Kindergeld bei Besuch einer Schule?

  • 04. März 2019
  • Thomas Klein

Der BFH hat sich jüngst eingehend mit den Voraussetzungen des Bezuges von Kindergeld auseinandergesetzt und hierbei den Begriff der Schule noch einmal definiert. Ein Überblick...

Kindergeld bei Besuch der Schule?

Die gesetzliche Regelung bestimmt:

Eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG erfordert, dass der Erwerb der Kenntnisse regelmäßig einen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen muss. Ist der Ausbildungscharakter zweifelhaft, kommt diesem konkreten Bezug entscheidende Bedeutung zu.

Der BFH hatte sich jetzt mit folgendem Fall zu beschäftigen:


Die Mutter (M) beantragte Kindergeld für ihren volljährigen Sohn (S). S besuchte für 10 Monate die Josia-Missionsschule in Isny/Allgäu, eine kirchliche Internatsschule. Sie ist eine Einrichtung der Freikirche der Siebenten-Tages-Adventisten in Baden-Württemberg und hat den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Die Familienkasse lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Ausbildung in der Missionsschule sei keine Berufsausbildung. 

Dagegen reichte die Mutter Klage ein. Denn:

Durch den Besuch der Schule würden auf einen Beruf in diesem Bereich vorbereitende Kenntnisse und Erfahrungen vermittelt. Die religiöse Ausrichtung oder die Formung der Persönlichkeit der Studierenden stehe hingegen nicht im Vordergrund.

Das FG folgte dem nicht und ging davon aus, der Schulbesuch diene nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf. Nach den Lernzielen und dem Studienplan stehe die Persönlichkeits- und Charakterbildung i.S. des Leitbilds der Schule im Vordergrund. Die vermittelten Inhalte zielten darauf ab, die Studierenden zu aktiven und wertvollen Mitgliedern der Gemeinde auszubilden. Mehr als 70 % der im Studienplan vorgesehenen Gesamtstundenzahl/Unterrichtsbereiche ständen in keinem Bezug zu einer von S angestrebten beruflichen Tätigkeit.  

Dagegen legte die Mutter Revision ein.


Der BFH wies die Revision zurück.

Nach dem vom BFH vertretenen weiten Berufsausbildungsbegriff befindet sich in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG), wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Dieser Vorbereitung dienen alle Maßnahmen, bei denen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erworben werden, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind. Der Erwerb der Kenntnisse muss regelmäßig einen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufweisen. Dieser Bezug wird grundsätzlich unterstellt, wenn eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Ausbildungsgangs erlernt wird. Entsprechendes gilt für das Erlernen von Fremdsprachen, soweit es mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden ist oder von einem theoretisch-systematischen Unterricht von einer gewissen Mindestdauer begleitet wird.

Der konkrete Bezug zu einem angestrebten Beruf ist in Fällen entscheidend, in denen der Ausbildungscharakter zweifelhaft ist. Das gilt insbesondere bei der Vermittlung oder dem Erwerb von Fähigkeiten, die z.B. auch der Erlangung sozialer oder religiöser Erfahrungen, der Persönlichkeits- und Charakterbildung oder der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl dienen. In diesen Fällen genügen ein gewisser zeitlicher Mindestaufwand und eine ausreichende theoretische Systematisierung nicht. So werden Freiwilligendienste unabhängig von ihrer Ausgestaltung nicht als Berufsausbildung angesehen, da sie in der Regel nicht der Vorbereitung auf einen konkret angestrebten Beruf, sondern der Erlangung sozialer Erfahrungen und der Stärkung des Verantwortungsbewusstseins für das Gemeinwohl dienen (BFH v. 7.4.2011, III R 11/09, BFH/NV 2011, 1325; BFH v. 18.6.2014, III B 19/14, BFH/NV 2014, 1541), es sei denn, der Freiwilligendienst weist so einen engen Bezug zu einem späteren Studium oder einer betrieblichen Ausbildung auf, dass er als Bestandteil der Berufsausbildung angesehen werden kann (BFH v. 9.2.2012, II R 78/09, BFH/NV 2012, 940).

Nach diesen Grundsätzen des BFH fehlte hier ein konkreter Bezug zu einer von S angestrebten beruflichen Tätigkeit.

Die Lernziele der Missionsschule dienten – nach den Feststellungen des FG - in überwiegendem Umfang der Persönlichkeits- und Charakterbildung i.S. des Leitbilds. Insoweit hatten die für eine spätere Tätigkeit in einem sozialen, theologischen oder gesundheitlichen Beruf vermittelten Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen keine ausschlaggebende Bedeutung. Außerdem hatte der Schulbesuch keinen Abschluss vermittelt, der für eine spätere Tätigkeit innerhalb der Freikirche qualifiziert.

 

BFH, Urteil v. 13.12.2018, III R 25/18, veröffentlicht am 27.2.2019