Vermieterkündigung und der BGH...

  • 23. Mai 2019
  • Thomas Klein

Aktuelles vom Bundesgerichtshof zur Kündigung von Mietverhältnissen. Ein Überblick..

Vermieterkündigung und der BGH

Eigenbedarfskündigungen nehmen zu. Die Gerichte sind häufig damit beschäftigt.

Der BGH war nun mit 2 Fällen beschäftigt, in denen Gerichte Eigenbedarfskündigungen nach Ansicht des BGH nicht gründlich genug geprüft hatten. Insbesondere mit der Frage, ob ein Härtefall vorliegt oder nicht, hatte man sich jeweils nicht intensiv genug beschäftigt. In beiden Fällen muss das Gericht nach Aufhebung durch den BGH nun neu verhandeln.

Denn der BGH vermisst detaillierte Prüfungen zu Härtefallgründen für den Mieter.

Da sowohl auf Seiten des Vermieters wie auf Seiten des Mieters grundrechtlich geschützte Belange (Eigentum, Gesundheit) betroffen sind, sind eine umfassende Sachverhaltsaufklärung sowie eine besonders sorgfältige Abwägung erforderlich, ob im jeweiligen Einzelfall die Interessen des Mieters an der Fortsetzung des Mietverhältnisses diejenigen des Vermieters an dessen Beendigung überwiegen (§ 574 Abs. 1 BGB).

Allgemeine Fallgruppen, etwa ein bestimmtes Alter des Mieters oder eine bestimmte Mietdauer, in denen generell die Interessen einer Partei überwiegen, lassen sich dabei nicht bilden. Vielmehr muss der Einzelfall geprüft werden.

Die Faktoren Alter und lange Mietdauer würden sich mit einer damit einhergehenden Verwurzelung im bisherigen Umfeld je nach Persönlichkeit und körperlicher sowie psychischer Verfassung des Mieters unterschiedlich stark auswirken, so die Begründung der Karlsruher Richter. Ohne weitere Feststellungen zu den sich daraus ergebenden Folgen im Fall eines erzwungenen Wohnungswechsels rechtfertigt sich daraus grundsätzlich nicht die Annahme einer Härte im Sinne des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der BGH hat jedoch unmissverständlich klargestellt:

Werden vom Mieter für den Fall eines erzwungenen Wohnungswechsels substantiiert ihm drohende schwerwiegende Gesundheitsgefahren geltend gemacht, haben sich die Gerichte ausgesprochen hat – beim Fehlen eigener Sachkunde regelmäßig mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und nicht nur an der Oberfläche haftendes Bild davon zu verschaffen, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen mit einem Umzug verbunden sind, insbesondere welchen Schweregrad zu erwartende Gesundheitsbeeinträchtigungen voraussichtlich erreichen werden und mit welcher Wahrscheinlichkeit dies eintreten kann.

Mit der neuen Entscheidung hat der BGH diese Rechtsprechung nun dahin präzisiert, dass ein Sachverständigengutachten regelmäßig von Amts wegen eingeholt werden muss, wenn der Mieter eine zu besorgende Verschlechterung seines Gesundheitszustandes durch ärztliches Attest belegt hat. Auf diese Weise ist zu klären, an welchen Erkrankungen der betroffene Mieter konkret leidet und wie sich diese auf seine Lebensweise und Autonomie sowie auf seine psychische und physische Verfassung auswirken. Dabei ist auch von Bedeutung, ob und inwieweit sich die mit einem Umzug einhergehenden Folgen mittels Unterstützung durch das Umfeld beziehungsweise durch begleitende ärztliche und/oder therapeutische Behandlungen mindern lassen. Nur eine solche Aufklärung versetzt die Gerichte in die Lage, eine angemessene Abwägung bei der Härtefallprüfung des § 574 Abs. 1 Satz 1 BGB vorzunehmen.

 

BGH  Urteile v. 22.5.2019, VIII ZR 180/18 und VIII ZR 167/17