Prämienerhöhungen Krankenversicherung

  • 04. Januar 2019
  • Thomas Klein

Viele ärgern sich über ständige Prämienerhöhungen in der privaten KV. Manche Gerichte halten das für unzulässig. Jetzt hat der BGH entschieden. Ein Überblick...

Prämienerhöhung Krankenversicherung

Der BGH hatte am 19.12.18 über folgenden Fall zu entscheiden:

Der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung (Axa) hatte sich gegen Beitragserhöhungen für die Kalenderjahre 2012 und 2013 gewandt. Die Prämienerhöhung hatte die Axa auf der Grundlage von § 203 Abs. 2 VVG vorgenommen, wonach ein unabhängiger Treuhänder die Richtigkeit der Kalkulation für die Beitragserhöhung überprüfen muss.

Was sagt das Gesetz?


Gem. § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG ist bei einer Krankenversicherung, bei der das Kündigungsrecht gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, der Versichererbei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt,
die Prämie entsprechend den berechtigten Berechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen,
sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat.

Gegen die Prämienkalkulation der AXA hatte der Versicherungsnehmer geklagt mit der Begründung, der Treuhänder sei keinesfalls von der beklagten Versicherung unabhängig, sondern mit dieser wirtschaftlich verbunden. Der Versicherungsnehmer forderte etwas mehr als 1.000 Euro bereits zu viel gezahlter Beiträge zurück.

Die Vorinstanzen gaben dem Mann Recht.

Das sagt der BGH:


Die Versichertengemeinschaft hat die Entscheidung des BGH mit Spannung erwartet und musste nun enttäuscht feststellen, dass der BGH die Wirksamkeit der Beitragserhöhung nicht von der Unabhängigkeit des Treuhänders abhängig macht.

Nach Auffassung des BGH ist die Unabhängigkeit des Treuhänders lediglich Voraussetzung für seine Bestellung nach den aufsichtsrechtlichen Vorschriften,
nicht aber für die Wirksamkeit der von ihm nach seiner Bestellung abgegebenen Erklärung zur Richtigkeit der Beitragskalkulation.
Die Unabhängigkeit des Treuhänders sei daher von den Zivilgerichten in einem Rechtsstreit nicht gesondert zu prüfen.
Allein die Aufsichtsbehörde habe aufgrund der ihr vom Gesetzgeber eingeräumten Mitwirkungsbefugnisse sicherzustellen, dass das Versicherungsunternehmen einen unabhängigen und sachkundigen Treuhänder mit der Prüfung der Prämienkalkulation betraut.

Dieses für die Versichertengemeinschaft zunächst niederschmetternde Ergebnis führt nach dem Urteil  des BGH allerdings nicht dazu, dass Zivilgerichte die Richtigkeit der Kalkulation der Versicherungsprämie nicht überprüfen könnten. Die Interessen der Versicherungsnehmer seien vielmehr dadurch zu wahren, dass in einem Rechtsstreit über die Prämienerhöhung das Zivilgericht eine eigenständige umfassende materielle Prüfung der Ordnungsgemäßheit der Beitragsanpassung vornimmt.


Zur Begründung seiner Rechtsansicht verwies der BGH auf die Regelungen des § 155 VAG (= §§ 12b, 2a VVG a.F.) sowie des § 203 Abs. 2 VVG. Dem Sinn dieser Vorschriften entspräche es nach Auffassung des Senats nicht, wenn eine Prämienerhöhung allein an der fehlenden Unabhängigkeit des zuständigen Treuhänders scheitert, obwohl ansonsten die Voraussetzungen für eine Erhöhung inhaltlich gegeben seien.

Die gesetzliche Regelung habe nämlich vor allem den Sinn, im Interesse einer Beitragsstabilität dauerhafte Äquivalenzstörungen zu vermeiden.
Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass der Versicherer zum Zwecke der Erhaltung seiner Leistungsfähigkeit ggfs. zu einer Prämienerhöhung verpflichtet sei.
Würde eine Prämienerhöhung an der fehlenden Unabhängigkeit eines Treuhänders trotz Vorliegens der materiellen Voraussetzungen scheitern, so bestünde die Gefahr einer finanziellen Lücke bei den Versicherungen.


Im Ergebnis ist nach Auffassung des BGH ein wirkungsvoller Rechtsschutz des Versicherungsnehmers ohne weiteres dadurch gegeben, dass das Zivilgericht eine Prämienanpassung anhand der ins einzelnen gehenden, engen und verbindlichen materiellen Vorgaben überprüft.
Einer gesonderten Überprüfung der Unabhängigkeit des Treuhänders bedürfe es hierfür nicht.
Die sachliche Richtigkeit der Zustimmung des Treuhänders zur Prämienanpassung würde bei der eigenen materiellen Prüfung durch das Zivilgericht dann inzident mitgeprüft.


Vor diesem Hintergrund hat der BGH im konkreten Fall das Berufungsurteil aufgehoben und den Rechtstreit an das LG zurückverwiesen mit der Maßgabe, zu prüfen, ob die Prämienanpassung ausreichend begründet wurde und deren materielle Voraussetzungen vorlagen.

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