ihren Verein handeln oder im Auftrag ihres Vereins tätig werden und dabei z.B. einen Schaden verursachen.

 

Ein typisches Beispiel ist der Fall des OLG Schleswig-Holstein v. 24.9.2009 (Az.: 11 U 156/08) zum Thema Haftung der Vereinsmitglieder.

Was war passiert?

Zwei Mitglieder des Vereins hatten es übernommen, eine Regenrinne am Vereinsheim zu installieren. Bei den Schweißarbeiten kam es zu einem Brand, der das Vereinsheim beschädigte. Der Schaden wurde von der Versicherung des Vereins beglichen. Die Versicherung wollte den Schadensbetrag im Wege des Rückgriffes bei den beiden „Tätern“ zurückholen. Das OLG lehnte die persönliche Haftung der beiden Mitglieder jedoch ab. 


Haftung im Verein: Haftungsfreistellung für alle Mitglieder

Der Verein musste die beauftragten Mitglieder von der Haftung freistellen, da diese ehrenamtlich im Auftrag des Vereins gehandelt hatten. Es bestand also kein Vertrag zwischen dem Verein und den Mitgliedern, sie waren also nicht wie Handwerker im Rahmen eines Werkvertrages tätig, sondern aus ihrer mitgliedschaftlichen Stellung innerhalb des Vereins heraus.


Im Rahmen dieses Auftrages hatten sich vorhersehbare und typische Risiken im Rahmen der Arbeiten am Vereinsheim ergeben, sodass sich diese der Verein quasi zurechnen lassen und damit auch die haftungsrechtliche Verantwortung für seine Mitglieder übernehmen musste. Daraus resultierte dann der interne Freistellungsanspruch der Mitglieder gegen ihren Verein. Ein Fall des grob fahrlässigen Handelns der Mitglieder lag übrigens nicht vor.   

Die Grundsätze der internen Haftungsfreistellung gelten grundsätzlich für alle Mitglieder des Vereins, die in dessen Auftrag tätig werden und dabei typische Haftungsrisiken und Schäden verwirklichen. Diese Rechtsprechung geht zurück auf die Pfadfinderentscheidung des BGH v. 5.12.1983.


Wie sieht es mit dem Vorstand aus?

Haftung Vereinsvorstand

Wenn sich ein Vereinsmitglied in den Vorstand wählen lässt, ist die Situation eine andere. Die Vorstandsmitglieder nach § 26 BGB können unter bestimmten Voraussetzungen sehr wohl persönlich mit ihrem Privatvermögen haften, wenn sie ihre Geschäftsführungspflichten schuldhaft verletzen oder die gesetzlichen Pflichten als Vertretungsorgan nicht ordnungsgemäß erfüllen. Sie haften dann allerdings als Vorstandsmitglied und nicht als Vereinsmitglied. Diese beiden Ebenen müssen in diesem Fall klar voneinander getrennt werden.


Der neue § 31a BGB, der seit dem 3.10.2009 in das BGB-Vereinsrecht Eingang gefunden hat, bringt für die haftungsrechtliche Situation der Vorstandsmitglieder zumindest im Innenverhältnis zum Verein und den Mitgliedern (Abs. 1) eine deutliche Verbesserung, da diese interne Haftung im Fall der Fahrlässigkeit jetzt ausgeschlossen ist.


Die Haftung im Außenverhältnis besteht nach wie vor uneingeschränkt, jedoch hat der Vorstand jetzt einen gesetzlichen Freistellungsanspruch gegen den Verein (Abs. 2), wenn er von außen durch einen Gläubiger aufgrund eines fahrlässigen Handelns in Anspruch genommen wird. Im Steuerrecht greift dieser Anspruch jedoch nicht, da sich hier die Haftung nur beim grob fahrlässigen Handeln verwirklicht (§ 69 AO).