Urlaub und Corona

  • 12. Juli 2020
  • Thomas Klein

Angesichts der nach wie vor hochaktuellen Coronapandemie stellen sich eine Reihe von Fragen beim Urlaub. Ein kleiner Überblick...

Urlaub und Corona

Trotz der viel zu frühen Lockerungen stellen sich in der arbeitsrechtlichen Praxis eine Reihe von Fragen im Zusammenhang mit dem Urlaub. Dieser ist nunmehr wieder möglich. Aber was gilt hier eigentlich arbeitsrechtlich?

 

Ein paar Fragen und Antworten:

1. Hat der Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft hinsichtlich des Urlaubsortes des Arbeitnehmers?


Grundsätzlich gilt:

Der Arbeitgeber hat unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzes keinen Anspruch gegen Arbeitnehmer auf Auskunft darüber, wo dieser in seiner Freizeit/im Urlaub war und mit welchen Menschen er Kontakt hatte. Er darf aber fragen, ob sich der Arbeitnehmer in Gebieten aufgehalten hat, für die das Auswärtige Amt eine offizielle Reisewarnung wegen der Infektionsgefahr herausgegeben hat oder die unter Quarantäne stehen. Denn den Arbeitgeber trifft ja ein Schutzpflicht gegenüber den anderen Arbeitnehmern (§ 618 BGB); überdies ist die Information relevant, wenn es um ein mögliches Verschulden des Arbeitnehmers an seiner zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung geht und für ggf. anzuordnende Hygenie- bzw. Quaratänemaßnahmen.

2. Ist der Urlaubsanspruch wegen Corona auf das kommende Jahr übertragbar?

Eine oft diskutierte Frage. Hier gilt:


Einen speziellen Übertragungsgrund „Corona“ gibt es nicht, es gelten die allgemeinen Grundsätze: Danach ist eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das Folgejahr nach § 7 III 2 BUrlG im Ausgangspunkt nur möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Ersteres ist z.B. der Fall, wenn die Auftragslage bis zum Jahresende die Anwesenheit des Arbeitnehmers erfordert.

Sollte in einem Betrieb wegen Corona also für das gesamte Jahr 2020 so viel Arbeit anfallen, dass eine Urlaubsgewährung wegen der Notwendigkeit, die Aufträge abzuarbeiten, nicht möglich ist, führt Corona in der Tat dazu, dass es zu einer Übertragung des Urlaubsanspruchs kommt. Anders verhält es sich natürlich, wenn es im Betrieb wegen Corona gerade zu Arbeitsausfällen kommt. Ein Recht für Arbeitnehmer, Urlaub für nachfolgende Jahre aufzusparen, kennt das Gesetz nicht,

Arbeitgeber sollten aber unbedingt die vom EuGH und BAG jüngst statuierten Mitwirkungsobliegenheiten beachten, d.h. die Arbeitnehmer dazu auffordern, Urlaub zu nehmen und sie darüber informieren, dass der Urlaubsanspruch andernfalls mit Ende des Kalenderjahres (bzw. zum 31.3.2021) erlischt. Denn wenn der Arbeitgeber diese Aufforderung und/oder diese Information unterlässt, erlischt der Urlaubsanspruch nicht zum Ende des Kalenderjahres, sondern wird in der Weise auf das folgende Jahr übertragen, dass er dem Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzugerechnet wird und dessen zeitliche Befristung teilt.

 

3. Wegen der Corona-Pandemie fehlt es im Betrieb an Arbeit. Darf der Arbeitgeber einseitig Urlaub anordnen?


Der gesetzliche Mindesturlaub wird nach § 7 Abs. 1, 2 BUrlG vom Arbeitgeber „gewährt“ bzw. durch einseitige empfangsbedürftige Freistellungserklärung erfüllt Eines vorherigen „Urlaubsantrags“ des Arbeitnehmers bedarf es grundsätzlich -entgegen immer wieder anzutreffenden anderer öffentlicher Meinung -nicht. Daher ist eine einseitige Urlaubsfestlegung durch den Arbeitgeber nicht per se ausgeschlossen. Jedoch muss der Arbeitgeber bei der Freistellung nach § 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BUrlG die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen. Hat er ihn vorab nicht gefragt, so hat der Arbeitnehmer ein unverzüglich geltend zu machendes „Annahmeverweigerungsrecht“, indem er eine konkrete andere zeitliche Festlegung des Urlaubs einfordert.

Der Arbeitgeber muss diesem Wunsch dann grundsätzlich entsprechen. Unter Hinweis auf dringende betriebliche Belange i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BUrlG kann er nur den Alternativwunsch des Arbeitnehmers zurückweisen, nicht aber seinen eigenen ursprünglichen Urlaubswunsch „durchsetzen“ .

Eine zwangsweise Anordnung von Urlaub gegen den Willen des Arbeitnehmers ist deshalb auch in der Corona-Krise nicht möglich.