Gas- und Strompreiserhöhungen

  • 15. Oktober 2022
  • Thomas Klein

Die Preise bei Gas und Strom steigen. Aber was geht eigentlich juristisch wirklich durch?

Gas- und Strompreiserhöhungen

Grundsätzlich sind Energiepreiserhöhungen erlaubt, sofern sie rechtzeitig und ordnungsgemäß angekündigt werden. Strom- und Gaslieferanten müssen aber bestimmte Informationspflichten erfüllen. Dabei spielt es eine Rolle, ob Sie Kunde in der Grundversorgung (in der Regel bei den örtlichen Stadtwerken) sind oder einen Sondervertrag geschlossen haben.

 

Zwei grundlegende Unterschiede sollten Sie aber hier beachten:

In der Grundversorgung gelten die Regelungen der Strom- und Gasgrundversorgungsverordnung (§ 5 StromGVV/GasGVV), während für  Sonderverträge mit speziellen Strom- und Gastarifen das Energiewirtschaftsgesetz (§ 41 EnWG) maßgeblich ist.


Grundversorger dürfen per Gesetz die Energiepreise erhöhen, wenn sich bestimmte Kostenfaktoren ändern, auf die sie keinen Einfluss haben.

Bei den sogenannten Sonderverträgen muss das Preisänderungsrecht dagegen explizit in den AGB vereinbart sein. Ist dies nicht der Fall, müssen Sie als Verbraucher auch keine Energiepreiserhöhung akzeptieren. Außerdem können entsprechende Klauseln durchaus unwirksam sein, wie bereits mehrere Gerichtsurteile gezeigt haben (zum Beispiel Landgericht Frankfurt, 2022, Az. 3-06 O 6/22).

 

Solange Sie keinen speziellen Strom- und Gastarif vereinbart haben, werden Sie automatisch als Haushaltskunde in die Grundversorgung aufgenommen und müssen die sogenannten Allgemeinen Preise zahlen, die meist teurer sind als Sondertarife.

Der Grundversorger ist üblicherweise das Energieunternehmen, welches vor Ort die meisten Anwohner mit Strom und Gas beliefert. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihr Energieanbieter der Grundversorger ist, dann werfen Sie einen Blick in Ihre Vertragsunterlagen. Anbieter müssen eine Angabe machen, wenn es sich um einen sogenannten „Liefervertrag außerhalb der Grundversorgung“ handelt.

Sind Sie in der Grundversorgung, müssen Ihnen Energiepreiserhöhungen mindestens 6 Wochen vorher per Brief mitgeteilt werden (§ 5 Abs. 2 StromGVV/GasGVV). Zudem sind Grundversorger verpflichtet, etwaige Preiserhöhungen immer auch öffentlich bekanntzugeben, sowohl auf ihrer Internetseite als auch in örtlichen Amtsblättern oder Tageszeitungen.

Bei Sonderverträgen gilt demgegenüber eine Mitteilungsfrist von einem Monat gegenüber Haushaltskunden – für alle anderen, die Strom und Gas nicht überwiegend für den Eigenverbrauch nutzen, gelten 2 Wochen (§ 41 Abs. 5 EnWG).

Statt einer brieflichen Benachrichtigung darf Sie Ihr Sonderversorger auch per E-Mail über Preisänderungen informieren, aber nur sofern Sie diesem Kontaktweg zugestimmt haben. In der Sonderversorgung gilt darüber hinaus keine Veröffentlichungspflicht.

Gemäß § 41 Abs. 1 EnWG muss die Mitteilung über Energiepreiserhöhungen auch einige inhaltliche Kriterien erfüllen. Diese lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

a) Unverständliche oder vorsätzlich vage Formulierungen sind im Schreiben nicht erlaubt.

b) Anbieter müssen genau angeben, weshalb der Energiepreis angehoben wurde (zum Beispiel wegen der gestiegenen Stromsteuer).


c) Aufklärung: Steigen nur die Energiepreise oder sind davon noch andere Vertragspunkte betroffen?


d) Hinweis auf das Sonderkündigungsrecht: Kund*innen müssen unabhängig vom Grund der Preiserhöhung auf Ihr Sonderkündigungsrecht hingewiesen werden.

Grundsätzlich steht Ihnen bei jeder Vertragsänderung Ihres Energieanbieters, also auch bei Strom- und Gaspreiserhöhungen, ein Sonderkündigungsrecht zu (§ 5 Abs. 3 StromGVV/GasGVV beziehungsweise § 41 Abs. 5 EnWG). Das bedeutet, Sie können Ihren Vertrag fristlos zum Zeitpunkt der eintretenden Preiserhöhung kündigen und danach sofort zu einem anderen Anbieter wechseln. Ihr alter Anbieter darf hierfür kein gesondertes Entgelt von Ihnen verlangen.

Wichtig ist, dass Sie in den meisten Fällen nur 14 Tage Zeit haben, um von Ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen. Sobald Sie also von einer Preisänderung erfahren, sollten Sie schnellstmöglich tätig werden und Ihren Vertrag selbst kündigen.

Eine Ausnahme beim Sonderkündigungsrecht bildet die sogenannte „separierte Preisanpassungsklausel“, die sich manchmal in den AGB von Energielieferverträgen findet. Eine solche Klausel wird für den Fall vereinbart, dass einzelne Preisbestandteile teurer werden, auf die der Energieanbieter gar keinen Einfluss hat (zum Beispiel Steuern, Umlagen oder Abgaben). Derartige Posten dürfen gesondert angepasst und eins zu eins an den Endverbraucher übertragen werden.

Kann sich Ihr Anbieter bei Preiserhöhungen darauf berufen, haben Sie in der Regel kein Sonderkündigungsrecht. Doch auch eine separierte Preisanpassungsklausel kann unwirksam sein und sollte im Zweifelsfall immer anwaltlich geprüft werden, da die Materie hochkomplex ist!